Reifendichtmittel: Was bei Pannensets zu beachten ist

In Deutschland gibt es keine Pflicht zum Mitführen von Reifenpannensets im Auto, hilfreich können sie trotzdem sein. Denn Reifendichtmittel ermöglichen die Weiterfahrt bei einer Reifenpanne, wenn kein Reserverad an Bord ist.
Kurzfristige Hilfe bei plattem Reifen
Nur bis zur nächsten Werkstatt fahren
Test: Wie gut Pannensprays wirklich sind
Pannenset statt Reserverad

Seit einigen Jahren haben die meisten neuen Autos ab Werk statt eines vollwertigen Reserverads oder eines so genannten Notrades nur noch ein Reifenpannenset im Kofferraum.
Vorteil: Es lässt sich gut im Auto verstauen und benötigt weniger Platz als ein Ersatz- oder Notrad. Ein Pannenset wiegt zudem deutlich weniger als ein Ersatzrad und erhöht damit nicht den Kraftstoffverbrauch.
Nachteil: Wer bei einer Panne seinen Reifen mit einem Reifendichtmittel befüllt, kann nur eine kurze Strecke weiterfahren. Wenn der provisorisch abgedichtete Reifen die Luft zuverlässig hält, darf mit dem geflickten Reifen zumindest vorsichtig bis zur nächsten Werkstatt gefahren werden.
Reifenpannenset vs. Reifenspray

Reifenpannensets sind relativ komfortabel in der Handhabung, aber sie sind auch die teuerste Alternative zum Reserverad. Denn zusätzlich zur Reparaturflüssigkeit benötigen sie einen Kompressor zur Befüllung des platten Reifens bis zum korrekten Reifendruck. Kostenpunkt für ein Pannenset: Zwischen 40 und 50 Euro. Allerdings sind auch Reparaturen mit einem Pannenset keine Dauerlösung.
Der beschädigte Reifen muss nämlich in jedem Fall trotzdem so schnell wie möglich durch einen neuen Reifen ersetzt werden.
Außerdem funktioniert das Reifendichtmittel nur bei einer undichten Stelle in der Lauffläche des Reifens. Diese darf auch nicht größer als 4 bis 5 Millimeter im Durchmesser sein, denn größere Beschädigungen am Reifen wie eine Ablösung der Lauffläche, Risse oder auch undichte Ventile lassen sich mit Reifendichtmittel nicht beheben. Dann hilft nur der Griff zum Reserverad oder ein Anruf bei der ADAC Pannenhilfe.
Reifensprays sind wesentlich günstiger als Pannensets und an Tankstellen oder in Baumärkten erhältlich. Im Gegensatz zum Pannenset wird die Reparaturflüssigkeit dabei mit einer Gasdruckflasche in den beschädigten Reifen eingebracht. Gleichzeitig wird so der nötige Reifendruck für die Weiterfahrt hergestellt.
Nachteil der Sprühflaschen: Die Anwendung des Reifendichtmittels erfordert oftmals hohen Kraftaufwand, einige der Produkte sind nur bis zur einer Reifengröße von 16 Zoll geeignet und der maximale Luftdruck nach der Anwendung beträgt oft nur 1,5 bar. Außerdem sind einige Produkte nicht für Autos mit direktem Reifendruckkontrollsystem geeignet, da das Reifendichtmittel deren fest verbaute Sensoren beschädigen kann.
Sprays und Reifenpannensets im Test
Der Touring Club Schweiz (TCS) hat 2024 verschiedene Reifendichtmittel verglichen. Zwei Produkte mit Füllflüssigkeit und Kompressor und drei Reifenpannensprays mit Gasdruckflaschen. Dabei konnten die getesteten Reifendichtmittel die Anforderungen zur Behebung einer Reifenpanne an einem Pkw nicht vollständig erfüllen.
Die Sprays (ohne Kompressor) erreichten den geforderten minimalen Reifendruck von 1,5 bar. Allerdings fehlt bei den Reifensprays ein Druckmanometer, das über den Reifendruck informiert.
Die Reparatur des Reifens ist einfach durchzuführen, es besteht jedoch bei allen Produkten eine Verschmutzungsgefahr von Händen, Felgen und Boden.
Wenn man die Preise der originalen Pannensets der Autohersteller mit Reifendichtmitteln aus dem Baumarkt oder von der Tankstelle vergleicht, dann fällt auf, dass man für die Originalteile deutlich mehr bezahlen muss. Mehr zu den Erfahrungen der Tester mit den verschiedenen Produkten lesen Sie in der Bildergalerie.

