Hohe Strafen: Beleidigungen im Straßenverkehr

Mehr zum Thema "Beleidigungen im Straßenverkehr" im Video ∙ Bild: © ADAC/Shutterstock, Video: © ADAC e.V.

Abfällige Gesten wie der Stinkefinger oder Schimpfwörter wie "A...loch": Beleidigungen im Straßenverkehr sind kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat.

  • Alltägliche Situationen im Verkehr eskalieren immer häufiger

  • Kein einheitlicher Strafenkatalog

  • Hohe Geldstrafen, bis hin zur Freiheitsstrafe

Viele Autofahrer kennen das: Alltägliche Verkehrssituationen arten in heftige Beschimpfungen aus. Verkehrsteilnehmer bedrängen sich, werfen sich Schimpfwörter an den Kopf, reagieren aggressiv. Beleidigungen oder Nötigung im Straßenverkehr sind aber kein Kavaliersdelikt, sondern eine Straftat (§ 185 StGB). Es droht eine hohe Geld- oder eine Freiheitsstrafe von bis zu ­einem Jahr. Wird man handgreiflich, wird das sogar mit zwei Jahren Strafe geahndet. Eine Beleidigung plus Nötigung kostete einen Autofahrer sogar 1600 Euro plus einen Monat Fahrverbot.

Strafbar: Üble Gesten und Schimpfwörter

Sprechblase Blödmann
© Thomas Jussenhoven-Holz (Bildhelden)

Für deftige Gesten und verbale Entgleisungen gibt es keinen einheitlichen Strafkatalog. Der Geldbetrag wird in Tagessätzen berechnet. Ein Tagessatz ist der 30. Teil eines Monatsnettoeinkommens. Das heißt, je mehr der Verurteilte verdient, desto mehr zahlt er. Ex-Fußballer Stefan Effenberg musste vor einigen Jahren für ein "A...loch" gegenüber einem Polizeibeamten 10.000 Euro Strafe zahlen.

Im Normalfall werden Beleidigungen im Straßenverkehr mit 20 bis 30 Tagessätzen bestraft. Eine Besonderheit: Haben sich zwei Streithähne während ein und derselben Auseinandersetzung gegen­seitig beschimpft, kann das Gericht die Ausfälligkeiten gegeneinander aufrechnen und beide freisprechen (§ 199 StGB).

Punkte in Flensburg gibt es für solche Beschimpfungen nicht mehr. Mit der Systemreform 2014 ist diese zusätzliche Bestrafung entfallen. Was werten die Richter als Beleidigung? In der "Hitliste" ganz oben stehen der gestreckte Mittelfinger und eine Litanei an Fäkalausdrücken.

Beispiele für Geldstrafen nach Beschimpfungen

Einmal in Rage, vergessen viele Autofahrer offenbar ihre Kinderstube: Mit "Drecksvieh" beschimpfte ein aufgebrachter Verkehrsteilnehmer einen anderen. 700 Euro Geldstrafe waren da fällig. Für "Schlampen, ihr elendigen!" gegenüber einer Politesse hagelte es 1000 Euro, für "A...loch, Vollidiot, Depp, Hundskrüppel" zusammen 1200 Euro.

Ein Autobesitzer, der einen Lkw-Fahrer mehrfach als "Hurensohn", "Bastard", "Hurenbock" tituliert hatte, zahlte 1600 Euro. Ein Polizist muss sich auch nicht als "Clown" oder "Mädchen" beschimpfen lassen, ebenso wenig als "Verbrecher" oder "begnadeter Vollpfosten". Beleidigend können in diesem Zusammenhang auch Pkw-Aufkleber sein. Eine Politesse fühlte sich von dem ­Sticker "Fick dich, Zettelpuppe" verunglimpft. Der Autobesitzer musste dafür 600 Euro Strafe zahlen.

Was kostet wie viel? So entschieden die Gerichte:

Diese Beleidigungen haben 1000 Euro gekostet

  • "A...loch", "Drecksau"

  • "Wichser", "Sch...wichser",

  • "Blöde Schlampe", "alte Schlampe"

  • "Schlampen, ihr elendigen!"

  • "Sie haben den totalen Knall"

  • "Sie sind blöd im Kopf"

  • "Verbrecherin", "blöde Kuh"

  • "A...loch" plus Stinkefinger zeigen

  • Stinkefinger plus Nötigung, in Form von Überholen und Ausbremsen. Zur Geldstrafe kam ein Monat Fahrverbot

 

Diese Schimpfwörter blieben straffrei

  • "Sie können mich mal …"

  • "Oberförster", "Wegelagerer" oder "Komischer Vogel" zu einem Polizisten

  • "Leck mich am A...!" (im schwäbischen Sprachgebrauch)

  • "Das ist doch Korinthenkackerei" (im Streit um Parkknöllchen)

  • "Parkplatzschwein" zum Falschparker

Beamten-Beleidigung: Anzeige ist sicher

Polizeibeamte beklagen immer öfter, dass der Respekt für die Beamten abnimmt und heftige emotionale Reaktionen, z.B. bei Verkehrskontrollen, zunehmen.

Entgegen landläufiger Meinung wird die Beleidigung eines Beamten nicht härter bestraft als die einer Privatperson. Der Unterschied: Polizisten und Politessen erstatten meist zusammen mit ihrem Dienstvorgesetzten Anzeige.

Aber nicht jede Entgleisung ist strafbar. Ein "Das ist doch Korinthenkackerei“ zu einem Gemeindebe­amten, der einen Strafzettel ans Auto klemmte, blieb kostenlos; der Autofahrer wurde freigesprochen. Hier überwog laut Urteil das Grundrecht, seine Meinung frei zu äußern. Ein Gericht erlaubte auch "Sie können mich mal ..." im Sinne von "Lass mich in Ruhe". "Oberförster", "Bulle" (je nach Kontext) und "Wegelagerer" werteten andere Richter ebenfalls nicht als Beleidigung.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kommt es nicht nur auf den ehrverletzenden Wortlaut der Äußerung an. Für die Strafbarkeit einer Äußerung muss eine Abwägung zwischen dem Recht auf Meinungsfreiheit des Schimpfenden und dem Persönlichkeitsrecht des Opfers erfolgen. Dabei wird auch berücksichtigt, in welchem sachlichen Zusammenhang die Äußerung fällt. Die Meinungsfreiheit muss, so das Bundesverfassungsgericht, jedoch "stets zurücktreten, wenn eine Äußerung die Menschenwürde eines anderen verletzt".

Wie kann man eine Beleidigung beweisen?

Da es bei einer Straftat immer einen Täter braucht, muss dieser auch identifiziert werden können. Es reicht also nicht, sich nur das Kennzeichen des Fahrzeugs zu notieren und den Fall dann damit zur Anzeige zu bringen. So kann nämlich nur der Fahrzeughalter ermittelt werden. Das heißt aber nicht, dass der Halter auch der Fahrer war. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass man die Person möglichst genau beschreiben kann.

Sehr hilfreich sind hier Zeugen, die den Vorfall bestätigen und den Täter beschreiben können. Sonst steht Aussage gegen Aussage und ohne Beweise läuft das Strafverfahren meist ins Leere.

Wie sieht es mit Fotos und Videos zur Beweissicherung aus? Das ist nur in einem engen rechtlichen Rahmen erlaubt und kann unter Umständen zu einem Bußgeldverfahren wegen Verletzung von Datenschutzvorschriften führen, wenn diese Fotos und Videos an die Polizei weitergegeben werden.