Erstmals Durchfahrtsverbote bei Stau auf der A8 und A93 - Landkreis Rosenheim schützt sich vor Ausweichverkehr von der Autobahn

Durchfahrtsverbote für Ausweichverkehr bei Stau auf der A8 und A93
Ziel der temporären Durchfahrtsverbote ist es, den Ausweichverkehr von der A8 und A93 im Landkreis Rosenheim zu unterbinden.© ADAC Südbayern

Ab 15. August 2025 werden im Landkreis Rosenheim in Bayern entlang der Autobahnen A8 und A93 erstmals temporäre Abfahrtsverbote bzw. Durchfahrtsverbote auf Landstraßen eingeführt. Ziel ist es, Anwohner zu entlasten, die bei hohem Verkehrsaufkommen massiv unter dem Ausweichverkehr bei Stau auf der Autobahn leiden. Die Regelung orientiert sich an den Abfahrtssperren in Tirol. Was Reisende jetzt wissen müssen.

Wo und wann gelten die Abfahrtssperren entlang der A8 und A93?

Ab August treten erstmals in Deutschland sogenannte situationsabhängige Durchfahrtsverbote in Kraft, die den Ausweichverkehr von der A8 und A93 unterbinden sollen. Die Durchfahrtssperren greifen ab dem 15. August – dem Maria Himmelfahrt Wochenende, welches traditionell zu einem der verkehrsreichsten Wochenenden des Jahres zählt. Sie sollen zunächst bis zum Ende der bayerischen Sommerferien erprobt werden.

Betroffen sind mehrere Landstraßen nahe folgender Anschlussstellen entlang der A8 und A93 im Landkreis Rosenheim:

Autobahn A8:

  • 100a Bad Aibling

  • 100b Rosenheim-West

  • 102 Rosenheim

  • 103 Rohrdorf

  • 104 Achenmühle

  • 105 Frasdorf

  • 106 Bernau a. Chiemsee

  • 107 Felden

Autobahn A93:

  • 8 Reischenhart

  • 10 Brannenburg

Die Durchfahrtssperre des Straßennetzes hinter den Anschlussstellen Reischenhart und Brannenburg gilt ebenfalls nur dann, wenn eine Staulage auf der A8 besteht. Hintergrund ist, dass viele Verkehrsteilnehmer bereits in Brannenburg oder Reischenhart abfahren, um so Staulagen auf der A8 großräumig über den Samerberg oder andere Ortschaften zwischen der A93 und der A8 zu umgehen. Wer an den oben genannten Anschlussstellen die A8 oder A93 wegen Stau verlässt, um auf die parallel verlaufenden Landstraßen auszuweichen, muss damit rechnen, zurück auf die Autobahn geschickt zu werden.

Der Landkreis Rosenheim weist in den FAQs zu den Durchfahrtsverboten explizit darauf hin, "dass die Kontrollen erst im nachgeordneten Straßennetz erfolgen können und daher von der Autobahn aus möglicherweise nicht ersichtlich sind".

Die Abfahrtsverbote gelten jeweils freitags bis sonntags sowie an Feiertagen. Die Entscheidung über die Aktivierung der Verbote trifft die Verkehrspolizei kurzfristig in Abstimmung mit der Autobahn GmbH und dem Landkreis Rosenheim. Betroffene Straßen werden fest beschildert mit dem Zeichen 250 (Verbot für Fahrzeuge aller Art) und einem Zusatzzeichen mit dem Inhalt „für Ausweichverkehr bei Stau auf der Autobahn“.

Alles zu den neuen Durchfahrtssperren im Landkreis Rosenheim auf einen Blick

  • Wann gibt es Durchfahrtsverbote auf Landstraßen im Landkreis Rosenheim? Die Durchfahrtsverbote gelten ab 15. August 2025; freitags bis sonntags sowie an Feiertagen nach Bedarf bei Stau oder stark stockendem Verkehr auf der A8.

  • Wo greifen Durchfahrtssperren? Die Durchfahrtssperren greifen entlang der Ausweichrouten auf der A8 und A93 im Landkreis Rosenheim.

  • Wie wird auf die Durchfahrtsverbote hingewiesen? Neue Verkehrsschilder mit Durchfahrtsverboten werden an neuralgischen Punkten aufgestellt.

  • Für wen gelten die Durchfahrtsverbote? Die Durchfahrtsverbote gelten für den gesamten Durchreiseverkehr; Anlieger und Reisende mit Ziel im Bereich der Durchfahrtssperren sind nicht betroffen.

  • Werden Kontrollen durchgeführt? Die Polizei wird die Einhaltung der Durchfahrtsverbote durch Stichproben überprüfen.

  • Was soll ich tun, wenn mein Navigationsgerät mir rät, bei Stau abzufahren? Falls ihr Navigationsgerät Sie anleitet, an einer der betroffenen Anschlussstellen trotz Durchfahrverbots auf das umliegende Straßennetz auszuweichen, bleiben Sie bitte auf der Autobahn. Generell sollten Navigationssystem bereits auf die Durchfahrtsverbote hinweisen.

Was gilt für Touristen und Zielverkehr?

Wer ein konkretes Reiseziel in den gesperrten Ortschaften hat – etwa eine gebuchte Unterkunft, ein Ausflugsziel oder private Besuchsadresse – darf die betroffenen Straßen weiterhin befahren, muss dies aber bei Kontrollen entsprechend glaubhaft nachweisen können. Solche Nachweise können beispielsweise Hotel- oder Unterkunftsbuchungen, Wohnsitznachweis oder Tickets bzw. Reservierungsbestätigungen von Ausflugszielen sein.

