Alleskönner E-MTB Bionicon Jesse FS 750 2?
Ein Allmountain-E-MTB soll so etwas wie ein Universalgerät für möglichst lange Touren und anspruchsvolle Geländeausflüge sein. Schafft das Bionicon Jesse FS 750 2 aus Bayern diesen Spagat? Wie verhält es sich auf Asphalt, Schotter und auf knackigen Trails?
Alleskönner für Touren und Gelände
Gut geeignet für Trails
Akku-Kapazität 750 Wattstunden
Bionicon Jesse: E-Mountainbike aus Bayern
Die Wurzeln von Bionicon liegen am Tegernsee, inzwischen werden die Räder aber in der Oberpfalz montiert. Das vollgefederte Jesse liegt preislich in der Mittelklasse dieser Marke. 4299 Euro verlangt der Hersteller für das Modell Jesse FS 750 2 mit Zehngang-Schaltung von Shimano und wahlweise 29 oder 27,5 Zoll großen Reifen. Für 200 Euro mehr gibt es das FS 750 1 unter anderem mit Schaltkomponenten von Sram mit zwölf Gängen.
Auch wenn für die Premiumliga der E-MTBs locker fünfstellige Preise zu zahlen sind: Mehr als 4000 Euro sind dennoch viel Geld für ein zweirädriges Spaßgerät. Die Entscheidung muss also gut durchdacht werden. Vor allem ist eine ausgedehnte Probefahrt unverzichtbar, um festzustellen, ob Mensch und Maschine auch wirklich zusammenpassen.
Drei Rahmengrößen: Geeignet für Trails
Das Bionicon Jesse gibt es in drei Rahmengrößen. Die Sattelhöhe ist per Daumendruck um 15 Zentimeter verstellbar, sodass sie einfach auf das passende Maß fixiert werden kann. Auch die Federung (vorne SR Suntour, hinten RockShox) kann fürs Fahren auf dem ersten Trail gut aufs Fahrergewicht eingestellt werden.
Steile Strecken hoch, grobes Geröll runter und am Gegenhang mit Matsch wieder rauf – all das meistert das Bionicon Jesse FS 750 2 ausgezeichnet. Dank der Allmountain-Rahmengeometrie sind diese Tour-Varianten ohne Verrenkungen und ohne Angst vor einem abhebenden Vorder- oder Hinterrad zu bewältigen. Auch die Schwalbe-Nobby-Nic-Reifen mit kräftigem Profil und der traktionsstarken Gummimischung tragen zu dem guten Gefühl bei, alles im Griff zu haben.
Wichtig bei allen Touren: Das Gewicht
Eine wichtige Rolle bei Ausflügen auf unbefestigten und gerne auch sehr steilen Passagen spielt das Gewicht. Nicht mehr als 24 Kilo sollten es bei einem guten Allmountain-E-MTB sein. Das Jesse FS 750 2 hält dieses Limit genau ein. Wobei knapp ein halber Zentner natürlich nicht nur beim Offroad-Einsatz ziemlich viel ist. Auch im Alltagsleben, etwa bei der Bewältigung von Kellertreppen oder von hohen Stufen am Bahnsteig, erfordert das Pedelec einen kräftigen Armmuskeleinsatz – noch ein Punkt, der vor einer Kaufentscheidung bedacht werden sollte.
Akku mit 750 Wattstunden
Dass beim E-MTB von Bionicon 24 Kilo zusammenkommen, hat mit einer weiteren Allmountain-Notwendigkeit zu tun: der Ausdauer. Denn diese E-Bike-Gattung ist darauf ausgelegt, lange mit ordentlicher E-Unterstützung die Berge hochzufahren. Oder um in der Ebene lange Strecken bis zum nächsten Aufstieg zurückzulegen. Sprich: Es muss eine dicke Batterie drin sein.
