ADAC Mobilitätsindex: Bremen
Pünktlichere Züge, längere Staus: Was ist in Bremen besser, was schlechter geworden? Die Antworten im ADAC Mobilitätsindex.
Die meisten Unfälle, aber die wenigsten Toten
Die Züge fahren pünktlicher
Staus werden immer länger
Die Freie Hansestadt Bremen ist in Sachen Fläche und Einwohnerzahl das kleinste Bundesland Deutschlands. Der Stadtstaat besteht aus den Städten Bremen und Bremerhaven, die durch einen "niedersächsischen Korridor" voneinander getrennt sind. Zusammen mit den angrenzenden Gemeinden Niedersachsens bilden sie eine eng verflochtene Metropolregion.
Mobil im kleinsten Bundesland
Allerdings unterscheiden sich die beiden Städte in der Bevölkerungs- und Wirtschaftsstruktur zum Teil deutlich. Dazu kommt die geografische Lage: Bremerhaven liegt an der Küste, Bremen im Binnenland. Die Kennzahlen für das Bundesland Bremen sind daher immer ein Zusammenspiel aus den Daten beider Städte.
Die wichtigsten Zahlen und Fakten
Bremen und Bremerhaven bilden – bei jeweils eigener wirtschaftlicher Ausrichtung – einen gemeinsamen Wirtschaftsraum. In Bremerhaven herrscht eine maritime Wirtschaft vor, während Bremen ein Wissenschafts- und Dienstleistungsstandort ist. Die Verkehrsverbindungen zwischen den Städten sind gut ausgebaut.
Abgesehen von der Weser als bedeutender Verkehrsader für den Güterverkehr ist die Hauptverbindungsachse die Autobahn A27. Zudem gibt es eine zweigleisig ausgebaute Bahnverbindung zwischen Bremen und Bremerhaven. Es bestehen intensive Pendelverbindungen.
Durch seine Küstenlage ist Bremerhaven schwerer erreichbar als Bremen selbst. Seit 2001 hält dort nur noch vereinzelt und an Wochenenden ein Fernzug, und die Stadt ist deutlich schlechter in das überregionale Straßennetz eingebunden als das Pendant Bremen. Dorthin bestehen mit anderen Metropolen wie Hannover, Hamburg und dem Ruhrgebiet gute Verkehrsverbindungen.
Unfallrekordhalter
Bremen ähnelt in seinen Kennzahlen den anderen Stadtstaaten Berlin und Hamburg. Die besondere Situation mit zwei räumlich voneinander getrennten Städten mit unterschiedlich gut ausgebautem ÖPNV-Angebot zeigt sich aber in den Daten: Die durchschnittliche Pkw-Fahrleistung beträgt in Bremen über 11.000 Kilometer pro Jahr und erreicht damit das Niveau eines Flächenlands.
Bezogen auf die Verkehrssicherheit hält Bremen einen traurigen Rekord: In keinem anderen Bundesland ereignen sich pro Kopf mehr Unfälle mit Personenschaden als hier. Allerdings sorgen die geringen Geschwindigkeiten im Stadtverkehr dafür, dass nur wenige Menschen ums Leben kommen. Tatsächlich sterben in keinem Bundesland im Verhältnis zur Einwohnerzahl weniger Menschen im Verkehr.
Entwicklung Mobilitätsindex für Bremen
Bremen konnte die Mobilität leicht nachhaltiger gestalten. Der Landesindexwert lag 2021 bei 117 Punkten. Während sich die Verkehrssicherheit sehr positiv entwickelte, erhielt das Gesamtergebnis durch die negativen Entwicklungen bei Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit der Mobilität einen Dämpfer.
Die Verkehrssicherheit verbesserte sich erheblich auf 150 Punkte, auch wenn diese positive Entwicklung auf sehr niedrigen Fallzahlen basiert. Selbst wenn der generelle Trend hin zu mehr Verkehrssicherheit unstrittig ist, kann also nicht ausgeschlossen werden, dass sich dieser in den kommenden Jahren aufgrund einzelner schwerer Unglücke wieder abschwächt oder sich der Indexwert sogar negativ entwickelt.