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Pannensets: Ablaufdatum und Folgekosten

Reifenpannensets haben ähnlich wie Kfz-Verbandskästen ein Ablaufdatum. Wer sich vor dem Ablauf selbst um Ersatz kümmert, kann unter Umständen Geld sparen. Denn wenn die Autowerkstatt im Rahmen einer Inspektion das abgelaufene Reifenpannenset durch ein Originalprodukt des Herstellers ersetzt, ist das in der Regel teurer. Ebenfalls kostspielig ist die Reinigung der Felge nach der Anwendung von Reifendichtmitteln.
Beim Ersatz des Reifens stellen einige Werkstattbetreiber die Kosten für die Reinigung der Felge in Rechnung, manche Werkstätten lehnen in solchen Fällen die Montage eines neuen Reifens sogar generell ab.
Wichtig zu wissen: Wenn ein Reifen mit Reifendichtmittel behandelt wurde, ist eine professionelle Reifenreparatur selbst durch eine qualifizierte Fachwerkstatt nicht mehr erlaubt.
Tipps zur Reparatur mit Reifenpannenset
Undichte Stelle suchen
Hat ein Gegenstand den Reifen beschädigt, sollte er meist im Reifen bleiben und nicht herausgezogen werden. Ausnahme: Der Pannenset-Hersteller sieht es vor
Auto so bewegen, dass das Reifenventil unten ist
Ventilkappe abnehmen und Ventileinsatz mit beiliegendem Spezialwerkzeug ausschrauben
Reifenreparaturset mit Kompressor, Dichtmittelflasche und Schlauch zum Befüllen nach Vorgabe vorbereiten
Kompressor an 12-Volt-Bordsteckdose anschließen, Motor starten
Dichtmittel in Reifen einfüllen
Herausgedrehten Ventileinsatz wieder einschrauben
Bei laufendem Motor mit Kompressor den geforderten Fülldruck herstellen. Meist steigt er zunächst stark an, um später auf den echten Reifendruck abzufallen
Bei korrektem Reifendruck Kompressor abschalten, Schläuche vom Ventil abnehmen
Stromversorgung für Kompressor aus Steckdose abziehen
Reifenpannenset wieder verstauen
Vorsichtig, aber zügig losfahren
Maximale Geschwindigkeit laut Herstellervorgabe (meist 80 km/h) einhalten
Fülldruck im Reifen nach einigen Kilometern kontrollieren
Nur bis zur nächsten Werkstatt fahren
Grundsätzlich gelten die Beschreibungen in der Bedienungsanleitung des Fahrzeugs. Diese Hinweise sind unbedingt zu beachten.
Notlaufreifen als Alternative
Wer mit Notlauf-Reifen – auch Run-Flat-Reifen genannt – unterwegs ist, braucht kein Reifendichtmittel und kann bei einem Luftverlust vorsichtig weiterfahren. Allerdings sollte man auch mit diesen Reifen nicht schneller als 80 km/h und höchstens 80 Kilometer weit fahren. Autofahrende müssen auch hier in jedem Fall die Herstellerangaben beachten. Eine Weiterfahrt bis zur nächsten Werkstatt ist aber möglich.
Fachliche Beratung: Ruprecht Müller, Matthias Zimmermann, Felix Henning / ADAC Technik Zentrum