Motorradkauf: Niemals ohne Probefahrt

Ein Motorradfahrer, fährt auf einer Landstrasse mit seinem Motorrad.
Gebrauchtes Motorrad – vor dem Kauf Probefahrt machen© Shutterstock/Alexander Kirch

Ob im Gebraucht- oder Neuzustand: Vor dem Zweiradkauf ist eine Probefahrt unbedingt ratsam. Denn nur so bekommen Sie ein Gefühl für die Maschine und können eventuelle Mängel erkennen. Was Sie dabei beachten müssen.

Grundsätzliches zur Probefahrt

Hat das Wunschmodell bei der Detailprüfung im Stand überzeugt, sollten Sie zusätzlich eine Probefahrt durchführen. Diese dient dazu, das Fahrverhalten kennenzulernen, versteckte Mängel zu erkennen und die eigene Kompatibilität sicherzustellen. Vereinbaren Sie vorab einen Termin unter Angabe der voraussichtlichen Dauer der Probefahrt. Mindestens 30 Minuten sollten Sie dafür einplanen. In den meisten Fällen ist es ausreichend, vor der Fahrt den Personalausweis zu hinterlegen. Stellen Sie sich trotzdem darauf ein, dass der Verkäufer Ihnen nur das Motorrad überlässt, wenn Sie einen dem Wert des Motorrads entsprechenden Pfand abgeben. Dies ist oft eine Folge von Berichten, wonach Kaufinteressenten Probefahrzeuge unterschlagen haben. 

So holen Sie das Beste aus der Probefahrt heraus:

  • Vor der Probefahrt

    Um das Startverhalten beurteilen zu können, sollten Sie das Motorrad kalt starten. Überprüfen Sie außerdem Lichter, Bremsen, Kupplung sowie den Ölstand, den Reifendruck und sämtliche Kontrolllampen. 

  • Kfz-Schein und andere Fahrzeugpapiere aushändigen lassen

    Prüfen Sie die Fahrzeugpapiere aufmerksam: Stimmen die Daten der Maschine mit den Angaben in den Papieren überein? 

  • Probefahrt in Begleitung durchführen

    Wenn möglich, sollten Sie die Probefahrt in Begleitung absolvieren. Im Idealfall handelt es sich dabei um fachkundige Motorradkenner oder Experten aus der Kfz-Branche. Sie können auch den Verkäufer bitten, Sie zu begleiten. Der Vorteil: Fragen, die während der Fahrt aufkommen, können direkt beantwortet werden. 

  • Probefahrt abwechslungsreich gestalten

    Da Sie sich mit der neuen Maschine erst vertraut machen müssen, empfehlen wir, die Probefahrt auf abgelegenen Straßen oder Parkplätzen zu beginnen. Danach können Sie die Maschine im normalen Straßenverkehr testen. Wichtig dabei: Berufsverkehr meiden und Streckenabschnitte mit höherem Tempo in die Route einplanen. 

  • Pausen einplanen
    Gönnen Sie sich und dem Motorrad im Rahmen der Probefahrt auch eine Pause. So können Sie die neue Maschine ungestört inspizieren und nochmals einzelne wichtige Details begutachten. 

Rechtslage während der Probefahrt

Eine Probefahrt muss der Versicherung nicht gemeldet werden. Klären Sie aber vor der Probefahrt unbedingt, wie das Motorrad versichert ist.

Beim Kauf vom Händler darf der Probefahrer grundsätzlich davon ausgehen, dass das Motorrad vollkaskoversichert ist. Fragen Sie aber nach der Höhe der Selbstbeteiligung. Nach der überwiegenden Rechtsprechung haftet der Probefahrer nur für grob fahrlässig oder vorsätzlich verursachte Schäden. Grob fahrlässiges Verhalten kann z.B. vorliegen bei: stark überhöhter Geschwindigkeit, Bremsprobe auf viel befahrener Straße, Rotlichtmissachtung. Für Schäden, die bei der Probefahrt leicht fahrlässig verursacht werden, haftet der Probefahrer nicht.

