Drink & Drive-Fahrversuch beim ADAC Schleswig-Holstein: Mit jedem Glas steigt die Unfallgefahr

© Rainer Pregla

„Und Prost, ist ja nur ein Glas Wein oder Bier, da wird schon nichts passieren!“ Das sagt sich so mancher Besucher von Betriebsfesten, Karnevalsveranstaltungen oder den zahlreichen Weihnachtsfeiern, die in diesen Wochen wieder Hochkonjunktur haben. Und verdrängt, dass aus dem einen Glas am Ende doch deutlich mehr wird und in der Feierlaune auch noch das eine oder andere hochprozentige Getränk dazu kommt… Außerdem reichen kleinste Alkoholmengen aus, um die Fahrtüchtigkeit einzuschränken.

Auch wenn die Unfallzahlen im Zusammenhang mit dem Fahren unter Alkoholeinfluss in den vergangenen Jahren gesunken sind, bleibt die Feststellung, dass jeder Unfall mit seinen zum Teil dramatischen Folgen einer zu viel ist. Schon nach dem Genuss von nur wenig Alkohol ist die Reaktionsfähigkeit eingeschränkt, das Urteilsvermögen getrübt, wird das eigene Können teilweise massiv überschätzt. In der Theorie ist das den meisten Verkehrsteilnehmern bekannt, aber nichts ist eindringlicher als die praktische eigene Erfahrung. Daher bietet der ADAC Schleswig-Holstein am 16. November Medienvertretern unter kontrollierten und realistischen Bedingungen einen Drink & Drive Test an, um ihre ganz eigenen Er-Fahrungen zu machen.
Dazu wurde auf der ADAC Fahrsicherheitsanlage in Boksee ein Parcours mit Fahraufgaben installiert, der sechs realistische Situationen des Fahralltags repräsentiert, in denen es auf Reaktion, Überblick und Beherrschung des Fahrzeugs ankommt.

Los geht es mit einer Slalomfahrt, gefolgt von einer Situation „Ausweichen auf Ansage“, einer Kurvenfahrt durch eine Spurgasse von 2,5 Metern Breite, die in eine zwei Meter breite Spurgasse führt. Als „Zugabe“ folgt eine Gleitfläche, auf der das Heck des Fahrzeugs ausbricht, wie dies bei Eis und Schnee in den Wintermonaten regelmäßig geschieht. Am Ende sollen die Teilnehmer eine Zielbremsung meistern, ohne die Pylonen umzufahren.
Die erste Fahrt erfolgt nüchtern. Dann gibt es die erste Runde Alkohol. Bevor es wieder auf den Parcours geht, wird von einem Experten der Landespolizei Schleswig-Holstein mit einem geeichten Messgerät der Promillegehalt der Probanden gemessen. Bei den Testfahrten, die in Fahrschulwagen mit Doppelsteuerung absolviert werden, sitzt jeweils ein Fahrlehrer dabei, der jederzeit eingreifen kann, wenn die Situation es erfordert.

Die Resultate ähnlicher Tests belegen, dass schon wenig Alkoholgenuss ausreicht, um das Fahrvermögen deutlich zu beeinträchtigen. Auch wenn es auf Standard-Strecken „gutgehen“ mag, reicht eine Ausnahmesituation, wie die rutschige Straße, ein unvorhergesehenes Ausweichmanöver oder die enge Kurven- und Fahrbahnführung in einer Baustelle aus, um in gefährliche Situationen und mögliche Unfälle mit zum Teil dramatischen Folgen zu geraten.
Der ADAC appelliert daher nicht nur in diesen Wochen an alle Verkehrsteilnehmer, sich dieser Gefahren bewusst zu sein und nach jeglichem Alkoholgenuss alle Gefährte wie Pkw, Krafträder, Fahrräder, E-Bikes, Pedelecs, Scooter etc. in jedem Fall stehen zu lassen und per Taxi oder über eine andere Mitfahrgelegenheit sicher nach Hause zu kommen. Außerdem erinnert der ADAC daran, dass auch bei einem unverschuldeten Unfall immer eine Mitschuld gegeben wird, wenn Alkohol im Spiel ist, selbst wenn man im Rahmen des Zulässigen Alkohol getrunken hat. Deshalb: Nur wenn alle Beteiligten dergestalt eigenverantwortlich handeln, braucht es keine weiteren gesetzlichen Maßgaben und die vorhandenen Regelungen können voll ausgeschöpft werden. Der ADAC setzt sich aber für eine stärkere Kontrolldichte sowie für weitere Innovationen im Rahmen der Präventionsarbeit, wie die verstärkte Nutzung von Alkohol-Wegfahrsperren ein. Diese können helfen, ein stabiles sozialverträgliches Verhalten innerhalb von Risikogruppen zu unterstützen.

Hintergrund

Nach Angaben des Statistischen Bundesamts hatten Alkoholunfälle im Jahr 2021 einen Anteil von 1,4 Prozent am Gesamtunfallgeschehen. 2021 ereigneten sich 32.453 Unfälle, bei denen mindestens einer der Beteiligten unter Alkoholeinfluss stand. Bei 13.628 der Unfälle kamen Personen zu Schaden, das entspricht einem Anteil von 5,3 Prozent an allen Unfällen mit Personenschaden. Dabei wurden 16.261 Personen verletzt und 165 getötet. Das Statistische Bundesamt schlüsselt die alkoholisierten Beteiligten an Unfällen mit Personenschaden nach Art der Verkehrsbeteiligung auf. Dabei zeigt sich, dass 46,3 Prozent, also gut die Hälfte der alkoholisierten beteiligten Personen im Jahr 2021 Fahrende eines Pkw waren. Auf Radfahrende (einschließlich Pedelecs) entfielen 33,3 Prozent und auf Nutzer von Krafträdern 7,1 %. Die Kennzahlen zeigen, dass sich die Alkoholproblematik im Straßenverkehr nicht nur auf die Gruppe der Pkw-Fahrenden beschränkt.
In Schleswig-Holstein vermeldet die Landespolizei in ihrem Bericht* für das vergangene Jahr 1094 Alkoholunfälle. Die Hälfte davon hatte Personenschäden zur Folge. Insgesamt wurden 486 Unfallbeteiligte leicht und 178 Menschen schwer verletzt. Ein Unfallbeteiligter erlitt tödliche Verletzungen. Alkoholeinfluss war 2021 bei 5 Prozent aller Unfälle mit Personenschaden Hauptunfallursache, heißt es in dem Bericht. Allerdings wurden 8,9 % (+2,8 %) der Schwerverletzten und Getöteten bei Alkoholunfällen registriert. Diese unterschiedlichen Anteile belegen eine überdurchschnittlich hohe Schwere der Alkoholunfälle.

*Link zum Verkehrssicherheitsbericht 2021 des Landes Schleswig-Holstein

Wie hat Ihnen der Artikel gefallen?