Fahrradanhänger, Fahrradkindersitz & Co.: Was ist sicherer?

Solange Kinder noch nicht selbst Rad fahren können, fahren sie bequem im Fahrradanhänger oder im Fahrradsitz mit. Aber auch Mitläufer mit Tandemstange, Nachläufer und Abschleppseile bieten müden Kindern, die schon auf Radtouren mitfahren können, eine hilfreiche Unterstützung.
Beliebt sind Fahrradanhänger und Fahrradkindersitz
Wichtig: Erst testen, dann kaufen
Vor- und Nachteile im Überblick
Eltern, die ihre Kinder mit dem Rad mitnehmen wollen, müssen entscheiden, welches System am besten zu den Anforderungen ihres Alltags oder auch auf Radtouren passt. Im Wesentlichen gibt es folgende Systeme: Fahrradkindersitze, Fahrradanhänger, sogenannte Mitläufer mit Tandemstange und Nachläufer. Eine eher kurzfristig Unterstützung beim Radfahren bieten Kindern Abschleppseile. Lastenräder sind praktisch bei der Nutzung im Alltag.
Doch am beliebtesten und oft gekauft sind Fahrradanhänger und Fahrradsitze. Generell fällt vielen die Entscheidung zwischen den einzelnen Mitnahme-Systemen nicht leicht.
Fahrradanhänger: Pro & Contra
Die Vorteile
Ideal für längere Fahrten.
Oft passen zwei Kinder in den Anhänger. Zudem können Eltern gut zusätzlich Gepäck, Proviant oder Spielzeug unterbringen.
Kinder sitzen entspannt, können spielen und auch schlafen.
Verletzungsrisiko bei Unfällen ist aufgrund niedrigerer Fallhöhe geringer als beim Kindersitz.
Das Kind ist vor Wind und Regen geschützt.

Die Nachteile
Fahren auf Radwegen ist wegen der Breite nicht optimal, dies gilt besonders innerorts.
Handhabung beim Bremsen und Rangieren ist gewöhnungsbedürftig.
Nicht jeder Fahrradanhänger bzw. jede Anhängerkupplung passt an jedes Fahrrad.
Nicht überall kann ein Rad mit Anhänger abgestellt werden, es benötigt unterwegs mehr Platz.
Der Anhänger braucht einen separaten Abstellplatz, wenn er nicht genutzt wird.
Teurer als ein Fahrradsitz.
Wer sich für einen Fahrradanhänger entscheidet, sollte sich vor dem Kauf gut informieren und das Fahren mit Anhänger vorher testen.
Fahrradsitz: Pro & Contra
Die Vorteile
Verstellbare Gurtsysteme und Fußhalterungen ermöglichen problemlos eine Anpassung je nach Größe des Kindes.
Schnell und leicht zu montieren.
Die Montage von zwei Halterungen für den Sitz an zwei Fahrrädern ermöglicht einen problemlosen Wechsel des Sitzes.
Für den täglichen Gebrauch sehr praktisch – besonders, wenn man mit nur einem Kind unterwegs ist.
Für Kurzstrecken innerorts gut geeignet. Je leichter das Kind, desto sinnvoller der Einsatz eines Fahrradsitzes.
Der Nachwuchs ist den Eltern näher als im Anhänger.
Hinterradsitze werden sicherer eingestuft als Sitze, die vor dem Lenker angebracht werden.
Kostengünstiger als ein Fahrradanhänger.

