In die Röhre geschaut: Fortschritt der Sanierung im Tunnel Königshainer Berge

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In 2024 und 2025 wird der Tunnel Königshainer Berge auf der A4 zwischen Bautzen und Görlitz saniert. Was das Nadelöhr im Osten Sachsens für Autofahrer bedeutet, verrät der Beitrag des ADAC Sachsen.

Wichtiges Projekt der Autobahn GmbH 2024 in Sachsen

Er ist 25 Jahre alt und 3300 Meter lang: der Tunnel Königshainer Berge im Osten Sachsens auf der A4 zwischen Bautzen und Görlitz. Man sieht ihm sein Alter nicht an und das ist gut so, denn der Tunnel ist fit und Fahrbahn sowie Röhren noch gut in Schuss. Im Jahr 2024 startet die Autobahn GmbH trotzdem eine umfangreiche Sanierung beider Tunnelröhren – zuerst die nördliche und 2025 dann die südliche Röhre. „Es geht weniger um den Tunnel an sich, sondern mehr um die Technik darin“, erzählt uns Marcus Bräuer, Fachexperte für Telematik, wo das Projekt der Tunnelsanierung beheimatet ist. „In 25 Jahren hat sich vor allem die Sicherheitstechnik deutlich verbessert und diese wird nun 2024 und 2025 eingebaut. Dafür müssen wir aber jeweils eine Tunnelröhre komplett schließen und den Verkehr in beiden Richtungen durch die jeweils andere Röhre leiten.“

Problem: an einem Tunnel kann man nicht einfach mal so den Mittelstreifen entfernen und die Fahrbahn erweitern. Hier braucht es ein spezielles Konzept, das über die Verteilung der Fahrspuren, Umleitungsrouten im Notfall und Sicherheit für Arbeitende entscheidet und zugleich die Belästigung von Anwohnerinnen und Anwohnern minimiert. Es ist ein straffer Plan, den sich Marcus Bräuer und sein Team da vorgenommen haben, schließlich durchqueren pro Tag etwa 30.000 Fahrzeuge den Tunnel.

Die Arbeiten der Sanierung der nördlichen Tunnelröhr sind im April gestartet.© Autobahn GmbH

Ziel der Sanierung: Sicherheit erhöhen!

Eines der schlimmsten Szenarien, das in einem Tunnel passieren kann, ist ein Brand. Im Tunnel kann entstehender Rauch nicht nach oben abziehen und füllt daher die gesamte Röhre auf. Außerdem steigen die Temperaturen dabei in Windeseile auf über 1300 °C an. Zu welchen Ergebnissen das führen kann, zeigen diverse Zeugnisse aus der Vergangenheit, wie dem verheerenden Brand im Mont Blanc Tunnel (Frankreich/Italien) 1999 und nur zwei Monate später im Tauerntunnel (Österreich). Insgesamt 52 Menschen verloren damals ihr Leben. Auch im Tunnel Königshainer brannte im Jahr 2013 ein LKW aus – immerhin kam dabei niemand zu Schaden – und erst im Februar dieses Jahres verhinderte wohl ein LKW-Fahrer im Rennsteigtunnel eine Katastrophe, indem er wieder in seinen brennenden LKW stieg und diesen noch die letzten sechs Kilometer aus dem Tunnel herausfuhr.

Um solche Ereignisse und Personenschäden zu vermeiden, werden im Tunnel Königshainer Berge nun unterschiedliche Systeme nachgerüstet. Marcus Bräuer äußert sich dazu folgendermaßen: „Es ist nicht so, dass der Tunnel nicht sicher ist. Mittlerweile ist aber neuere Technik erhältlich, zum Beispiel hochauflösende Kameras oder weniger wartungsintensive Lichttechnik auf LED-Basis, die nun einfach vieles leichter und dadurch auch sicherer machen. Besonders intensiv wird die Nachrüstung von Notrufnischen, die Schutz vor Rauch und Feuer bieten. Diese müssen aus der bestehenden Tunnelwand herausgebrochen werden.“ Einen kleinen Teil der notwendigen Systeme, wie die Abdichtung der Querschläge und Installation von Fluchttoren und -türen, sind bereits installiert und waren bereits zu Sanierungsbeginn Pflicht.