Der Indexwert der Verfügbarkeit lag dagegen unterhalb des Bundesergebnisses bei 101. Seit 2015 verschlechterte sich in Bremen der Infrastrukturzugang, ein Trend, den der Ausbau des Radverkehrsnetzes nicht ausgleichen kann. Bremens leichten Anstieg in dieser Kategorie verdankt die Hansestadt dem gewachsenen Carsharing-Angebot sowie gestiegenen Fahrplankilometern im ÖPNV.
Die Zuverlässigkeit (Indexwert 83) von Mobilität entwickelte sich in Bremen schlechter als im Bundesdurchschnitt, da es mehr Staus gab: Von 33 Kilometern Stau je Autobahnkilometer ging es auf besorgniserregende 111 Kilometer nach oben. Kein Vergleich allerdings zu den Stadtstaaten Hamburg und Berlin, in denen die Stauintensität vier- bzw. sechsmal höher liegt. Positiv: In Bremen fahren die Züge pünktlicher als 2015.
„Erfreulicherweise gibt es wieder Fortschritte in der Verkehrssicherheit, während die Zuverlässigkeit sowie die Verfügbarkeit von Mobilität nahezu stagnieren. Einem zuverlässigen und attraktiven ÖPNV-Angebot wird hier künftig eine Schlüsselfunktion zukommen, ebenso wie der Verbesserung des Staugeschehens.“
Dirk Matthies, Leiter Verkehrsabteilung ADAC Weser-Ems e.V.
Ausblick
Der gute Länderindexwert von Bremen muss mit Vorsicht interpretiert werden. Im kleinsten Bundesland gibt es bei den relativen Veränderungen große Schwankungen. Die Bewertung 2021 ist auf den erneut starken relativen Rückgang der Zahl der Verkehrstoten in Kombination mit einem deutlichen Rückgang der Unfälle mit Personenschäden zurückzuführen. Zu beachten ist jedoch, dass die Zahl der Verkehrstoten damit 2021 wieder auf dem Niveau von 2018 lag.
Interessant dürften für die Zukunft auch die Auswirkungen des Verkehrsentwicklungsplans sein, der etwa eine autofreie Innenstadt bis 2030* vorsieht.
Alle Bundesländer im Überblick
Der ADAC Mobilitätsindex ist eine Kennzahl, zu der mehrere Kenngrößen verdichtet wurden. Insgesamt wurden dafür 1535 individuelle statistische Merkmale erfasst, das entspricht über 143.000 individuellen Datenreihen. Alle Daten sind zu fünf Bewertungsdimensionen zusammengefasst: Verfügbarkeit, Verkehrssicherheit, Zuverlässigkeit, Bezahlbarkeit sowie Klima und Umwelt. Diese Bewertungsdimensionen bestehen wiederum aus mehreren Leitindikatoren. Sowohl Bewertungsdimensionen als auch die Indikatoren wurden im Juni 2021 vom ADAC Verkehrsausschuss und vom ADAC Arbeitskreis Verkehr und Umwelt in ihrer Bedeutung gewichtet und fließen damit in unterschiedlicher Stärke in den ADAC Mobilitätsindex ein.
Das Ergebnis des ADAC Mobilitätsindex wird in einer einzigen Zahl ausgedrückt. Dieser Wert ermöglicht Rückschlüsse darauf, wie sich die Nachhaltigkeit der Mobilität seit dem Index-Basisjahr 2015 verbessert oder verschlechtert hat. Da das Bezugsjahr dieser Veröffentlichung 2021 ist, sind Aussagen darüber möglich, wie sich die Nachhaltigkeit der Mobilität im gesamten sowie in den untergeordneten Dimensionen von 2015 bis 2021 verändert hat.
Der Großteil der Daten für den Mobilitätsindex stammt aus öffentlich zugänglichen Statistiken etwa des Bundesamts für Statistik (DESTATIS), des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), des Bundes-Verkehrsministeriums und des Kraftfahrt-Bundesamts. Insgesamt wurden mehr als 1500 Datensätze recherchiert und für die Bildung der Indikatoren sowie die Analyse und die Erläuterung der aufgezeigten Entwicklungen herangezogen.