Die Nachteile
Erst wenn das Kind sicher aufrecht sitzen kann, kann es im Kindersitz auf dem Fahrrad mitfahren.
Für Kinder wird es schnell unbequem, da die Sitzposition nicht verändert werden kann.
Die Mitnahme von zusätzlichem Gepäck ist schwer möglich. Ein Rucksack auf dem Rücken des Fahrers behindert das Kind eher.
Für lange Radtouren eher ungeeignet.
Kein Schutz vor Regen und Wind.
Höhere Verletzungsgefahr durch höhere Fallhöhe bei Unfall.
Erhöhte Umsturzgefahr des Rads beim Sichern des Kindes im Fahrradsitz sowie beim Auf- und Absteigen.
Mitläufer: Pro & Contra
Als Mitläufer werden Systeme bezeichnet, mit denen ein eigenständiges Kinderfahrrad an das Zugfahrrad gekoppelt wird. Mitläufer mit Tandemstangen wie der Trail-Gator, Trail Angel oder auch die Tandemkupplung FollowMe heben das Vorderrad des Kinderrads an, so dass das Kind nicht mehr selbstständig lenken kann.
Die Vorteile
leicht montierbar an der Sattelstütze des Zugfahrrads.
Wenn das Kind während einer Radtour wieder selbstständig fahren möchte, ist die Tandemstange schnell abnehmbar.
Das Kind kann immer eigenständig mit pedalieren.
bei starrer Alu- oder Stahlsattelstütze, Freilauf und Standardnaben funktioniert das System zuverlässig und sicher.
Variante Trail-Gator geeignet für Kinderfahrräder mit 16 Zoll bis zu 20 Zoll Laufradgröße.
Die Variante Trail Angel ist schon nutzbar für die ersten Kinderfahrräder von 12 Zoll bis hin zu Rädern für schon ältere Kinder mit bis zu 20 Zoll-Reifen.
Durch mehrere Befestigungspunkte der Tandemstange bietet die Mitläufer-Variante Trail Angel eine sehr stabile Verbindung.
Die Tandemkupplung FollowMe ist die stabilste Variante durch eine feste Verbindung an mehreren Punkten beider Fahrräder.

Die Nachteile
nicht bei allen Fahrradtypen am Zugfahrrad uneingeschränkt zu nutzen.
Mitläufersysteme sind zum Beispiel nicht kompatibel bei Fullys, Fahrrädern mit Carbon-Sattelstütze, Fatbikes oder Räder mit sehr breiten, dicken oder ovalen Sattelstützen.
nicht geeignet für Kinderfahrräder unter 12 Zoll oder über 20 Zoll Laufradgröße.
Auch Kinderrad-Modelle mit Rücktrittbremse, Nabenschaltungen oder geschlossenen Kettenkästen sowie Scheibenbremsen hinten sind oft nicht kompatibel mit der Tandemstange.
Die Variante FollowMe ist recht teuer und verbleibt dauerhaft am Zugfahrrad, kann also während einer Fahrradtour nicht so einfach flexibel abmontiert werden.
Die Erstmontage des Tandemkupplungs-Systems erfordert zudem technisches Verständnis und der Montageaufwand ist höher als bei den anderen zwei Varianten
Nachläufer: Pro & Contra
Trailerbikes, auch Nachläufer genannt, sind halbe Fahrräder ohne Vorderrad, die fest mit dem Zugfahrrad verbunden sind – meist über eine Kupplung am Sattelrohr oder an der Sattelstütze. Das Kind sitzt trotzdem eigenständig auf einem Sattel und hat einen eigenen Lenker zum Festhalten.
Die Vorteile
Gute sichere Lösung für längere Touren oder den täglichen Weg zur Kita oder Schule.
Eigenständiges Mittreten motiviert die Kinder und fördert das Gefühl für selbstständiges Radfahren.
Das Kind kann kann mit pedalieren, muss aber noch nicht selbst die Balance halten oder lenken.
Nachläufersysteme haben eine feste, stabile Verbindung zum Zugfahrrad.
Sie bieten viel Fahrstabilität, auch bei unruhigem Fahrverhalten des Kindes. Es ist kein Pendeln oder Seildurchhang wie bei den folgenden Abschleppsystemen möglich.

