Stau in NRW: Hier gab es 2022 die meisten Staus
In NRW standen Autofahrer und Autofahrerinnen im Jahr 2022 ähnlich lange im Stau wie im Corona-Jahr 2021. Laut ADAC Verkehrsdatenbank lag die Zahl der Staustunden mit 105.000 nur knapp unter der zum Vorjahr. Insgesamt sind die Stauzahlen aber weiterhin deutlich niedriger als noch vor der Coronapandemie 2019.
Die Staubilanz 2022 des ADAC in NRW zeigt die Stau-Hotspots sowie die am stärksten betroffenen Zeiträume und die Entwicklung. Dazu nennt der Mobilitätsclub die Ursachen für die Stauzahlen und stellt Forderungen für Entlastungen auf den Strecken.
Die wichtigsten Stau-Zahlen 2022
Stauanzahl: 160.000 Staus
Staukilometer: 213.000 Kilometer
Staubelastung (räumlich-zeitliche Stau-Ausdehnung): 371.000 Kilometer mal Stunden
Staudauer in Stunden: 104.191 Stunden (2019: 170.500 Stunden, 2021: 106.500)
Staudauer in Tagen: 4341 Tage
Stau in NRW 2022: Das waren die Einflussfaktoren
Neben immer wiederkehrenden Ereignissen, die den Stau in NRW beeinflussen wie Ferien oder Feiertage, hat sich die Verkehrssituation im Verlauf des Jahres 2022 wieder annähernd normalisiert – auch wenn das Stauaufkommen noch deutlich niedriger war als vor Corona. Vor allem in den ersten Monaten bis einschließlich Mai wurden die Staustunden des Jahres 2021, als es bis etwa Ende April einen strengen Corona-Lockdown gab, deutlich übertroffen, ebenso im November und Dezember.
„Mehr Autofahrten ins Büro statt Homeoffice-Tage, bis zu 470 Baustellen pro Monat und zahlreiche marode Brücken in NRW haben das Autobahnsystem gerade zu den Stoßzeiten teilweise wieder ans Limit gebracht.“
Prof. Dr. Roman Suthold, Verkehrsexperte beim ADAC in NRW.©ADAC Nordrhein / Johannes Giewald
Stau in NRW 2022: Diese Strecken waren am stärksten betroffen
Besonders belastet waren in NRW im vergangenen Jahr die A1, A3, A40, A42, A43, A45 und A46. Der Autobahnabschnitt mit den meisten Stauereignissen war die A43 zwischen Wuppertal und Recklinghausen (12.546 Meldungen). Den mit 34 Kilometern längsten Stau in NRW gab es am 15. Juni auf der A1 (Köln - Dortmund) zwischen der Anschlussstelle Remscheid-Lennep und dem Kreuz Dortmund/Unna.
Die in Summe längsten Staus gab es mit 14.499 Kilometern auf der A3 zwischen Köln und Oberhausen. Die meiste Geduld brauchten Autofahrer auf der A42 zwischen Dortmund und Kamp-Lintfort (Staudauer: 7054 Stunden). Der stauintensivste Tag in Nordrhein-Westfalen war Mittwoch, der 14. September (691 Staustunden). In dieser Woche hat erstmals nach den Sommerferien in allen Bundesländern wieder Schulunterricht stattgefunden.
Im Wochenverlauf lag das Staugeschehen in NRW von Dienstag bis Freitag auf hohem Niveau. Für Mittwoch und Donnerstag ermittelte der ADAC im Durchschnitt die meisten Staumeldungen, Staukilometer und Staustunden.
Die meiste Zeit im Stau verbrachten Verkehrsteilnehmer auf den NRW-Autobahnen im November (12.213 Staustunden). Typischerweise gehört der November zu den staureichsten Monaten des Jahres. Viele Pendler steigen mit den kälter werdenden Temperaturen auf das Auto um und müssen sich erst wieder an die schlechten Sicht- und Fahrbedingungen gewöhnen. Außerdem sind bei den meisten Arbeitnehmern die Urlaubstage nahezu aufgebraucht. Hinzu kamen zahlreiche Baustellen in NRW, auch wenn Bautätigkeiten in den Wintermonaten abnehmen. Für einen verstärkten Umstieg auf den ÖPNV fehlte nach Auslaufen des 9-Euro-Tickets ein zusätzlicher Preisanreiz.
