ADAC Mobilitätsindex: Nordrhein-Westfalen

Industrieland NRW: In Duisburg befindet sich der größte Binnenhafen der Welt
Industrieland NRW: In Duisburg befindet sich der größte Binnenhafen der Welt© Shutterstock/Tupungato

Kein anderes Flächenland leidet so unter Staus, keines ist dichter besiedelt. Was ist in NRW besser, was schlechter geworden? Die Antworten im ADAC Mobilitätsindex.

  • Zahl der Verkehrstoten erneut gesunken

  • Mehr Sachschäden bei Verkehrsunfällen

  • ÖPNV- und Radwege-Angebot wird größer

Nordrhein-Westfalen hat die höchste Bevölkerungsdichte aller Flächenländer: Mit knapp 18 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern ist es das bevölkerungsreichste Bundesland und liegt flächenmäßig auf dem vierten Platz. Das Ruhrgebiet ist der größte Ballungsraum Deutschlands, im Norden von NRW gibt es dagegen sehr ländlich geprägte Regionen.

Die wichtigsten Zahlen und Fakten

Verkehrsdrehscheibe Deutschlands

So unterschiedlich wie die Siedlungsstruktur ist auch das Verkehrssystem in den verschiedenen Landesteilen von NRW. Mittelwerte zeichnen deshalb ein ungenaues Bild. So rangieren die Pkw-Besitzquote (579 Fahrzeuge/1000 Einwohner) und die durchschnittliche Pkw-Fahrleistung (10.851 km/Jahr) 2021 im Mittelfeld der Bundesländer, sie schwanken aber innerhalb des Bundeslands deutlich. Denn während in den Ballungsräumen der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) eine gute Erreichbarkeit auch ohne eigenes Auto garantiert, ist die Bevölkerung in den ländlichen Regionen auf das Auto angewiesen.

Die Fortschritte bei der Verfügbarkeit des ÖPNV sind zu gering, Gleiches gilt für die Zuverlässigkeit. Solange Bus und Bahn in den ländlichen Regionen keine wirkliche Alternative zum Auto darstellen und Mobilitätslücken nicht durch On-Demand-Angebote geschlossen sind, werden die Menschen dort nicht umsatteln.

Die Fortschritte bei der Verfügbarkeit des ÖPNV sind zu gering, Gleiches gilt für die Zuverlässigkeit. Solange Bus und Bahn in den ländlichen Regionen keine wirkliche Alternative zum Auto darstellen und Mobilitätslücken nicht durch On-Demand-Angebote geschlossen sind, werden die Menschen dort nicht umsatteln.

Roman Suthold, Leiter Fachbereich Verkehr und Umwelt, ADAC Nordrhein©ADAC Nordrhein/Johannes Giewald

Internationale Flughäfen wie Köln/Bonn und Düsseldorf und der weltweit größte Binnenhafen in Duisburg machen Nordrhein-Westfalen zu einer der zentralen Verkehrsdrehscheiben Deutschlands. Dank wichtiger Schienen- und Straßenverkehrsadern und einer zentralen Lage in der Mitte Europas ist das Bundesland außerdem ein bedeutender Transitraum.

Die Verkehrsachsen in Nord-Süd-Richtung und die enge Verflechtung mit Belgien und den Niederlanden im Westen sind Vor- und Nachteil zugleich. Einerseits garantieren sie weiten Teilen Nordrhein-Westfalens eine gute Erreichbarkeit: Unter den Flächenländern hat nur das Saarland einen höheren Autobahnanteil am Straßennetz. Andererseits wird auf diesen Autobahnen ein erheblicher überregionaler Durchgangsverkehr abgewickelt. Die Folge: Kein anderes Flächenland leidet so unter Stauereignissen wie NRW, fast ein Drittel aller Staus in Deutschland sind hier. 106.500 Stunden standen Autofahrende 2021 in NRW im Stau.

Die Situation wird sich angesichts von über 800 maroden Brücken auch in absehbarer Zeit nicht verbessern bzw. sich mittelfristig wegen notwendiger Bauarbeiten sogar verschlechtern. "Brücken sind die Achillesferse der Straßeninfrastruktur. Wenn in NRW nicht weiter massiv in ihre Erhaltung und Erneuerung investiert wird, dann droht ein Domino-Effekt, und eine nach der anderen muss für Lkw oder sogar Autos gesperrt werden", warnt Prof. Roman Suthold, Verkehrsexperte des ADAC in NRW.