Beim Kauf von Privat darf der Probefahrer nicht darauf vertrauen, dass es für das Motorrad eine Vollkaskoversicherung gibt. Fragen Sie daher vor der Probefahrt, wer im Schadensfall die Haftung übernehmen muss, und vereinbaren Sie dies schriftlich. Wenn keine Vereinbarung getroffen wird, haftet der Kaufinteressent für einen von ihm verschuldeten Schaden in vollem Umfang! Für grob fahrlässiges Verhalten haftet der Probefahrer auch dann, wenn es eine Vollkaskoversicherung gibt. Auch bei Bestehen einer Vollkaskoversicherung sollten sich Käufer und Verkäufer vor der Probefahrt darüber einig sein, wer z.B. die Kosten der Selbstbeteiligung tragen muss.

Untersuchen Sie das Motorrad vor der Probefahrt zusammen mit dem Verkäufer auf vorhandene Schäden. Damit vermeiden Sie Streit darüber, ob ein Schaden am Fahrzeug bereits vor der Probefahrt vorhanden war.

Lassen Sie sich als Verkäufer vor der Probefahrt den erforderlichen Führerschein des Probefahrers zeigen und behalten Sie während der Probefahrt ein Pfand.

Mit der ADAC Mustervereinbarung können Sie alle Regelungen für die Probefahrt schriftlich festhalten:

Vereinbarung über die Probefahrt mit einem gebrauchten Fahrzeug
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Checkliste: Darauf sollten Sie achten

Anlassen des Motors

  • Ölstand kontrollieren: Liegt der Ölstand am unteren Limit, könnte dies ein Zeichen für einen hohen Ölverbrauch sein. Die Ölfarbe verrät Ihnen das Alter: Je heller und transparenter es erscheint, desto jünger ist es im Allgemeinen.

  • Springt der Motor schnell und zuverlässig an? Der Motor sollte innerhalb von fünf Sekunden anspringen und sauber im Standgas laufen. Geben Sie beim Anlassen kein Gas, vor allem wenn der Choke zu Hilfe genommen wird.

  • Achten Sie auf die Anlassergeräusche und Kontrollleuchten: Harte mechanische Geräusche sind ungewöhnlich und nur bei wenigen großen 1-Zylinder-Motoren normal. Auch sehr laute Pfeif- und Wimmergeräusche sind nicht normal. Dunkle Kontrollleuchten während des Anlassvorgangs deuten auf Batterieschwäche hin. Achtung: Bei einigen Maschinen sind Licht und Kontrollleuchten ganz abgeschaltet (z.B. BMW).

  • Erlischt die Öldruck- und ggf. Batteriekontrollleuchte beim Anlassen sofort? Ist dies nicht der Fall, Motor gleich wieder abstellen! Der Verdacht liegt nahe, dass kein ausreichender Öldruck aufgebaut wird. Die Batterieladekontrollleuchte sollte im Standgas vollständig erlöschen.

  • ABS-Kontrollleuchte beim Anfahren: Geht beim Anfahren die Kontrollleuchte für das ABS sofort aus?

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Motor, Kupplung und Getriebe

  • Lässt sich die Kupplung leicht betätigen und dosieren? Rutscht die Kupplung durch? Die Drehzahl sollte immer proportional zur Geschwindigkeit steigen. Der Kupplungshebel muss rund fünf Millimeter Spiel haben.

  • Lassen sich die Gänge leicht einlegen und wechseln?

  • Getriebegeräusche: Tritt hohes, deutliches Singen oder Surren nur in bestimmten Gangstufen – meist im höchsten Gang – auf, sind die zugehörigen Zahnradpaare meist abgenutzt. Die Reparatur ist häufig sehr aufwendig.

  • Dreht der Motor auch in hohen Gängen gleichmäßig ohne Ruckeln und Vibrationen aus niedrigen Drehzahlen hoch? Ist dies nicht der Fall, sind zum Beispiel die Ausgleichswelle, die Antriebskette, der Vergaser und/oder die Zündung nicht korrekt eingestellt.

