Der Sachsenring – die Legende lebt

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Der Sachsenring, eine der ältesten Rennstrecken in Deutschland feiert im nächsten Jahr ihr 95-jähriges Bestehen. Trotz manchen Wirrwarrs, tragischer Ereignisse und Turbulenzen, hat der Traditionskurs nie seine Faszination verloren.

Jubiläum für die Rennstrecke mit Tradition


Himmelfahrt um 7.15 Uhr: Heute würde man ausschlafen oder sich langsam auf die Wanderung zum Vatertag vorbereiten, im Jahr 1927 jedoch startete das allererste Rennen auf dem Sachsenring. 68 Kilometer waren die Motorräder mit Beiwagen unterwegs und das Badberg-Viereck-Rennen feierte seine Premiere. Womit die damaligen Organisatoren um Rennleiter Paul Berger nicht gerechnet haben, die Menschen kamen in Strömen an die Strecke, die damals durch die Stadt Hohenstein-Ernstthal über den Badberg in Richtung Autobahn, dann hinunter zum “Heiteren Blick”, dem Queckenberg und wieder in die Stadt führte – 130.000 begeisterte Zuschauer. Der Mythos Sachsenring war geboren, obwohl der Kurs noch nicht so hieß. Den heutigen Namen bekam er erst 1937. Ursprünglich gehörte der Begriff Sachsenring zur Rennstrecke bei Grillenburg im Tharandter Wald, deren Ära 1933 endete.

Große Namen der weltbesten Zweiradpiloten prägten die Zeit der Rennen bis zum Zweiten Weltkrieg. Dem Publikumsliebling aus Schottland, James Guthrie, flogen die Herzen der Zuschauer besonders zu. 1936 fuhr er auf einer Norton in der Klasse bis 500 ccm einen großartigen Erfolg ein. Auch ein Jahr später standen für ihn die Zeichen auf Sieg, doch in der letzten Runde passierte das unfassbar Schreckliche. Der Schotte verunglückte unterhalb des “Heiteren Blicks” tödlich. Die Motorsportwelt war geschockt.

Zehn Jahre dauerte die Zwangspause am Sachsenring wegen des Krieges und der Wirren der Nachkriegszeit. Am 25. September 1949 erfolgte der Start in eine neue Zeit. Jahr für Jahr entwickelte sich das Rennen immer mehr zum Publikumsmagnet. Schon 1950, ein Jahr später, wurde ein Besucherrekord aufgestellt, der bis heute Bestand hat. 480.000 Zuschauer umsäumten die 8,7 Kilometer lange Strecke. Große Namen prägten diese Zeit. Allen voran der 15fache Weltmeister Giacomo Agostini aus Italien, der Publikumsliebling schlechthin am Sachsenring. Unvergessen auch die Siege des Engländers Mike Hailwood, der 1963 auf einer MZ gewann, von Jim Redmann, Luigi Taveri und vielen anderen Stars. In die Geschichte des Sachsenrings ging aber besonders der 11. Juli 1971 ein. 200.000 Fans feierten frenetisch Dieter Braun, den Westdeutschen, als dieser das Rennen der 250-ccm-Klasse gewann. Als zu seinen Ehren die Nationalhymne der Bundesrepublik erklang, wurde auf Geheiß der Partei- und Staatsführung der Ton an der Strecke abgedreht. Ein Skandal. Es war der Anfang vom Ende der WM-Läufe, für die ein Jahr später das endgültige Aus kam. Fortan gab es auf dem Sachsenring nur noch Rennen mit Fahrern aus sozialistischen Ländern.

Gerade in der Zeit der politischen Wende sollte die Geschichte des Sachsenrings enden. Rennleiter Christian Haubold musste nach der Veranstaltung 1990 verkünden: „Das Kapitel Sachsenring ist nach 63 Jahren für immer an dieser Stelle beendet.” Zu schrecklich war das, was kurz zuvor passiert war. Drei tödliche Unfälle hatte es beim Rennen auf dem alten Kurs gegeben. Die Strecke war für die Rennmaschinen dieser Zeit zu gefährlich geworden. Doch diese Einschätzung sollte sich letztlich als ein Irrtum erweisen. In den Köpfen vieler motorsportverrückter Sachsen spukte immer noch die Idee, dass hier irgendwann wieder Rennen gefahren werden. Dass 1996 das Comeback gefeiert werden konnte, war letztlich durch einen Kniff möglich geworden. Die Streckenführung des ein Jahr zuvor eingeweihten Fahrsicherheitszentrums wurde so angelegt, dass auf bestimmten Abschnitten auch einmal Rennen gefahren werden können. Das alles blieb aber geheim. Nur ein kleiner Kreis von Leuten wusste Bescheid. Zu ihnen gehörte Hermann Tilke. Der Aachener gilt bis heute als der weltweit führende Rennstrecken-Architekt.

Die Premiere der neuen Strecke 1996 wurde ein Riesenerfolg. Die Fans erlebten spektakuläre Läufe um die Internationale Deutsche Motorradmeisterschaft. Zwei Jahre später fand auf dem Sachsenring wieder der deutsche Motorrad-Grand-Prix statt und ist bis heute aus der Welt des Motorsports nicht wegzudenken.

Die Zukunft des Sachsenrings ist gesichert. Für die Zehntausenden, die jedes Jahr hierher pilgern, ist das eine schöne Gewissheit. Schon jetzt stehen die Termine für das nächste Jahr fest. Motorsport zum Anfassen gibt es vom 15. bis 17. Juli bei den Sachsenring-Classics. Auch die Liga der Supersportwagen kommt vom 23. bis 25. September wieder nach Hohenstein-Ernstthal. Natürlich darf das absolute Highlight nicht fehlen. Vom 17. bis 19. Juni wird wieder der Motorrad-Grand-Prix von Deutschland auf dem Sachsenring ausgetragen. Auch wenn wegen der Corona-Pandemie das Rennen 2020 ausfallen musste und es 2021 unter Ausschluss der Zuschauer stattfinden musste, steht fest: Es geht weiter. Der Vertrag zwischen dem ADAC und dem spanischen WM-Vermarkter Dorna über den deutschen Motorrad-Grand-Prix ist bis 2026 abgeschlossen. Ein Jahr später feiert der Sachsenring dann seinen 100. Geburtstag. Glänzende Aussichten.

Text: Stefan Geyler

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