Der grundsätzlich hohe Ausbaustandard der Bundesstraßen und Autobahnen trägt auch zur Verkehrssicherheit bei: Weil anteilig weniger Fahrten auf den besonders unfallanfälligen Landstraßen stattfinden, kommt es auch zu weniger schweren Unglücken. Insgesamt sterben in Nordrhein-Westfalen, bezogen auf die Bevölkerungszahl, wenige Menschen auf den Straßen.

Der ADAC Mobilitätsindex für NRW

Der Länderindex für Nordrhein-Westfalen entwickelte sich etwas schlechter als der Gesamtindex auf Bundesebene. Das zeigt der Wert von 109 im Jahr 2021. Die Mobilitätsstrukturen sind aber in Summe nachhaltiger geworden.

So sank die bereits am Anfang des Betrachtungszeitraums niedrige Zahl der Verkehrstoten noch stärker als im Bundesdurchschnitt – von 456 im Jahr 2019 auf 425 für 2021. Gleichzeitig erhöhte sich jedoch die Zahl der Verletzten auf 67.330. Die Unfallzahl in NRW stieg 2021 auf 580.907. Auch die Höhe der Sachschäden nahm zu: auf 5,38 Milliarden Euro. Maßgebliche Ursache ist die besonders hohe Verkehrsdichte in Nordrhein-Westfalen. Der Teilindikator Verkehrssicherheit mit dem Wert 110 für 2021 entwickelte sich deshalb im Vergleich zur Bundesebene nicht so positiv.

Die Verfügbarkeit von Mobilität mit dem Wert 103 im Jahr 2021 ist dagegen im Bundesvergleich weiter überdurchschnittlich. So haben die großen Verkehrsverbünde ihr Angebot im ÖPNV qualitativ aufgewertet und stärker in die Fläche ausgedehnt. Die Zeichen stehen gut, dass es so weitergeht: Bis 2032 stellt das Land zusätzliche Mittel bereit. Zugelegt hat Nordrhein-Westfalen erneut beim Carsharing-Angebot: 20 Fahrzeuge kamen 2021 auf 1000 Einwohner.

Im Bereich Klima und Umwelt lag der Indexwert 2021 bei 112. Trotz der wegen der Corona-Pandemie eingeschränkten Mobilität sanken die CO₂-Emissionen des Verkehrs (29.090 Tonnen) gegenüber 2019 (31.207) nur geringfügig. Der Energieverbrauch pro Einwohner stieg im Vergleich zu 2020 sogar leicht an.

Ausblick

Durch die hohe Verkehrsdichte auf den Autobahnen ist die nordrhein-westfälische Infrastruktur überlastet. Das erklärt auch die hohen Unfallzahlen und die vielen Staus.

Die positive Entwicklung bei der ÖPNV-Verfügbarkeit kann als Ausgangspunkt gesehen werden, die Treibhausgasemissionen deutlicher als zuletzt zu reduzieren. Deshalb mahnt Roman Suthold vom ADAC: "Um langfristige Erfolge beim Klimaschutz zu erzielen, braucht es eine Vielzahl an Maßnahmen: Der Ausbau von ÖPNV, Ladeinfrastruktur und Radschnellwegen als Alternative zum Verbrennerauto muss in NRW noch schneller voranschreiten."

In den ländlichen Regionen Nordrhein-Westfalens ist der ÖPNV dagegen in seiner jetzigen Form aus Sicht des ADAC weder zeitlich noch wirtschaftlich eine Alternative zum privaten Pkw. Dort braucht es vor allem mehr bedarfsorientierte Angebote (On-Demand), um Lücken in der Mobilitätskette zu schließen und damit verschiedene Verkehrsmittel besser miteinander zu vernetzen. Außerdem wird es in ländlichen Regionen aus Klimasicht entscheidend sein, die Elektrifizierung des Pkw-Bestands voranzutreiben.

Alle Bundesländer in der Übersicht

Alle Ergebnisse des ADAC Mobilitätsindex

Die vollständigen Ergebnisse des ADAC Mobilitätsindex und Details zu seiner Methodik finden Sie in diesem PDF zum Download:

Der ADAC Mobilitätsindex
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