Schutz vor Straßenverkehrslärm: So geht's
Lauter Straßenverkehr belastet viele Anwohner. Die größten Lärmquellen sind Motoren, Reifen und Fahrbahnen. Doch es gibt Maßnahmen, die zum Lärmschutz beitragen können.
Jeder Vierte ist tagsüber von Lärm betroffen
Verordnungen legen Grenzwerte fest
Lärmschutzwälle und -wälle helfen Anwohnern
Rund 20 Millionen Menschen betroffen
Straßenverkehrslärm stört oder beeinträchtigt viele Millionen Deutsche und kann weitreichende Auswirkungen auf die Gesundheit haben: Er beeinträchtigt die Lebensqualität, kann Herz-Kreislauf-Erkrankungen verschlimmern oder auslösen, zu Schlafstörungen und mentalen Erkrankungen führen.
Die Lärmkartierung des Umweltbundesamtes fand zuletzt 2022 statt. Demnach waren rund um Hauptverkehrsstrecken (Straße und Schiene) und Großflughäfen sowie in Ballungsräumen tagsüber rund 20,1 Millionen Menschen – 24.2 Prozent der Bevölkerung – einem Verkehrslärm von mehr als 55 dB(A) (Dezibel) ausgesetzt. Dieser Wert ist einem Fernseher in Zimmerlautstärke vergleichbar. Nachts waren etwa 13,6 Millionen – 16,4 Prozent – von gesundheitsschädlichem Verkehrslärm über 50 Dezibel betroffen.
Wie Verkehrslärm entsteht
Das Ausmaß des Lärms wird vor allem durch Verkehrsaufkommen und Lärmemissionen der Fahrzeuge bestimmt. Dazu kommt das Verhalten der Fahrer, besonders hohe Geschwindigkeiten und Motordrehzahlen. Eine weitere wichtige Größe ist, wie sich der Schall ausbreiten kann.
Die von den Fahrzeugen ausgehenden Geräusche sind hauptsächlich der Motor, Ansaug- und Abgastrakt, Getriebe und insbesondere auch das Reifen-Fahrbahn-Geräusch. So erzeugt ein grobes Pflaster um sechs bis zehn Dezibel höhere Pegel als ein glatter Gussasphaltbelag.
Der Aufschwung der Elektromobilität dürfte weitere positive Effekte bringen. Zumindest bei niedrigen Geschwindigkeiten und im innerstädtischen Verkehr.
Diese Richtlinien gibt es
Die Umgebungslärm-Richtlinie 2002/49/EG der EU behandelt "unerwünschte oder gesundheitsschädliche
Geräusche im Freien, die durch Aktivitäten von
Menschen verursacht werden, einschließlich des Lärms, der
von Verkehrsmitteln, Straßenverkehr, Eisenbahnverkehr,
Flugverkehr
... ausgeht".
Mit der Richtlinie existiert zwar eine gesetzliche Grundlage, um die wichtigsten Lärmquellen in Europa zu reduzieren. Definitive Grenzwerte gibt sie aber nicht vor, auch für den Begriff "gesundheitsschädliche Auswirkungen" liegt keine klare Definition vor. Zur Umsetzung in deutsches Recht wurde das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) um einen sechsten Teil ergänzt, die Lärmminderungsplanung. Diese definiert als sogenannten Umgebungslärm belästigende oder gesundheitsschädliche Geräusche im Freien, die durch menschliche Aktivitäten von Menschen verursacht werden, einschließlich des Lärms von Verkehrsmitteln, Straßen-, Eisenbahn- und Flugverkehr. Ausgenommen ist Lärm, den die betroffenen Personen selbst oder Tätigkeiten innerhalb von Wohnungen verursachen, Nachbarschaftslärm, solcher am Arbeitsplatz und in Verkehrsmitteln.
Die Lärmminderungsplanung verpflichtet die zuständigen Behörden, alle fünf Jahre Lärmkarten für Ballungsräume mit mehr als 100.000 Einwohnern sowie für Hauptverkehrsstraßen mit einem Verkehrsaufkommen von über drei Millionen Kraftfahrzeugen pro Jahr auszuarbeiten. Außerdem müssen sie Lärmaktionspläne aufstellen, die Probleme und Auswirkungen regeln.
In konkretes deutsches Recht wird die europäische Richtlinie in Rechtsverordnungen der Bundesregierung umgesetzt. Sie definieren Lärmindizes, bewerten gesundheitsschädliche Auswirkungen, informieren die Öffentlichkeit über Karten und Pläne und ermitteln Kriterien für konkrete Maßnahmen. Ein Beispiel ist die Verkehrslärmschutzverordnung, die für Wohngebiete Immissionsgrenzwerte von tagsüber 59 Dezibel und nachts 49 Dezibel festlegt.
