ADAC Mobilitätsindex: Sachsen

Panorama von Dresden und der Elbe
Wirtschaftsmetropole und Touristen-Mekka: Die sächsische Landeshauptstadt Dresden© Shutterstock/Andres Garcia Martin

Weniger Unfalltote, viele Baustellen: Was ist in Sachsen besser, was schlechter geworden? Die Antworten im ADAC Mobilitätsindex.

  • Die Zahl der Unfalltoten ging deutlich zurück

  • Geringere Schadstoffausstöße als im Bundesdurchschnitt

  • Zuverlässigkeit leidet unter Baustellen im Straßennetz

Der Freistaat Sachsen ist ein eher kleines Flächenland, liegt bei der Bevölkerungsdichte aber im Mittelfeld der Bundesländer. Dies lässt sich vor allem mit den wachsenden Großstädten Dresden und Leipzig erklären. Deren Aufschwung wirkt sich auch auf das Umland aus.

Hoher Altersdurchschnitt, wenig Abwanderung

In Sachsen leben etwas mehr als vier Millionen Menschen, die Abwanderung in den meisten Regionen ist gering. In den nördlichen und östlichen Randgebieten ist das Bundesland dünn besiedelt. Insbesondere dort hinterlässt auch der demografische Wandel deutliche Spuren: Kein anderes Bundesland hat einen höheren Altersdurchschnitt.

Die wichtigsten Zahlen und Fakten

Die A4 ist Sachsens wichtigste überregionale Verkehrsachse in West-Ost-Richtung und hat auch bundesweite Bedeutung. Zudem wurde in den letzten Jahren der Autobahnausbau rund um das Dreieck Leipzig, Chemnitz und Dresden vorangetrieben. Die Verbindung in die tschechische Hauptstadt Prag von Dresden aus stellt die A17 her.

Zahlreiche weitere regionale und nationale Verkehrsprojekte werden derzeit entwickelt, insbesondere im Schienenverkehr. So soll die Bahnlinie zwischen Berlin und Dresden bis 2028 für Tempo 200 ausgebaut werden. In Planung ist auch eine Hochgeschwindigkeitstrasse von Dresden nach Prag, der Trassenverlauf soll 2024 stehen.

Allerdings wird es noch dauern, bis Polen und Tschechien so gut mit Sachsen verbunden sind wie etwa die Niederlande mit NRW. Zudem verfügt Sachsen lediglich über sechs Bahnhöfe für den Fernverkehr – und im Durchschnitt wohnen die Menschen auch noch weiter von diesen Bahnhöfen entfernt als irgendwo anders im Bundesgebiet.

Im internationalen Luftverkehr ist der Flughafen Leipzig/Halle für den Personenverkehr und noch mehr wegen seines hohen Frachtumschlags von Bedeutung.

Geringe Pkw-Dichte, wenige Unfälle

Sachsen weist im Vergleich zum Bundesdurchschnitt ein niedriges Pro-Kopf-Einkommen auf – der Hauptgrund für die geringe Pkw-Dichte des Flächenlands. Bei Verkehrsunfällen, Energieverbrauch und Emissionen hingegen erreicht Sachsen im Bundesvergleich überdurchschnittlich gute Werte. Auch bei der Stauintensität liegt Sachsen im Mittelfeld der Flächenländer. Vor allem die überregionalen Verkehrsverbindungen sind allerdings durch den Pendelverkehr zwischen den größeren Städten stark beansprucht.

Die Belastungen durch Stickstoffdioxid sowie der Ausstoß von CO₂ liegen in Sachsen weit unter dem Bundesdurchschnitt.

Entwicklung Mobilitätsindex in Sachsen

Bei der nachhaltigen Mobilität war in Sachsen – analog zur ganzen Republik – eine positive Entwicklung zu beobachten. Das liegt allerdings, wiederum wie im Rest des Landes, vor allem an der Corona-Pandemie und den auf sie zurückzuführenden Verkehrsbeschränkungen.

Eine im Bundesvergleich untypische Entwicklung ist bei der Zuverlässigkeit des Verkehrs zu beobachten: Auf dem Höhepunkt der Pandemie im Jahr 2020 stieg sie zwar an, stürzte aber schon 2021 wieder dramatisch ab. Das dürfte vor allem am hohen Verkehrsaufkommen in den Sommermonaten und vielen Baustellen gelegen haben.