Im Fall des Jesse handelt es sich um den aktuell größten Power-Tube-Akku von Bosch mit einer Kapazität von 750 Wattstunden, der per Klappe am Unterrohr herausnehmbar ist. Der hält bei vielen langen Anstiegen und entsprechend vielen Abfahrten locker um die 100 Kilometer durch. Wer mit dem E-Fully nicht so wirklich artgerecht nur im Flachland unterwegs ist, dürfte mit dem Akku problemlos auch 150 Kilometer schaffen.
Der Performance-Line-CX-Motor hat eine gesetzeskonforme (Dauer-)Leistung von 250 Watt und ein Drehmoment von maximal 85 Newtonmetern (Nm). Ein bewährtes Aggregat, das bei Bedarf wirklich ordentlich anschiebt und auch zunächst schier unüberwindbare Steigungen gefühlt annähernd einebnet.
Allerdings geht der E-Motor bei voller Belastung teils relativ gut hörbar zu Werke, und beim Downhill klackt und klappert es bisweilen aus dem Gehäuse. Hier hat Bosch bei der für 2025 erwarteten Generation 5 noch erkennbares Verbesserungs-Potenzial.
Per App: Smart, vernetzt, updatefähig
Die vier Unterstützungsstufen (Eco, Tour+, eMTB und Turbo) werden über eine mittlerweile an die Dreh-Drück-Schaltereinheiten auf Autolenkrädern erinnernde Lenker-Remote angewählt. Alle relevanten Fahr- und Betriebsdaten lassen sich am mittig angebrachten Kiox-300-Display ablesen.
Während des Fahrens auf hügeligen Strecken landet man fast automatisch im eMTB-Modus. Dieser ist ziemlich clever und passt die Unterstützung geschmeidig den Gegebenheiten an: Viel, wenn die Fahrerin bzw. der Fahrer ordentlich in die Pedale steigt. Wenig, wenn nur entspannt pedaliert wird.
Natürlich kann man per App auch Fahrdaten aufzeichnen und diverse Feinabstimmungen vornehmen: Das Bosch-System ist smart, vernetzt und updatefähig.
Bionicon Jesse: Technische Daten, Preis
Motor | Bosch Performance Line CX | |
---|---|---|
Leistung/Drehmoment | 250 W/85 Nm | |
Akku | Bosch PowerTube 750 Wh | |
Display | Bosch Kiox 300 | |
Schaltwerk | Shimano Cues 10-fach | |
Bremsen | hydraulische Scheibenbremsen (Tektro (203/180) | |
Reifen | Schwalbe Nobby Nic 65-622/65-584 | |
Gewicht | 24 kg | |
Vordergabel | SR Suntour XCR 34 – Boost-Air2CR-DS | |
Dämpfer hinten | RockShox Deluxe Select | |
Preis | 4299 Euro |
Schaltung, Bremsen, Sattel optimierbar
Luft nach oben hat das Bionicon Jesse bei einigen Komponenten. Die Shimano-Cues-Schaltung etwa gibt zwar keinen Anlass zu Kritik, aber sie rangiert preislich und qualitativ doch eher in der Einstiegs- als in der Mittelklasse.
Die Tektro-Scheibenbremsen passen ins Gesamtbild, ebenso der reichlich harte Sattel. Dass Bionicon seine E-MTBs ohne Pedale ausliefert, ist im Prinzip sinnvoll, weil dann beim Händler die für Käuferin oder Käufer passenden ausgesucht werden können. Aber die kosten dann auch noch mal extra.
Fazit: Alleskönner für Touren und Gelände
Eines für alle Fälle – außer für Alltagsfahrten: So kann man das Bionicon Jesse klassifizieren. Es fühlt sich in Matsch und Schlamm ebenso wohl wie auf Kies und Schotter, macht aber auch auf den geteerten Strecken dazwischen eine gute Figur. Dank relativ großer Federwege (150/140 Millimeter vorne/hinten), der nicht zu sportlich-gebeugten Sitzposition und dem großen Akku bietet es die Voraussetzungen für lange Ausfahrten mit vielen Höhenmetern.
Video: Federgabel richtig einstellen
Text: Rudolf Huber