Welche Lärmschutzmaßnahmen helfen
Wer Verkehrslärm verringern will, muss an vielen Punkten ansetzen. Dieses Ziel lässt sich nur durch eine Vielzahl aufeinander abgestimmter Einzelinstrumente – von der Fahrzeugtechnik bis zur Verkehrsplanung – erreichen. Im technischen Bereich ist es nicht nur der Motor, der Krach macht – und gerade auch Reifen und Fahrbahn erzeugen Geräusche. Das Abrollen der Reifen wird ab etwa 30 km/h als entscheidende Geräuschquelle von Autos wahrgenommen.
Der ADAC unterstützt alle Maßnahmen, die zu einer wirkungsvollen Verringerung von Straßenverkehrslärm führen:
Abhilfe bringt beispielsweise der Einsatz lärmarmer Reifen und Fahrbahnoberflächen, da beim Abrollen des Reifens auf der Fahrbahn ein Großteil des vom Verkehr erzeugten Lärms entsteht. Seit 2012 muss auch die Geräuschklassifizierung von Reifen auf einem Label angeben werden, sodass Verbraucherinnen und Verbraucher beim Kauf sehen, welche Umwelteigenschaften sie haben. Dabei geht es um eine Bandbreite von immerhin drei bis vier Dezibel.
Auf Autobahnen kann durch offenporige Fahrbahnbeläge der Geräuschpegel reduziert werden, auch innerorts können lärmarme Straßenbeläge zu einer Verbesserung führen. Mit einem moderneren geräuschmindernden Straßenbelag ist eine Lärmreduktion um bis zu 8 Dezibel erreichbar.
Bei der Typzulassung neuer Fahrzeugmodelle sowie von Anbauteilen (wie Sportauspuffanlagen) sollte eine strengere und realitätsnähere Lärmprüfung vorgenommen werden. Will ein Hersteller zum Beispiel ein neues Modell auf den Markt bringen, muss er zuvor mit einem Prototyp nachweisen, dass er den Geräuschgrenzwert einhält.
Auch verkehrsplanerische und bauliche Maßnahmen führen zu Lärmminderung:
Mit Abschirmung durch Schallschutzwände und -wälle, Überdeckungen und Einhausungen ist eine Lärmminderung von 5 bis 15 Dezibel zu erzielen. Zum Lärmschutz bestehender Wohngebiete eignen sich besonders gläserne Lärmschutzwände, die sich ins Stadtbild einfügen.
Auch mit gut geplanter Verkehrsführung ist viel zu erreichen, so ADAC Verkehrsexperte Christian Laberer: "Der Straßenverkehr sollte auf Hauptverkehrsstraßen gebündelt werden, in Wohngebieten sollte die Verkehrsmenge niedrig sein. Denn gleichmäßig fließender Verkehr erzeugt weniger Lärm als häufig abbremsende und wieder anfahrende Fahrzeuge."
Lärmmindernd wirken sich auch eine intelligente Flächennutzungs- und Bebauungsplanung aus. So sollten an stark befahrenen Hauptstraßen keine Wohnanlagen, sondern Gewerbegebiete errichtet werden.
Das Beispiel Motorradlärm
In manchen Gemeinden, deren Umgebung viele Kurven, schnelle Passagen und schöne Landschaften bietet, ist Motorradlärm ein großes Problem. Meist tritt es am Ende einer geschlossenen Ortschaft auf, wo manche Biker abrupt bis zum Tempolimit von 100 km/h auf Landstraßen beschleunigen. Dann kann eine Maschine – das zeigt eine Messung des Umweltbundesamts – bis zu 26 Dezibel lauter sein. Das liegt deutlich über dem Grenzwert und entspricht der Lautstärke einer Gruppe von 100 Bikern.
Streckensperrungen würden auch den Großteil der Motorradfahrerinnen und -fahrer treffen, die sich rücksichtsvoll verhalten. Sinnvoller sind daher gezielte Kontrollen und die Ahndung von Verstößen, etwa manipulierte Auspuffanlagen. Präventiv will der ADAC Biker dafür sensibilisieren, Rücksicht auf lärmgeplagte Anwohner zu nehmen. Durch weniger Gas geben und niedrigere Drehzahl kann er oder sie die Lautstärke der Maschine reduzieren.
Kernstück der ADAC Aktion "Leise kommt an." sind Hinweistafeln, auf denen zum Beispiel "Bitte nicht röööhren" steht. 20 verschiedene Motive stellen die ADAC Regionalclubs interessierten Kommunen gratis zur Verfügung. Dazu kommen Lärmdisplays, auf denen die Biker in Echtzeit sehen, ob ihre Fahrweise eine erhöhte Lärmbelastung verursacht.