Die Tunnelfeuerweh bei der letzten Großübung vor Beginn der Sanierung und dem Zusammenlegen der Fahrstreifen. © Autobahn GmbH

Eine eigene Feuerwehr ist während der Sanierungsphase Pflicht

Bisher ging es ohne, aber nun ist direkt am Tunnel eine Feuerwehr eingezogen. Es sind weniger die Baumaßnahmen als der beidseitige Verkehr in einer Tunnelröhre, die eine Feuerwehr vor Ort nötig macht. Um auf Unfälle oder die automatischen Rauchmeldeanlage schnell reagieren zu können, muss ein Team aus sieben Feuerwehrleuten rund um die Uhr im Dreischichtbetrieb am Tunnel verfügbar sein. In der Bauphase wird das Team von einem Dienstleister gestellt, da diese Abdeckung von der örtlichen Freiwilligen Feuerwehr nicht geleistet werden kann. Nach Ende der Sanierung und der verpflichtenden 24 Stunden Schicht vor Ort gehen Gerätehaus und Fahrzeuge in den Dienst der örtlichen Feuerwehren über.

In Betrieb sind zwei Feuerwehrfahrzeuge, die mit speziellen Funktionen für Rettungs- und Löschmaßnahmen in Tunneln ausgerüstet sind. Den Fahrzeugen wurde zum Beispiel ein Wasserwerfer an die Front der LKW montiert, um damit Brände direkt vor sich löschen zu können, ohne dass die Mannschaft aussteigen muss. Zusätzlich gibt es Langzeit-Atemgeräte im Innenraum, die bei Rauch im Fahrzeug die Besatzung weiterhin atmen lassen. Außerdem sind die Fahrzeuge beim Bau gekürzt worden, damit das Wenden im Tunnel besser gelingt.

Ohne die Zustimmung und der Mittel des Freistaates Sachsen wäre die Feuerwehr nicht möglich gewesen und aufgrund der Gefahrenbeurteilung hätte der Verkehr dann nicht in beiden Richtungen durch eine Röhre fließen dürfen. „Wir sind dankbar, dass das so klappt“, erklärt Marcus Bräuer, „denn so kann der Verkehr in beiden Richtungen auf der Autobahn bleiben und wir kommen damit dem Einwohnerwunsch der Gemeinden Kodersdorf und Waldhufen nach. Dazu auch ein großes Dankeschön an die Autobahnpolizei, die ebenfalls an der Tunnelfeuerwache eine Streife stationiert. So können Fahrbahnsperrungen schnell wieder aufgehoben werden. Was nämlich kaum einer weiß: die Feuerwehr kann die Autobahn bei Bedarf sperren, aber wieder freigeben dürfen nur die Polizei oder ein Autobahnmeister.“

Die Tunnelfeuerwehr ist 24 Stunden im Dienst, um im Gefahrenfall schnell vor Ort zu sein. © Autobahn GmbH

Schon gewusst?

  • Lieber Notrufpunkte statt Handy: Bei einer Panne in einem Autobahntunnel immer die verbauten Notrufpunkte nutzen, um direkt mit der Tunnelleitung zu sprechen. Die Kolleginnen und Kollegen können direkt für Sicherheit sorgen: z.B. die Fahrbahn sperren und Pannenhilfe sowie Rettungskräfte direkt zur Position leiten. Mit dem Handy dauert das ganze deutlich länger und viel umständlicher.

  • Hilfe ohne Worte: Wer in der Notrufbucht die Taster Panne (Schraubenschlüssel) oder Hilfe (rotes Kreuz) drückt, aktiviert automatisch ein Hilfsprozedere auch ohne mit dem Operator gesprochen zu haben.

  • Egal wo man sich befindet, im Tunnel ist man nie allein: Die Tunneloperators haben immer ein Auge auf alle Fahrbahnen, Ecken und Winkel. Sie erkennen sofort, wenn es irgendein Problem im Tunnel gibt.

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