Bombenfund: Explosives Erbe in deutschen Städten

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Auf Baustellen, Feldern oder ehemaligen militärischen Übungsplätzen werden immer wieder explosive Kampfmittel aller Art gefunden. Häufig handelt es sich um nicht detonierte oder nicht fachgerecht entsorgte Munition aus dem Ersten oder Zweiten Weltkrieg. Wird der Fund eines Blindgängers bestätigt, muss alles sehr schnell gehen. Die richtige Organisation und Zusammenarbeit aller Beteiligten bei einem Bombenfund sind dabei entscheidend.

Einblick in die Arbeit des Kampfmittelbeseitigungsdienstes

Bombenfund in Hanau, Frankfurt, Gießen, Erfurt oder Nordhausen − die Liste ist lang. Rund 61 Tonnen alte Munition, Granaten oder Bomben sind 2024 allein in Thüringen gefunden worden. Regelmäßig berichten Medien über Evakuierungen ganzer Wohnblocks, um die gefährlichen Überbleibsel der Kriegsjahre unschädlich zu machen. Der Kampfmittelräumdienst (KMRD) oder Kampfmittelbeseitigungsdienst (KMBD) spielt dabei eine entscheidende Rolle. Die eigentliche Arbeit der Experten beginnt jedoch schon viel früher.

Bereits vor dem Fund einer Bombe analysieren die Experten des KMBD historische Karten, Daten und mündliche Quellen, um zu erkennen, wo in Kriegszeiten Luftangriffe oder Kampfhandlungen auf dem Boden stattfanden. Vor jedem Bauvorhaben muss zunächst überprüft werden, ob an dieser Stelle eine erhöhte Gefahr möglicher Munitionsrückstände besteht. Geplante Bauvorhaben dürfen erst nach Überprüfung eines konkreten Verdachts aus der Luftbildauswertung durchgeführt werden.

Handelt es sich um einen Blindgänger-Fund im Rahmen eines Verdachtspunktes, können die Vorbereitungen teilweise bereits im Voraus getroffen werden. Bei einem Zufallsfund ist das nicht möglich.

Was tun bei einem Verdachtsfall?

Wenn Sie glauben, Kampfmittel gefunden zu haben, informieren Sie bitte unverzüglich die Ordnungsbehörde, die Polizei oder den Kampfmittelräumdienst, dieser wird in Hessen zentral vom Regierungspräsidium Darmstadt geleitet.

Wichtig: Kampfmittel dürfen niemals berührt, bewegt oder aufgenommen werden, sondern müssen unbedingt am Fundort liegen gelassen werden.

Bombenfund ist logistische Mammutaufgabe

Hat sich der Verdacht auf einen Bombenfund bestätigt, hat das für viele Menschen Auswirkungen. Um die Sicherheit von Anwohnerinnen und Anwohnern zu gewährleisten, wird um den Fundort eine Evakuierungszone eingerichtet. Wie weit diese Zone reicht, ist abhängig von der Größe der Bombe (z.B. Fünf- oder Zehn-Zentnerbombe) sowie dem örtlichen Umfeld. In jedem Fall wird über die notwendigen Schutzbereiche individuell entschieden.

Für Anwohner, Pendler oder Angestellte bedeutet das, dass sie sich während der Entschärfung durch den KMBD nicht mehr in diesem Umkreis aufhalten dürfen. Das gilt nicht nur für den öffentlichen Raum, sondern auch für die eigene Wohnung. Mit Hilfe von Social Media, Radio, Sirenen oder der NINA-Warn-App werden die Menschen vor Ort aufgefordert die Zone zu verlassen. Im Falle einer unkontrollierten Sprengung können so Verletzte vermieden werden.

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Die Evakuierung eines ganzen Stadtteils ist eine logistische Mammutaufgabe. Das Bürger- und Ordnungsamt richtet Aufenthaltsräume außerhalb des gefährdeten Bereichs ein, in denen Anwohnerinnen und Anwohner bleiben können, bis das Kampfmittel entschärft wurde. Neben Wohn- und Geschäftsgebäuden kommt es immer wieder vor, dass auch Krankenhäuser, Altenheime oder Kindergärten in dem zu evakuierenden Bereich liegen. In diesem Fall müssen auch diese Einrichtungen vollständig geräumt werden. Je nach Lage können mehrere tausend Personen von der Evakuierung betroffen sein. Vor Ort sichern Feuerwehr, Polizei und Ordnungsamt Zufahrtswege und Wohnblocks ab, damit sich niemand mehr während der Entschärfung der Bombe in dem Bereich aufhält.

Je nach Fundort erfolgen zudem Sperrungen ganzer Straßenabschnitten sowie Zufahrten zu Autobahnen oder über Brücken. Ist die Evakuierungszone in der Nähe eines Bahnhofes oder Flughafens gelegen, muss der komplette Betrieb auf diesen Strecken eingestellt werden - mit deutlichen Auswirkungen auf den überregionalen Verkehr. Bahnen dürfen nicht mehr durchfahren und Flugzeuge bleiben am Boden oder werden umgeleitet. Verkehrsstaus, überfüllte Bahnhöfe und Busse sowie lange Umwege sind häufig die Folge. Für die Menschen in der Stadt bedeutet das eine umfassende Einschränkung der eigenen Mobilität – häufig über viele Stunden oder sogar Tage hinweg. Das betrifft nicht nur diejenigen, die nicht in ihre Wohnungen zurückdürfen, sondern häufig auch Pendler auf dem Weg zur oder von der Arbeit, aber auch die Mobilität abseits der Arbeit zum Beispiel auf dem Weg zum Sport oder zu Freunden oder Familie. Für die zuständigen Behörden ist das ein Kraftakt, da Sperrungen und entsprechende Umleitungen schnell fest- und umgesetzt werden müssen.

Nach der Evakuierung zurück zum Alltag

Wie lange eine solche Entschärfung oder Sprengung eines Blindgängers dauert, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Neben dem Zündsystem der Bombe spielen die Gegebenheiten vor Ort eine bedeutende Rolle. Je nachdem, wie tief die Bombe liegt, ob sie bewegt wurde, in welchem Zustand sie ist, dauert der Einsatz unterschiedlich lange. Auch Licht und Wetter spielen eine Rolle. Muss künstliche Beleuchtung oder ein Regenschutz hergestellt werden, kostet das Extrazeit. Müssen zum Schutz Containerwände oder Sandwälle hergerichtet werden, steigt der Zeitaufwand ebenfalls deutlich an.

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Der technische Fortschritt hilft den Spezialisten bei ihrer Arbeit: Mit modernen Bodenscannern und Drohnen können verdächtige Stellen lokalisiert und Zünder aus der Entfernung entschärft werden. Die Lokalisierung und Bergung liegt zu 90 Prozent bei privaten Kampfmittelräumfirmen. Der Transport und die anschließende Vernichtung darf aber nur von Mitarbeitenden des KMBD selbst durchgeführt werden.

Ist die Gefahr des Fundes durch eine Entschärfung oder (kontrollierte) Sprengung gebannt, werden die Betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner zeitnah von Polizei, Feuerwehr und Ordnungsamt sowie durch Sirenen und öffentliche Ansagen informiert und können ihr Häuser wieder beziehen.

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