Die Entwicklung erfolgte in mehreren und aufeinander aufbauenden Schritten. Zunächst wurde definiert, welche Inhalte durch den Index abgebildet und zusammengefasst werden sollen, bevor daraus die notwendigen Bewertungsdimensionen abgeleitet wurden. In den nächsten Schritten wurden Daten recherchiert und ihre Qualität geprüft, bevor über ihre Zusammenstellung und Gewichtung entschieden wurde. Abschließend wurden mehrere Qualitätsprüfungen durchgeführt.
Zwischen den einzelnen Bewertungsdimensionen können Zielkonflikte herrschen. So führen eine hohe Zuverlässigkeit und eine hohe Verfügbarkeit möglicherweise zu erhöhten Schadstoffausstößen, die dann die Entwicklung der Bewertungsdimension Klima und Umwelt negativ beeinflussen. Durch die Gewichtung können die Erwartungen an die Entwicklung der Dimensionen berücksichtigt werden. Das heißt, dass die Relevanz der einzelnen Dimensionen gegeneinander abgewogen wird, um unerwünschte Effekte von einzelnen Entwicklungen zu verringern.
Zur Ermittlung der unterschiedlichen Gewichte wurde ein Kreis von Expertinnen und Experten definiert, der sich aus den Mitgliedern des ADAC Verkehrsausschusses und dem ADAC Arbeitskreis für Verkehr und Umwelt zusammensetzte. Als Ergebnis dieses Prozesses wird die Verkehrssicherheit mit 30 Prozent am stärksten berücksichtigt, darauf folgen mit 25 Prozent Klima und Umwelt sowie mit jeweils 15 Prozent Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit und Bezahlbarkeit. Alle Infos zu den Methoden bei der Erarbeitung finden Sie auch auf den Seiten des Prognos Instituts.
Zum ersten Mal wurde der ADAC Mobilitätsindex 2022 veröffentlicht. Für die vorliegende Fortschreibung konnten Daten der Jahre 2015 bis 2021 ausgewertet werden, denn für diese Jahre gibt es den vollständigen Datenbestand für alle Index-Indikatoren. Für 2022 aber liegen beispielsweise noch nicht alle Statistiken der Ämter und anderer Datenquellen vor.
Mit dem ADAC Mobilitätsindex gibt es erstmalig eine wissenschaftlich basierte Grundlage, mit der die nachhaltige Entwicklung der Mobilität in Deutschland umfassend beobachtet und analysiert werden kann. Damit soll zur Versachlichung der in Politik und Gesellschaft kontrovers geführten Diskussionen zu diesem Thema beigetragen werden. Zugleich stellt sich der ADAC damit seiner gesellschaftlichen Verantwortung für Verkehrssicherheit, Klima und Umwelt sowie für die Zukunft der Mobilität.
Der ADAC ist überzeugt, mit dem Mobilitätsindex ein fundiertes und methodisch innovatives Instrument zur Bewertung der Nachhaltigkeit der Mobilität entwickelt zu haben. Wie bei jeder wissenschaftlichen Arbeit gibt es jedoch auch Punkte, die weiter optimiert werden können. Dazu gehören etwa die teilweise ausbaufähige Datenverfügbarkeit insbesondere auf der Kreisebene oder auch im Zeitverlauf. Bei verbesserter Verfügbarkeit der Daten – etwa vom Bundesamt für Statistik – kann der Index künftig potenziell weiter ausgebaut werden.
Mit der Entwicklung des ADAC Mobilitätsindex wurde die Prognos AG beauftragt. Prognos ist ein unabhängiges Wirtschaftsforschungsunternehmen mit Hauptsitz in Basel. Ziel war es, zusammen mit den Expertinnen und Experten des ADAC die Veränderung der Mobilität wissenschaftlich gesichert zu ermitteln und verständlich darzustellen.
Alle Ergebnisse des ADAC Mobilitätsindex
Die vollständigen Ergebnisse des ADAC Mobilitätsindex und Details zu seiner Methodik finden Sie in diesem PDF zum Download:
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