ADAC Schleswig-Holstein zu Kieler SPD-Vorstoß für ein stadtweites Tempo 30

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Statement des ADAC Schleswig-Holstein e.V. zu dem Vorstoß der Kieler SPD für ein stadtweites Tempo 30 in Kiel.

Ein stumpfes Schwert

Kiel, 8.6.2023

Die Kieler SPD will in der Landeshauptstadt Kiel selbst entscheiden können, wo sie Regelgeschwindigkeit von 50 Stundenkilometer auf Tempo 30 herabsetzen kann. Der ADAC Schleswig-Holstein e. V. spricht sich deutlich gegen die Idee, 30 Stundenkilometer als innerstädtische Regelgeschwindigkeit einzusetzen, aus. „Auch wenn Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer immer wieder betont, beim geplanten flächendeckenden Tempo 30 „ganz pragmatisch“ vorgehen zu wollen, hier droht massive Überregulierung. Dann droht eine flächendeckende Anordnung von Tempo 30 aus rein ideologischen Gründen“, sagt Lars Münchau, Vorstandsmitglied für Verkehr und Technik.

Die erleichterte Möglichkeit von Tempo 30-Anordnung ist aus Sicht des ADAC Schleswig Holstein e.V. praktisch eine Freikarte für Städte, Gemeinden und Kommunen, die Anordnung von Tempo-30-Zonen als Allheilmittel für eine Vielzahl unterschiedlichster Verkehrsprobleme, ohne einer entsprechenden Evaluierung, einzusetzen.

Sollte sich die Forderung der Initiative durchsetzen, fürchtet der ADAC eine massive Steigerung der ohnehin schon vorhandenen Probleme im Stadtgebiet.

Tempo 30, da, wo es gebraucht wird

Es ist in den letzten Jahren gelungen, die Wohngebiete mit Tempo 30 zu beruhigen und den Haupt- und Durchgangsverkehr auf den Hauptachsen zu bündeln.

Wenn der Vorteil der höheren Geschwindigkeit auf der Hauptverkehrsstraße wegfällt, werden Pendler, Gewerbetreibende und andere motorisierte Verkehrsteilnehmer wieder den kürzesten Weg suchen. Damit belastet der Verkehr dann wieder die Wohngebiete.

Diesen Effekt bestätigt eine ADAC-Untersuchung: Ein Großteil der Fahrleistung verlagert sich auf Erschließungsstraßen und damit in Wohnbereiche, wo schon zuvor eine Tempo-30 Regelung galt. Die Fahrleistung erhöht sich demnach um bis zu 17 Prozent.

Verkehrssicherheit:

An Gefahrenstellen und Unfallschwerpunkten konnte auch bisher schon das Tempo abgesenkt werden, wovon die Landeshauptstadt Kiel unter ihrem OB Kämpfer auch reichlich Gebrauch gemacht hat. Durch die Ausweichverkehre in Wohngebiete besteht in Folge des höheren Verkehrsaufkommens hier eher die Gefahr von Unfallsteigerungen. Ein Blick in die Unfallstatistik bestätigt, dass die Unfallschwerpunkte an Knotenpunkten und unübersichtlichen Stellen liegen. Die Geschwindigkeit spielt dabei eine untergeordnete Rolle.

Der ADAC plädiert für einen verbesserten ÖPNV und der damit einhergehenden verdichteten Taktzeiten um somit eine höhere Akzeptanz für den öffentlichen Personennahverkehr zu erreichen. Mit einer erweiterten Einführung von Tempo-30-Zonen verschlechtern sich zwangsläufig die Taktzeiten im ÖPNV, was zu Verzögerungen und höheren Betriebskosten führen wird.

Umweltschutz:

Regelmäßige Untersuchungen des ADAC belegen, dass Tempo 30 keinen nennenswerten Einfluss auf Abgasemissionen hat. So wird weder Stickstoffmonoxid und Stickstoffdioxid (NOx) oder die CO2‐Emissionen reduziert. Im Gegenteil: Die Untersuchung belegte, dass eine Reduzierung der zulässigen Geschwindigkeit auf 30 km/h insgesamt sogar zu schlechteren Ergebnissen führte. Wichtiger ist hier die Abgastechnologie der Fahrzeuge selbst, die in den vergangenen Jahren erhebliche Fort-schritte zu verzeichnen hat.

Lars Münchau: „Statt beim Thema Mobilität in immer neuen Aktionismus zu verfallen, der die Autofahrenden mit Verboten und Einschränkungen gängelt, brauchen wir sinnvolle Lösungen, die sich schnell umsetzen lassen und nicht erst in Jahrzehnten.“ Empfehlenswert wäre die Einführung einer grünen Welle auf den Hauptverkehrsachsen, eine maßvolle Ausweitung von Tempo 30 im Bereich von Gefahrenschwerpunkten und Tempo 50 Regelgeschwindigkeit für jene Straßen, die die Verkehrsströme zu bewältigen haben.

„Wer Tempo 30 zum Allheilmittel für die städtischen Verkehrsprobleme hochstilisiert, handelt aus rein ideologischen Motiven und an der Lebenswirklichkeit der Menschen vorbei“, betont Lars Münchau.

Rainer Pregla
Pressesprecher ADAC Schleswig-Holstein e.V.

Tel.: 0170-2823229
Mail: presse@portoma.de

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