Wie alt dürfen neue Reifen sein?

Autoreifen in einer Reihe
Manchmal sind Neureifen bis zum Verkauf schon etwas länger eingelagert© iStock.com/cihatatceken

Wer einen Neureifen kauft, erhält oft Exemplare mit einem älteren Produktionsdatum. Doch wie weit darf das zurückliegen? Und muss man das akzeptieren? Denn auch Reifen altern und verlieren Leistung. Die Reifenexperten des ADAC geben Antworten.

  • Es gibt keine gesetzlichen Vorschriften zum Reifenalter

  • Aber: Neureifen sollten nicht älter als zwei Jahre sein

  • ADAC Test zeigt: Alterung verändert die technischen Eigenschaften 

Wer ein neues Produkt kauft, geht davon aus, dass es "zeitnah" hergestellt wurde. Doch bei Reifen ist das nicht immer der Fall: Die Vielzahl der Reifendimensionen und -spezifikationen zwingt die Hersteller und den Handel zu rationeller Fertigung und Lagerhaltung. Und das hat zur Folge, dass auch gut abgelagerte Reifen über den Tresen gehen. Muss man das akzeptieren? Wie weit darf das Produktionsdatum zurückliegen? Und werden Reifen im Lauf der Zeit schlechter?

Eine gesetzliche Grundlage zum Alter von Reifen gibt es nicht  weder für den Neukauf noch in puncto Dauerhaltbarkeit. Der Gesetzgeber in Deutschland und Europa regelt lediglich die Mindestprofiltiefe (1,6 mm). 

So erkennen Sie das Reifenalter

Reifenkennzeichnung
Produziert in der 10. KW 2019© ADAC e.V.

Wann ein Reifen hergestellt wurde, erkennt der Autofahrer auf der Reifenflanke: Das Alter ist mehrheitlich nur an einer Seitenwand des Reifens als vierstellige Ziffernfolge meist in der DOT-Nummer eingeprägt. Die vollständige DOT-Nummer besteht aus drei Blöcken mit jeweils vier Zeichen. Für das Herstellungsdatum relevant ist der dritte und letzte Ziffernblock. Er steht meist etwas abgesetzt in einem Oval. Die ersten zwei Ziffern stehen für die Produktionswoche, die letzten zwei für das Herstellungsjahr. In unserem Bild bedeutet die Ziffernfolge 1019: 10. Produktionswoche im Jahr 2019. 

Der Reifen wäre vor 4 Jahren hergestellt – aus Sicht des ADAC zu alt für einen Verkauf als Neureifen. Denn Tatsache ist: Frischer Gummi greift am besten. Und Untersuchungen des ADAC mit ungenutzten Neureifen unterschiedlichen Alters haben gezeigt, dass sich die technischen Eigenschaften über die Jahre negativ verändern können.

Physik und Chemie: Warum Reifen altern

Denn Reifen altern aufgrund physikalischer und chemischer Prozesse beispielsweise durch Witterungseinflüsse wie UV-Licht, Feuchtigkeit sowie extrem hohe oder niedrige Temperaturen. Besonders schädlich ist auch z.B. ozonhaltige Atmosphäre. Sowohl Elastizität als auch Haftfähigkeit des Reifens verändert sich – und das gilt genauso für nicht oder wenig benutzte Reifen.

Deshalb ist es wichtig, beim Neukauf darauf zu achten, dass die Reifen möglichst jung sind. Natürlich kann es vorkommen, dass ein Reifen nicht erst in den letzten Monaten hergestellt wurde. Doch älter als zwei Jahre sollte kein Neureifen sein – darauf können Sie schon bei der Auftragsvergabe hinweisen.

Reifenalter: (Fast) keine gesetzlichen Vorschriften

Kunde betrachtet Reifen
Der Kunde weiß nicht, ob die Reifen fachgerecht gelagert wurden © Fotolia/Igor Kardasov

Dass Reifen öfter mal länger lagern, begründet der Reifenhandel damit, dass nur so die Verfügbarkeit der Reifen für den Autofahrer sichergestellt werden kann. Denn der Markt ist aufgrund der Vielfalt bei den Reifengrößen, den unterschiedlichen Varianten und Spezifikationen sehr komplex. Und die Reifenhersteller argumentieren, dass nur eine Produktion in hohen Stückzahlen eine wirtschaftliche Fertigung ermöglicht, was sich dann positiv auf den Preis auswirkt. 

