Erfolgsmodell in Gefahr: Deutschlandticket wird teurer
Mit einer Preiserhöhung um neun Euro ab 2025 wollen die Verkehrsminister der Bundesländer die Finanzierung des Deutschlandtickets langfristig sichern. Ob das Deutschlandticket 2026 noch angeboten werden kann, ist dennoch unsicher – zudem könnte die Preiserhöhung große Folgen für den Mobilitätswandel haben.
Nach langem Ringen um die Zukunft des sogenannten Deutschlandtickets haben sich die Verkehrsminister der Bundesländer im September darauf verständigt, die Finanzierung durch eine Erhöhung des Entgelts zu sichern. Ab Januar 2025 müssen Kunden, die das Deutschlandticket im Nah- und Regionalverkehr nutzen wollen, monatlich 58 Euro anstatt der zuletzt gültigen 49 Euro zahlen. Die Erhöhung um neun Euro soll den Verkehrsbetrieben hinsichtlich der gestiegenen Kosten helfen, ohne dabei den monatlichen Preis zu sehr anzuheben und die Attraktivität des Tickets zu gefährden.
Schwindender Rückhalt
Ob diese Rechnung wirklich aufgeht, darf allerdings bezweifelt werden. Noch bevor das Deutschlandticket am 1. Mai 2023 an den Start ging, gab es viele kritische Stimmen, die eine Rückkehr des sogenannten 9-Euro-Tickets forderten. Vor allem Sozialverbände kritisierten die Preispolitik. Ein zusätzlicher Anstieg der monatlichen Kosten für die Verbraucher hat diese Kritik wieder angefacht. Gerade vor dem Hintergrund einer komplett überlasteten ÖPNV-Infrastruktur und den daraus resultierenden Unannehmlichkeiten für Bahnreisende scheint das Timing der Preiserhöhung nicht ideal.
Monatlich steigende Nutzerzahlen
Seit der Einführung des Deutschland- oder 49-Euro-Tickets verzeichnen die Verkehrsbetriebe beinahe monatlich steigende Verkaufszahlen. Griffen im ersten Monat „nur“ neun Millionen Nutzer zum deutschlandweit gültigen Monatstarif, waren es im August 2023 bereits zehn Millionen. Im April 2024 wuchs die Zahl auf 11,2 Millionen, im Juni 2024 gab es gar 13 Millionen Personen, die vom Deutschlandticket Gebrauch machten. Bis zum Ende des Jahres erwartet der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) einen Anstieg auf knapp 15 Millionen Reisende, die auf den Einheitstarif zurückgreifen. In Bayern griffen noch im Sommer 18,5 Prozent aller Personen über 14 Jahre zum verbundübergreifenden Fahrschein. Zum Vergleich: In der Metropolregion Hamburg waren es 45 Prozent der über 14-Jährigen.
Wie sich ein steigendes Entgelt auf diese Entwicklung auswirkt, kann bislang nur vermutet werden. Erste Umfragen zeigen aber, dass eine Abkehr vom Deutschlandticket einsetzen könnte. Allerdings wird der ÖPNV auch abseits vom Deutschlandticket teurer. Im Münchener Verkehrs- und Tarifverbund (MVV) werden die Preise zum neuen Jahr um durchschnittlich 4,9 Prozent erhöht, im Augsburger Pendant AVV sind es immerhin rund 4 Prozent. Die steigenden Kosten könnten spürbare Folgen für den gesamten Verkehrssektor haben.
Sinkende Emissionen dank Deutschlandticket
Wie eine Studie des Kopernikus-Projekts Ariadne ergeben hat, sorgte die Einführung des 49-Euro-Tickets für einen deutlichen Rückgang der CO₂-Emissionen im Verkehrsbereich. Im ersten Jahr sorgte der neue ÖPNV-Tarif dafür, dass die Zahl der Zugfahrten bei Fahrten über 30 Kilometer um 30,4 Prozent zunahmen – und damit mehr Personen mit der Bahn fuhren. Parallel dazu wurde das Auto 7,6 Prozent weniger genutzt. Ein Blick auf die Emissionen zeigt, welch wichtigen Beitrag das Deutschlandticket zur Dekarbonisierung des Verkehrssektors beiträgt: Die CO₂-Emissionen sanken um 6,7 Millionen Tonnen.
Laut Forschung könne die Preiserhöhung auf 58 Euro diesen Effekt und damit auch den Erfolg wieder umkehren. Ab 2025 ist laut Ariadne zu erwarten, dass die mit dem Auto zurückgelegten Kilometer wieder um 3,5 Prozent steigen werden, während die absolvierten Zugfahrten um 14 Prozent sinken. Die Folgen für die CO₂-Bilanz: Der Ausstoß des Treibhausgases wird sich um 3,1 Millionen Tonnen erhöhen.
Forderungen des ADAC
Der ADAC bemängelt neben diesen negativen Folgen des Preisanstiegs zudem die Verlässlichkeit. Denn obwohl die Erhöhung auf 58 Euro im Monat für eine bessere Planbarkeit bei den Verkehrsbetrieben sorgen soll, ist die Zukunft des Deutschlandtickets über 2025 (und die vorgezogene Bundestagswahl) hinaus komplett offen. Finanzzusagen für 2026 existieren noch nicht. „Um die Akzeptanz des Deutschlandtickets in der Bevölkerung nicht zu gefährden, müssen sich die Kosten in Grenzen halten. Auch das langfristige Angebot und die damit einhergehende Planungssicherheit ist ein wichtiger Bestandteil für einen möglichen Umstieg vom Auto auf den ÖPNV. Und dieser Schritt ist für die Senkung der Emissionen im Verkehrssektor unverzichtbar“, erklärt Alexander Kreipl, Verkehrsexperte des ADAC Südbayern.