Strafzettel aus dem Ausland nicht ignorieren

Zwei italienische Politessen schreiben in Bozen einen Strafzettel für ein parkendes Auto
Teures Urlaubs-Souvenir: Ein Bußgeldbescheid aus dem Ausland© ADAC/Martin Hangen

Wer einen Strafzettel im Ausland erhält, sollte besser zügig zahlen. Denn mittlerweile können Strafen aus allen EU-Staaten in Deutschland vollstreckt werden.

  • Bußgeldbescheide aus dem Ausland nicht wegwerfen

  • Prüfen, ob der Vorwurf plausibel ist

  • Einige Länder bieten Nachlässe bei schneller Bezahlung

Sie sind die wohl unbeliebtesten Souvenirs überhaupt: Knöllchen für Verkehrssünden wie falsches Parken oder zu schnelles Fahren im Urlaubsland. Verkehrsverstöße werden im Ausland teilweise deutlich härter bestraft als hierzulande.

Beispiel: Wer 20 km/h schneller unterwegs ist als erlaubt, kommt in Deutschland aktuell mit bis zu 70 Euro Bußgeld davon. In Italien werden dafür gleich mal mindestens 175 Euro fällig, in Norwegen sogar mindestens 585 Euro.

Ignorieren Sie deshalb keinen Bußgeldbescheid aus dem Ausland, sondern prüfen Sie ihn zunächst genau und zahlen Sie, wenn der Vorwurf stimmt, zügig. Die Sache einfach auszusitzen, ist keine gute Idee: Strafen aus fast allen EU-Staaten können auch hierzulande nachträglich vollstreckt werden. 

Übersicht: Strafen für Vergehen im Ausland

Strafzettel ab 70 Euro muss gezahlt werden

In Deutschland werden Strafen aus dem EU-Ausland ab einer Grenze von 70 Euro vollstreckt. Diese Grenze gilt für das Bußgeld plus anfallende Verwaltungskosten. 

Ausnahme: In Österreich fällige Bußgelder werden bereits ab einer Grenze in Höhe von 25 Euro plus anfallender Verwaltungskosten fällig. 

Eingetrieben werden grundsätzlich nur Geldbeträge. Ein im Ausland fälliges Fahrverbot kann derzeit ausschließlich im jeweiligen Land durchgesetzt werden. Auch Punkte in Flensburg gibt es für Verkehrsverstöße im Ausland nicht. 

Bußgelder werden europaweit vollstreckt

Zuständig für nachträgliche Eintreibungen ist das Bundesamt für Justiz. Die ausländischen Behörden übergeben die Angelegenheit an das Bundesamt, das dann aktiv wird, wenn ein deutscher Autofahrer sein Knöllchen nicht bezahlt hat.

Die EU-Staaten sind übrigens unterschiedlich konsequent, wenn es um die Vollstreckung der Bußgelder geht. Während zum Beispiel die Niederlande Bußgelder in Deutschland grundsätzlich durch das zuständige Bundesamt für Justiz eintreiben lassen, sind andere Länder zurückhaltender.

Gut zu wissen: Bußgelder aus Nicht-EU-Ländern (z.B. Großbritannien, Norwegen, Liechtenstein) können in Deutschland nicht vollstreckt werden.

Warum es sich lohnt, Strafzettel zu zahlen

In der Regel lohnt es sich, den Strafzettel zu bezahlen. Denn Reisenden mit offenen Bußgeldbescheiden aus dem Ausland droht möglicherweise beim nächsten Urlaub im selben Land eine böse Überraschung. Rechtskräftige Bußen verjähren in Italien zum Beispiel erst nach fünf Jahren, in Spanien nach vier Jahren. Das Bußgeld kann im Ausland etwa dann später vollstreckt werden, wenn Urlauber bei einer Verkehrskontrolle überprüft werden. Auch bei der Passkontrolle an einem Flughafen des Ziellandes können säumige Zahler auffallen.