Die Verkehrssicherheit in Sachsen stieg 2020 und 2021 deutlich, ebenfalls als Folge der Pandemie-Beschränkungen. Aller Voraussicht nach wird sich dieser Trend wieder umkehren und erneut auf den Entwicklungspfad vor 2020 einschwenken.

Die Stagnation im Landesindex Sachsen ist nicht zufriedenstellend. In den kommenden Jahren muss die gute Position bei der Verkehrssicherheit erhalten werden. Die Zuverlässigkeit im Straßenverkehr ist trotz anstehender Baumaßnahmen im Fernstraßennetz zu erhöhen. Durch die geplante Reaktivierung von Bahnstrecken ist das ÖV-Angebot zu verbessern.

Helmut Büschke, Vorstandsmitglied für Verkehr und Technik, ADAC Sachsen e.V.

Die Situation bei Klima und Umwelt verbesserte sich während der Pandemiejahre sogar deutlich stärker als im Bundesvergleich. Sowohl die CO₂-Emissionen im Verkehr als auch der Energieverbrauch sanken erheblich. Die Stickstoffdioxid-Belastung ging um 42 Prozent zurück.

Die Verfügbarkeit von Mobilität entwickelte sich dagegen weniger positiv als in den anderen Bundesländern. In erster Linie ist das auf den – wohl vorübergehenden – Rückgang der Flugbewegungen am Leipziger Airport zurückzuführen.

Außerdem schrumpft das ÖPNV-Angebot schon seit 2015, dieser Trend setzte sich, wenn auch in abgeschwächter Form, 2020 und 2021 fort – besonders auf der Schiene. Daran konnte auch die bessere Anbindung der Region durch die ICE-Trasse München – Leipzig – Berlin nichts ändern.

Ausblick

In Sachsen kommt es in den nächsten Jahren darauf an, in den Ballungsräumen den ÖPNV auszubauen – sowohl regional als auch überregional. In den dünn besiedelten ländlichen Gebieten ist dieses Ziel aber nur schwer zu erreichen. Zumal Bahnstrecken dort erheblich zurückgebaut wurden und die Kundenzahlen sinken. Ein Gutachten der sächsischen Staatsregierung identifizierte 2021 zwar 21 Strecken, die für eine Reaktivierung* infrage kommen. Personalmangel und unklare Finanzierung machen eine Umsetzung dieser Pläne in absehbarer Zeit aber eher unwahrscheinlich.

Eine Alternative ist die Stärkung des elektrischen Individualverkehrs. Dazu beitragen können Förderangebote sowie der Auf- und Ausbau der öffentlichen Ladestruktur.

Alle Bundesländer in der Übersicht

Der ADAC Mobilitätsindex ist eine Kennzahl, zu der mehrere Kenngrößen verdichtet wurden. Insgesamt wurden dafür 1535 individuelle statistische Merkmale erfasst, das entspricht über 143.000 individuellen Datenreihen. Alle Daten sind zu fünf Bewertungsdimensionen zusammengefasst: Verfügbarkeit, Verkehrssicherheit, Zuverlässigkeit, Bezahlbarkeit sowie Klima und Umwelt. Diese Bewertungsdimensionen bestehen wiederum aus mehreren Leitindikatoren. Sowohl Bewertungsdimensionen als auch die Indikatoren wurden im Juni 2021 vom ADAC Verkehrsausschuss und vom ADAC Arbeitskreis Verkehr und Umwelt in ihrer Bedeutung gewichtet und fließen damit in unterschiedlicher Stärke in den ADAC Mobilitätsindex ein.

Das Ergebnis des ADAC Mobilitätsindex wird in einer einzigen Zahl ausgedrückt. Dieser Wert ermöglicht Rückschlüsse darauf, wie sich die Nachhaltigkeit der Mobilität seit dem Index-Basisjahr 2015 verbessert oder verschlechtert hat. Da das Bezugsjahr dieser Veröffentlichung 2021 ist, sind Aussagen darüber möglich, wie sich die Nachhaltigkeit der Mobilität im gesamten sowie in den untergeordneten Dimensionen von 2015 bis 2021 verändert hat.