Die Nachteile
Sperrig und schwerer zu transportieren oder zu verstauen – zum Beispiel im Auto oder der Bahn.
Höherer Preis im Vergleich zu einfachen Abschleppseil-Systemen.
Das Kind kann temporär nicht selbstständig fahren. Ein spontaner Wechsel zwischen Selbstfahren und Mitfahren wie bei den Tandemstangen ist nicht möglich.
Montage und Demontage am Zugfahrrad ist aufwendig, insbesondere bei häufigerem Wechsel zwischen alleine und gemeinsam mit dem Kind Radfahren.
Abschleppseil: Pro & Contra
Abschleppseile sind starre oder elastische Verbindungen, die speziell für den gelegentlichen Einsatz beim Radfahren mit Kindern am Berg konzipiert wurden. Es gibt auch hier unterschiedliche Systeme. Die Varianten reichen von festen bis zu elastischen Abschleppseilen (wie zum Beispiel TowWhee, Shotgun Tow Rope), Systemen mit flexiblen Auszug am Zugfahrrad oder mit Haltegriff für das Kind. Wichtig zu wissen: es besteht ein erhöhtes Sturz- und Verletzungsrisiko insbesondere bei starren Verbindungen ohne Haltegriff.
Die Vorteile
Schnelle Befestigung an Sattel und Lenker oder Vorbau.
Ideal bei Steigungen, da ein flexibles Ziehen des Kindes auf dem Fahrrad möglich ist.
Abschleppseile sind meist kostengünstig, einfach in der Handhabung und bieten eine direkte Kraftübertragung.
Das Kinderfahrrad bleibt immer frei beweglich, was für das Kind mehr Kontrolle und Selbstständigkeit bedeutet.
Die Nachteile
Nicht für den Straßenverkehr geeignet, da kontrolliertes Bremsen und Anhalten schwierig ist.
Hohe Sturzgefahr bei ruckartigem Zug oder wenn das ziehende Fahrrad plötzlich abbremst.
Elastische Seile können bei abruptem Loslassen nach vorne schnellen. Durch den Federeffekt ist ein Zusammenstoß von Zugfahrrad und Kinderfahrrad möglich.
Anforderungen an Koordination sind hoch.
Bei starren Abschleppseilen oder Systemen ohne Haltegriff ist das Risiko eines Kontrollverlusts beim Kind groß. Diese Systeme sollten nur mit besonderer Vorsicht eingesetzt werden.
Welches System ist sicherer?

Für die meisten Einsätze ist der Fahrradanhänger die sicherere Transportvariante. Der Fahrradsitz für Kinder eignet sich besonders für Alltagsfahrten aufgrund seiner einfachen Handhabung – in puncto Sicherheit kommt er aber nicht an den Fahrradanhänger heran.
Weiterhin spielt das Können des Radfahrers und der Radfahrerin eine wichtige Rolle – ebenso wie die korrekte Bedienung, der Einsatzort sowie der technische Zustand des Fahrrads.
Mitläufer mit Tandemstange sind praktisch und flexibel zu nutzen. Vorgesehen sind diese Systeme in der Regel zur temporären Verbindung von Kinder- und Erwachsenenfahrrädern. Die dauerhaft zu montierende Tandemkupplung FollowMe ist hier trotzdem hervorzuheben, da sie ein besonders stabiles Mitnahmesystem ist. Das Kinderfahrrad ist so sicher an das Erwachsenenrad gekoppelt, das Kind kann aber trotzdem mit treten.
Nachläufer oder sogenannte Trailerbikes bieten eine stabile und sichere Lösung für gemeinsame Fahrten mit dem Kind – besonders auf längeren Strecken und im Straßenverkehr. Sie sind ideal, wenn das Kind noch nicht zuverlässig allein fahren kann oder größere Distanzen schnell zurückgelegt werden sollen.
Abschleppseile hingegen sollten ausschließlich bei sehr geringer Geschwindigkeit und idealerweise nur kurzfristig bergauf zum Einsatz kommen.
Kind immer mit Helm