Stau in NRW: Das fordert der ADAC
Die Kfz-Fahrleistung auf den Autobahnen lag laut Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) im Jahr 2022 insgesamt etwa zehn Prozent über dem Vorjahreswert. Für 2023 rechnet der ADAC in NRW mit einem steigenden Verkehrsaufkommen auf den Autobahnen. Auch die Baustellen- und Brückensituation in Nordrhein-Westfalen bleibt angespannt. Nähert sich der Berufspendlerverkehr weiter dem Vor-Corona-Niveau an, droht ein Stauchaos. Der ADAC in NRW fordert deshalb:
Flexible Arbeitszeiten und Homeoffice nutzen: Die Zahl der Arbeitswege sowie dienstlichen Reisen lassen sich durch Homeoffice und Mobiles Arbeiten deutlich reduzieren. Wer zwei Tage pro Woche zuhause bleibt, senkt seinen persönlichen Berufsverkehr um 40 Prozent. Arbeitgeber sollten zudem flexible Arbeitszeitregelungen beibehalten oder einführen. Den Arbeitstag zuhause beginnen und erst ein bis zwei Stunden später in Büro fahren, spart Zeit und Nerven. Wenn das Verkehrsaufkommen nur um fünf bis zehn Prozent sinkt, hat das überproportional positive Auswirkungen auf die Stausituation.
Potenzial des 49-Euro-Tickets nutzen: Das 49-Euro-Ticket kann Berufspendler dazu bewegen, mindestens für einen Teil des Arbeitsweges auf den öffentlichen Verkehr umzusteigen, weil das Ticket eine auf Dauer angelegte Entscheidung ist. Ob das gelingt, hängt aber nicht alleine vom Preis ab. Mehr Zuverlässigkeit sowie Investitionen in Taktverdichtung, Infrastrukturerneuerung und Ausbau sowie zusätzliche Fahrzeuge sind notwendig. Die Personalknappheit auf der Schiene muss dringend beseitigt werden. Gestrichene Verbindungen, Zugausfälle und damit verbunden längere Reisezeiten schrecken ansonsten trotz günstigem Preis vom Umstieg ab.
Domino-Effekt bei maroden Brücken verhindern – Bau- und Sanierungsprozesse beschleunigen: Der Zustand der Brücken in Nordrhein-Westfalen ist katastrophal. Laut NRW-Verkehrsministerium werden 873 Autobahnbrücken als „besonders sanierungsbedürftig“ eingestuft. Die Sperrung der Talbrücke Rahmede auf der A45 hat gezeigt, welche Auswirkungen ein Totalausfall haben kann. Gelingt es nicht, die maroden Brücken in den nächsten Jahren rechtzeitig zu sanieren oder durch neue Bauwerke zu ersetzen, droht ein Domino-Effekt. Deshalb fordert der ADAC in NRW, dass weiter massiv in den Erhalt und die Erneuerung von Brücken investiert werden muss, damit kein Domino-Effekt eintritt. Außerdem müssen Planungs- und Genehmigungsverfahren für Brücken-Ersatzneubauten dringend vereinfacht und beschleunigt werden.
Der ADAC nutzt zur Stauermittlung Fahrzeugflotten mit ihren Geschwindigkeitsdaten. Nutzer von Online-Navigationsgeräten, Smartphone-Apps sowie Onboard units der Fuhrparks großer Speditionen liefern ständig anonymisiert und automatisiert ihre Positions- und Geschwindigkeitsinformationen („Floating Car Data“, im Durchschnitt mehr als eine Milliarde Positions- und Geschwindigkeitsinformationen täglich) von deutschen Straßen. Diese Live-Daten werden zur Berechnung von Verkehrsstörungen verwendet.
Der ADAC erfasst eine Verkehrsstörung, wenn auf einem Straßenabschnitt von mindestens 300 Metern über einen Beobachtungszeitraum von zehn Minuten die Durchschnittsgeschwindigkeit von mehreren Fahrzeugen (mind. 30 Geschwindigkeitswerte von unterschiedlichen Fahrzeugen) unter 30 Prozent der erlaubten Geschwindigkeit fällt. Die Verzögerungszeit gegenüber „freier Fahrt“ muss mindestens eine Minute betragen. Liegt die Durchschnittsgeschwindigkeit zwischen 40 und 20 km/h, spricht der ADAC von dem Ereignis „stockender Verkehr“, bei Geschwindigkeiten unter 20 km/h von „Stau“. Beide Ereignisse werden als Verkehrsstörung gezählt. Wichtig: Jede Verkehrsstörung wird nur einmal gezählt.
In die Längenbilanz (Gesamtkilometer) fließen nur Verkehrsstörungen ab einem Kilometer Länge ein. Nur die längste Ausdehnung, die das Stauereignis im zeitlichen Verlauf aufweist, fließt in die ADAC Statistik (Staukilometer) ein. Jede Meldung enthält eine Eingangs- und eine Ablauf- bzw. Löschzeit. Daraus ergibt sich die Dauer eines Staus. Durch die Summierung der einzelnen Stauzeiten errechnet sich die Gesamtzahl der Staustunden.
Aufgrund einer neuen Methodik der ADAC Datenanalyse (seit Juni 2022) ist ein direkter Vergleich der Stauzahlen des Jahres 2023 mit den Vorjahreszahlen des Zeitraums Januar bis Mai sowie vergangener Jahre nur bedingt möglich. Die neue Methodik führt zu einem Rückgang der Stauanzahl und Staulängen. Sehr kleine Staus von sehr kurzer Dauer werden nicht mehr berücksichtigt. Die Staudauer ist annähernd mit der des Vorjahres vergleichbar.