Der Großteil der Daten für den Mobilitätsindex stammt aus öffentlich zugänglichen Statistiken etwa des Bundesamts für Statistik (DESTATIS), des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), des Bundes-Verkehrsministeriums und des Kraftfahrt-Bundesamts. Insgesamt wurden mehr als 1500 Datensätze recherchiert und für die Bildung der Indikatoren sowie die Analyse und die Erläuterung der aufgezeigten Entwicklungen herangezogen.

Die Entwicklung erfolgte in mehreren und aufeinander aufbauenden Schritten. Zunächst wurde definiert, welche Inhalte durch den Index abgebildet und zusammengefasst werden sollen, bevor daraus die notwendigen Bewertungsdimensionen abgeleitet wurden. In den nächsten Schritten wurden Daten recherchiert und ihre Qualität geprüft, bevor über ihre Zusammenstellung und Gewichtung entschieden wurde. Abschließend wurden mehrere Qualitätsprüfungen durchgeführt.

Zwischen den einzelnen Bewertungsdimensionen können Zielkonflikte herrschen. So führen eine hohe Zuverlässigkeit und eine hohe Verfügbarkeit möglicherweise zu erhöhten Schadstoffausstößen, die dann die Entwicklung der Bewertungsdimension Klima und Umwelt negativ beeinflussen. Durch die Gewichtung können die Erwartungen an die Entwicklung der Dimensionen berücksichtigt werden. Das heißt, dass die Relevanz der einzelnen Dimensionen gegeneinander abgewogen wird, um unerwünschte Effekte von einzelnen Entwicklungen zu verringern.

Zur Ermittlung der unterschiedlichen Gewichte wurde ein Kreis von Expertinnen und Experten definiert, der sich aus den Mitgliedern des ADAC Verkehrsausschusses und dem ADAC Arbeitskreis für Verkehr und Umwelt zusammensetzte. Als Ergebnis dieses Prozesses wird die Verkehrssicherheit mit 30 Prozent am stärksten berücksichtigt, darauf folgen mit 25 Prozent Klima und Umwelt sowie mit jeweils 15 Prozent Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit und Bezahlbarkeit. Alle Infos zu den Methoden bei der Erarbeitung finden Sie auch auf den Seiten des Prognos Instituts.

Zum ersten Mal wurde der ADAC Mobilitätsindex 2022 veröffentlicht. Für die vorliegende Fortschreibung konnten Daten der Jahre 2015 bis 2021 ausgewertet werden, denn für diese Jahre gibt es den vollständigen Datenbestand für alle Index-Indikatoren. Für 2022 aber liegen beispielsweise noch nicht alle Statistiken der Ämter und anderer Datenquellen vor.

Mit dem ADAC Mobilitätsindex gibt es erstmalig eine wissenschaftlich basierte Grundlage, mit der die nachhaltige Entwicklung der Mobilität in Deutschland umfassend beobachtet und analysiert werden kann. Damit soll zur Versachlichung der in Politik und Gesellschaft kontrovers geführten Diskussionen zu diesem Thema beigetragen werden. Zugleich stellt sich der ADAC damit seiner gesellschaftlichen Verantwortung für Verkehrssicherheit, Klima und Umwelt sowie für die Zukunft der Mobilität.

Der ADAC ist überzeugt, mit dem Mobilitätsindex ein fundiertes und methodisch innovatives Instrument zur Bewertung der Nachhaltigkeit der Mobilität entwickelt zu haben. Wie bei jeder wissenschaftlichen Arbeit gibt es jedoch auch Punkte, die weiter optimiert werden können. Dazu gehören etwa die teilweise ausbaufähige Datenverfügbarkeit insbesondere auf der Kreisebene oder auch im Zeitverlauf. Bei verbesserter Verfügbarkeit der Daten – etwa vom Bundesamt für Statistik – kann der Index künftig potenziell weiter ausgebaut werden.

Mit der Entwicklung des ADAC Mobilitätsindex wurde die Prognos AG beauftragt. Prognos ist ein unabhängiges Wirtschaftsforschungsunternehmen mit Hauptsitz in Basel. Ziel war es, zusammen mit den Expertinnen und Experten des ADAC die Veränderung der Mobilität wissenschaftlich gesichert zu ermitteln und verständlich darzustellen.

Die vollständigen Ergebnisse des ADAC Mobilitätsindex und Details zu seiner Methodik finden Sie in diesem PDF zum Download:

Der ADAC Mobilitätsindex
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