Wenn Sie die Geldbuße zügig bezahlen, gewähren viele Länder übrigens teils hohe Rabatte. Je nach Land und Art des Verkehrsverstoßes sind bis zu 50 Prozent Nachlass möglich. Besonders großzügig zeigen sich Frankreich, Großbritannien, Griechenland, Italien, Slowenien und Spanien.

Vorsicht vor privaten Inkasso-Firmen

Das Geschäft mit dem Eintreiben ausländischer Bußgelder durch Anwälte, Notare oder private Inkasso-Firmen floriert: Viele Deutsche werden nachträglich zur Kasse gebeten, zumeist mit hohen zusätzlichen Gebühren zugunsten von Anwälten und Inkasso-Firmen.

"Wer sich im Ausland nicht an die Regeln hält, muss hierfür natürlich die Verantwortung tragen", betont ADAC Jurist Michael Nissen, "aber die Zusatzgebühren sollten verhältnismäßig sein und nicht als lukrative Einnahmequelle für Anwälte oder private Inkassodienstleister dienen."

Wichtig: Nur Behörden dürfen polizeiliche Geldbußen und -strafen eintreiben, zuständig in Deutschland ist hierfür ausschließlich das Bundesamt für Justiz. Ausländische Kommunen und Behörden müssen hierfür das Bundesamt um Vollstreckungshilfe bitten.

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Länder-Besonderheiten: Achten Sie darauf 

"Autofahrer dürfen im Ausland nicht mehr für Verstöße zahlen als Einheimische", fordert ADAC Jurist Michael Nissen. Also: ortsübliche Bußgelder für Falschparker, faire Zahlungsmodalitäten und bei Inkasso angemessene Bearbeitungsgebühren. Für Streitfälle wünscht sich Nissen nationale bzw. EU-weite Schlichtungsstellen

Beispiele für Situationen, bei denen es immer wieder zu Problemen für deutsche Autofahrer kommt:

  • Fragen Sie in Kroatien lieber zweimal nach, ob Parken wirklich erlaubt ist. Wenn Sie doch ein Knöllchen bekommen, versuchen Sie unbedingt, es vor Ort zu bezahlen. Wichtig: alle Belege aufbewahren.

  • Vermeiden Sie in Italien die Einfahrt in eine "zona traffico limitato", außer Sie haben z.B. eine Genehmigung Ihres Hotels in der Altstadt. Vor der Stadt zu parken ist sicherer. Tipp: Passen Sie an Mautstationen auf – auch dort kann es teuer werden.
    Alles zu Mautnachforderungen in Italien finden Sie hier

  • Die Registrierung für die Niedrigemissionszone (LEZ) in London ist kostenlos und sollte frühzeitig erfolgen. Denn die Bearbeitung kann bis zu 14 Tage dauern. Angemeldet werden müssen Dieselfahrzeuge über 1,2 Tonnen, gebührenpflichtig sind nur die mit schlechter Schadstoffemissionsklasse. Pkw müssen nicht registriert werden. Aber um Missverständnisse und (unberechtigte) Bußgeldbescheide zu vermeiden, ist es ratsam, dies auch bei größeren Pkw wie z.B. Renault Kangoo oder VW Caddy zu tun.

Im Zweifelsfall: Juristische Hilfe suchen

Bei fehlerhaften Bußgeldbescheiden, Kennzeichenverwechslungen, Zweifeln am Tatvorwurf oder Missverständnissen sollten Sie juristische Hilfe in Anspruch nehmen und –gegebenenfalls mit Hilfe eines Anwalts im Urlaubsland – Einspruch einlegen.

Das betrifft beispielsweise Forderungen für Parkverstöße in Kroatien, die Notare und Anwälte aus dem kroatischen Pula verschicken. Bei ausstehenden Parkgebühren von 10 bis 40 Euro verlangen sie bis zu 500 Euro an zusätzlichen Gebühren – unter anderem für Rechtsverfolgungskosten. Der EuGH hat kürzlich festgestellt, dass kroatische Notare hierzu nicht befugt sind. Kroatische Gerichte sehen neuerdings die meisten Gebühren der Anwälte ebenfalls als überzogen an.

Weitere Infos zu Bußgeldern in Europa

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