Eine allgemein gültige Rechtsvorschrift zum Reifenalter existiert allerdings nicht. Obwohl es sich um sicherheitsrelevante Fahrzeugteile handelt, sucht der Verbraucher ein Mindesthaltbarkeitsdatum wie bei Lebens- oder Arzneimittel auf Reifen vergebens.

Eine spezielle gesetzliche Vorgabe zum Thema Reifenalter gibt es übrigens doch: Reifen für Anhänger und Wohnwagen, die bis 100 km/h zugelassen sind, müssen ab einem Alter von 6 Jahren ersetzt werden.

Alles rund um Reifen: Hier sparen ADAC Mitglieder

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BRV: "Drei Jahre alte Reifen sind fabrikneu"

Der Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk e.V. (BRV) kann deshalb Neureifen für seine Klientel besonders freundlich definieren: "Unter der Voraussetzung einer sach- und fachgerechten Lagerung gilt ein Reifen bis zu einem Alter von 3 Jahren als fabrikneu und bis zu maximal 5 Jahren als neu. Bei ungebrauchten Reifen, die nicht älter als 5 Jahre sind, sind Kauf und Montage technisch unbedenklich. Allerdings haben sie dann nur eine begrenzte Nutzungsdauer." Der Verband empfiehlt, Reifen nach zehn Jahren durch neue zu ersetzen.

Ihr Problem als Reifenkäufer: Wissen Sie, ob der Reifen tatsächlich "sach- und fachgerecht" gelagert wurde?

Unser Tipp: Gehen Sie also schon bei der Auftragserteilung mit der 2-Jahres-Vorgabe auf Nummer sicher und lassen Sie das maximale Reifenalter von zwei Jahren verbindlich festhalten.

ADAC Test: Alte Reifen verlieren Grip

Vorderreifen eines roten Autos
Das Profil kann auch bei zu alten Reifen noch bestens sein© PantherMedia/Christian Kellner

Im Rahmen einer ADAC Untersuchung wurden je fünf Sommer- und Winterreifen, frisch produziert, mit ihren drei Jahre alten unbenutzten Gegenstücken verglichen, die quasi im Lager alt werden durften. Die Testingenieure prüften das Bremsverhalten auf Nässe, den Rollwiderstand sowie (Winterreifen) das Verhalten auf Schnee. Hierbei zeigte sich, dass sich die technischen Eigenschaften im Laufe der Jahre negativ verändern können – das gilt natürlich auch für Reifen, die im täglichen Alltagsbetrieb fahren, und insbesondere für den Grip von Winterreifen. Hintergrund: Die Gummimischung des Reifens härtet über die Zeit aus, was vor allem Grip und Bremsweg bei Nässe verschlechtert.

ADAC Empfehlung: Zehn Jahre sind genug

Der Einfluss der Alterung wurde bei Winterreifen besonders deutlich, weil die auch bei tiefen Temperaturen "weich" bleiben müssen. Sie büßen bereits ab ca. sechs Jahren einen Teil ihrer Wintereigenschaften ein, weshalb wir von einer Nutzung von Winterreifen, die älter als acht Jahre sind, abraten. Sommerreifen sollten nicht älter als acht bis zehn Jahre sein.

Pkw-Reifen sollten also generell nur bis zu einem Alter von zehn Jahren genutzt werden. Besonders bei Fahrzeugen, die regelmäßig auf Winterreifen umgerüstet werden, bei Zweitwagen mit niedriger Jahresfahrleistung und auch bei Liebhaberfahrzeugen bzw. Fahrzeugen mit Saisonkennzeichen müssen die Reifen dann oft nicht wegen des Verschleißes, sondern einfach aus Altersgründen ersetzt werden.

Nachkauf beim Reifenschaden

Probleme kann es geben, wenn ein kaputter Reifen ersetzt werden muss. Für einen beispielsweise sieben Jahre alten, defekten Reifen ist es schwierig, einen "passenden" Ersatz, also einen baugleichen Reifen zu bekommen. Dann müssen gleich zwei neue Reifen gekauft werden. Denn der ADAC empfiehlt aus Sicherheitsgründen dringend, mindestens auf einer Achse gleiche Reifen zu fahren!

Die Meinung der Reifenhersteller

Rene Siebeneicher
© Privat

Interview mit René Siebeneicher, Ingenieur beim technischen Kundendienst des Reifenherstellers Continental. Er erklärt den chemischen Prozess der Reifenalterung, warum der Kunde nicht immer fabrikfrische Ware bekommen kann und wie die Art der Lagerung den Alterungsprozess beeinflusst. Sein Fazit: "Längere Lagerungszeiten stellen die Verfügbarkeit der Reifen sicher".