Kontrollen sollen stichprobenartig durch die Polizei erfolgen. Ohne plausiblen Nachweis ist die Weiterfahrt untersagt. Ob auch Bußgelder bei Verstößen verhängt werden, ist derzeit noch nicht bekannt. Laut bussgeldkatalog.de drohen generell folgende Strafen bei Missachtung von „Durchfahrt verboten“:

VerstoßBußgeld

Durchfahren des mit VZ 250 gekennzeichneten Bereichs mit einem Fahrrad

25€

... mit Behinderung

30€

... mit Gefährdung

35€

... mit Unfall

40€

Durchfahren des mit VZ 250 gekennzeichneten Bereichs mit einem Pkw oder Motorrad

50€

Durchfahren des mit VZ 250 gekennzeichneten Bereichs mit einem Kfz bis 3,5 Tonnen (Pkw mit Anhänger) oder Bus

55€

Parken im mit VZ 250 gekennzeichneten Bereich

55€

... mit Behinderung

70€

... bei einer Parkdauer von mehr als 3 Stunden

70€

... mit einem Kfz über 3,5 Tonnen

100€

Bussgeldkatalog.deEs drohen generell Geldstrafen bei Missachtung von „Durchfahrt verboten“ (Quelle: bussgeldkatalog.de)

Hintergrund: Ausweichverkehr bei Stau belastet Gemeinden

Die A8 zählt zu den wichtigsten Verkehrsverbindungen im Süden. Laut ADAC Staubilanz 2024 ist sie neben der A3 die staureichste Autobahn im Freistaat. Während des Berufsverkehrs, den Ferienzeiten und an stark frequentierten Wochenenden kommt es insbesondere auf der Strecke zwischen München und Salzburg regelmäßig zu Staus.

Auch die österreichische Blockabfertigung bei Kufstein wirkt sich immer wieder negativ auf den Verkehrsfluss der A8 aus. So staute sich der Verkehr durch die Blockabfertigung am 3. Juni 2025 rund 40 Kilometer auf der A93 zurück und reichte auf der A8 bis zum Irschenberg.

Viele Autofahrer und LKW-Fahrer versuchen über die Landstraße und kleine Ortschaften den Stau zu umfahren. Daraus ist ein erhebliches Problem für die betroffenen Gemeinden erwachsen. Lärm, Luftverschmutzung und überlastete Straßeninfrastruktur sind zum Alltag der Anrainer geworden. Besonders stark betroffen sind Orte wie Bad Aibling, Holzkirchen, Weyarn, Irschenberg und Bad Feilnbach. Die Kommunen setzen sich dagegen nun zur Wehr und haben beim Bundesverkehrsministerium ein Abfahrtsverbot von der Autobahn nach Tiroler Vorbild eingefordert.

Vorbild: Abfahrtsverbote in Tirol

Mit der Maßnahme folgt Bayern dem Beispiel Tirols, wo bereits seit 2019 in den Sommermonaten an Wochenenden Abfahrtssperren auf der Inntalautobahn (A12) gelten. Dort hat sich gezeigt, dass sich der Ausweichverkehr deutlich reduzieren lässt – zum Vorteil der Anwohner. Auch in Bayern sollen die Sperren nicht dauerhaft gelten, sondern werden als temporäres Steuerungsinstrument gesehen.

Die Maßnahmen der Verkehrssteuerung aus Tirol, die hier in Form des Abfahrtsverbots nun zum Vorbild werden, wurden von Bayern in der Vergangenheit jedoch nicht grundsätzlich positiv bewertet. Zwischen der deutschen und der österreichischen Seite besteht bereits eine jahrelange Diskussion über die Herausforderungen des alpenquerenden Verkehrs und möglicher Lösungsansätze. Insbesondere die Blockabfertigung in Österreich steht dabei immer wieder in der Kritik. Anton Mattle, Landeshauptmann von Tirol hat erst kürzlich beim ADAC Sommerempfang die Sichtweise Tirols und die besondere Belastung für sein Bundesland dargelegt. Hier betonte er auch, dass Tirol keine andere Wahl hat, als seine Anwohner unter anderem durch Blockabfertigung und Abfahrtsverbote von den Auswirkungen des kontinuierlich steigenden Transitverkehrs zu schützen. Maßnahmen durch die, die Verkehrsherausforderungen sich in den vergangenen Jahren zunehmend nach Bayern verlagert haben.

ADAC Einschätzung: Durchfahrtssperren können nicht die langfristige Lösung sein

Die eigentlichen Probleme auf der Autobahn A8 und im alpenquerenden Verkehr werden durch die Sperrung der Alternativrouten aus Sicht des ADAC Südbayern jedoch nicht gelöst. Dass auch der Freistaat sich inzwischen zur Einführung solcher Regelungen gezwungen fühlt und dafür Rückendeckung aus dem Verkehrsministerium in Berlin erhält, verdeutlicht nur die Brisanz, die das Thema angenommen hat. Aus Sicht des ADAC Südbayern muss vielmehr länderübergreifend gemeinsam an ganzheitlichen Lösungsansätzen gearbeitet werden. Auch der längst überfällige Ausbau der A8 zwischen Rosenheim und der Grenze bei Piding/Walserberg muss endlich vorangetrieben werden. Bis dahin können Durchfahrtsverbote nachvollziehbare Versuche sein, die Belastung der betroffenen Gemeinden zu reduzieren. Sie müssen aber ausgewogen sein und ausreichend kommuniziert werden. Neben Beschilderung auf der Autobahn fordert der ADAC auch eine Integration von Hinweisen in den Navigationssystemen. Zudem dürfen Touristen und Anlieger nicht übermäßig eingeschränkt werden. Insbesondere darf der Tourismus in Bayern als wichtiger Wirtschaftszweig nicht unter den Maßnahmen leiden.