Das Radfahren mit Anhänger kann auf engen Fahrradwegen, bei Gegenverkehr oder beim Rangieren wegen der Breite des Gespanns schwierig werden. Eltern, die sich für einen Kindersitz entscheiden, müssen sich dagegen mehr auf die eigene Balance konzentrieren – das gilt besonders, wenn hinten ein kleiner Zappelphilipp sitzt. Auch können hier Spurwechsel oder enge Kurven wackelig werden, vor allem beim Anfahren und bei langsamer Fahrt.
In jedem Fall aber gilt: Kinder sollten immer einen Fahrradhelm tragen und angegurtet sein. Und gegenseitige Rücksichtnahme im Straßenverkehr ist – egal für welches System man sich entscheidet – eine Selbstverständlichkeit.
Anhänger mit Baby: Geht das?
Es gibt keine klaren gesetzlichen Richtlinien, die vorgeben, ab welcher Körpergröße oder welchem Alter Babys im Fahrradanhänger transportiert werden sollten. Generell sind für Babys im Fahrradanhänger die Belastungen und die Stöße bei höheren Geschwindigkeiten für die Wirbelsäule sehr hoch. Somit sollte der Fahrradanhänger für ganz kleine Kinder unter einem Jahr eher in der Buggyfunktion und nicht als Anhänger für Radtouren genutzt werden.
Generell gilt: Wenn das Baby noch nicht sicher alleine sitzen kann, sollte es immer in einer speziellen Schale oder in einer Baby-Hängematte im Fahrradanhänger gesichert sein. Die Hersteller bieten hier unterschiedliche Systeme und Zubehör an. In einigen Lastenrädern gibt es die Möglichkeit, Babyschalen, die auch in Autos verwendet werden, zu montieren. Diese sind aber für Radtouren weniger zu empfehlen: Die halbsitzende statt liegende Position ist eine stärkere Belastung für die Wirbelsäule.
Eltern sollten Ausfahrten mit einem Baby im Anhänger generell überdenken, zeitlich möglichst kurz halten, das Fahren auf holprigem Untergrund vermeiden, Pausen einlegen sowie an ein ruhiges und langsames Fahrverhalten denken. Eine gute Federung des Fahrradanhängers ist vorteilhaft.
Fahrradanhänger: richtige Beleuchtung
Die Straßenverkehrszulassungsordnung legt fest, wie der Fahrradanhänger beleuchtet sein muss. Genau wie bei Rädern muss auch beim Anhänger eine bauartgenehmigte Beleuchtung angebracht sein. Diese darf nicht verdeckt sein. Die folgenden Vorgaben gelten für Fahrradanhänger ab Baujahr 2018. Der ADAC empfiehlt, ältere Fahrradanhänger aber entsprechend nachzurüsten.

Vor dem Kauf: Erst testen
Beim Radfahren mit Fahrradanhänger oder Kindersitz sollten Sie zunächst die veränderten Fahreigenschaften ohne Kinder (mit unempfindlicher Beladung) testen, bevor Sie sich für ein System entscheiden.
Vor dem Kauf eines Fahrradanhängers unbedingt auch prüfen, wie viel zulässiges Gesamtgewicht laut Herstellerangaben das Fahrrad ziehen darf. Sonst kann es bei zu viel Gewicht zu einem Rahmenbruch am Fahrrad kommen, wie ein ADAC Test gezeigt hat. Denn nicht jedes Fahrrad ist für einen Fahrradanhänger geeignet. Zudem kann auch nicht jede Anhängerkupplung an jedes Fahrrad montiert werden. Eine Beratung im Fachhandel ist damit unverzichtbar.
Das sind die gesetzlichen Vorschriften
Grundsätzlich gilt immer: Wer ein Kind auf einem Fahrrad, einem Lastenrad oder in einem Fahrradanhänger transportiert, muss mindestens 16 Jahre alt sein.
Kinder dürfen bis zum vollendeten siebten Lebensjahr mit Kindersitzen auf dem Fahrrad befördert werden.
Bis zu zwei Kinder dürfen bis zum vollendeten siebten Lebensjahr in einem Fahrradanhänger mit geeigneten Sitzen und Rückhaltesystemen mitfahren.
Für das Gesamtgewicht des Anhängers gelten die Vorgaben des Herstellers in der Bedienungsanleitung. Fehlen Herstellerangaben, sollte der ungebremste Anhänger ein Gesamtgewicht von 40 Kilogramm nicht überschreiten.
Fahrradrahmen und Bremsanlage müssen so solide beschaffen sein, dass sie den erhöhten Anforderungen standhalten.
Fachliche Beratung: Matthias Zimmermann/ADAC Technik Zentrum