  • Rauch- oder Dampfaustritt am Auspuff? Blauer Rauch unter Last, wie etwa beim Beschleunigen, weist auf verschlissene Kolbenringe hin. Blauer Rauch im Schiebebetrieb oder bei Standgasdrehzahlen weist auf undichte Ventilschaftdichtungen hin. In beiden Fällen sollten Sie entweder den Kaufpreis nach unten handeln oder ganz vom Kauf Abstand nehmen. Die Reparaturkosten sind im Allgemeinen hoch.

  • Auffällige Auspuffgeräusche? Bei übermäßigen Auspuffgeräuschen sollten Sie die Dichtheit überprüfen oder den Besitzer nach einer Veränderung bzw. Umrüstung fragen. Womöglich fehlen Teile des Endschalldämpfers.

Ketten- und Kardanantrieb

  • Auf Kettenschwingungen und -geräusche beim Fahren mit konstanten Geschwindigkeiten achten: Quietsch- und Rasselgeräusche weisen auf fehlende oder falsche Kettenpflege sowie fortgeschrittenen Verschleiß hin. Lassen Sie die Maschine mit gezogener Kupplung rollen. Auch dabei kann der Gleichlauf der Kette geprüft werden.

  • Lastwechselreaktion bei Kardanantrieb: Achten Sie auf die Antriebsgeräusche und Fahrzeugbewegung beim Lastwechsel. Bei harten mechanischen Geräuschen am Kardanantrieb (falls vorhanden) sollten Sie vom Kauf Abstand nehmen.

Fahrwerk

  • Sind die Lenkkopflager in Ordnung? Fahren Sie so langsam wie möglich geradeaus und in kleinen Bögen, gegebenenfalls auch im Stand. Hakt die Lenkung bei leichten Ausgleichslenkbewegungen oder ist sie schwergängig, so ist das Lenkkopflager möglicherweise eingeschlagen oder zu fest angezogen.

  • Geradeauslauf prüfen: Wenn die Verkehrssituation es zulässt, lassen Sie die Maschine bei einer Geschwindigkeit zwischen 50 und 80 km/h im Leerlauf oder hohen Gang rollen. Zieht die Maschine dabei immer wieder in eine Richtung, besteht der Verdacht, dass die Räder nicht flüchten, der Rahmen verbogen oder die Telegabel verspannt ist.

  • Lenkerflattern? Beim Rollenlassen können Sie auch prüfen, ob Lenkerflattern zwischen 90 und 60 km/h auftritt. Hierzu die Lenkerenden ganz locker lassen. Vorsicht: Halten Sie immer beide Hände zugriffsbereit! Eine Hand reicht nicht aus, um einen flatternden Lenker zu beruhigen.

  • Hochgeschwindigkeitspendeln: Sollte es auftreten, nicht blitzartig Gas schließen, sondern bei gleichbleibender Gasstellung die Hinterradbremse betätigen. Motorräder, die bei hohen Geschwindigkeiten pendeln, sollten Sie nicht kaufen!

  • Feder-Dämpfer-Verhalten: Beobachten Sie die Reaktionen des Fahrwerks auf unebener Straße und prüfen Sie das Ansprechverhalten der Federelemente. Besonders die Telegabel muss auch bei geringen Unebenheiten je nach Beladung (und Tankbefüllung) sensibel reagieren.

Bremsen

  • Wirksamkeit der Bremse: Laufen die Bremsen frei? Ist kein Quietschen zu hören? Verändert sich die Bremscharakteristik bei mehreren Bremsungen? Einen guten Reibwert der Bremsbeläge erkennen Sie an einem spontanen Ansprechen der Bremse mit guter Verzögerung bei bereits relativ niedriger Handkraft.

  • Vibriert die Gabel oder der Lenker bei starker Bremsung? Ungleichmäßigkeiten an der Bremsscheibe (Verformungen, unterschiedliche Reibwerte) machen sich durch Vibrationen an Gabel und Lenker bemerkbar. Meistens müssen die Bremsscheiben dann ersetzt werden.

  • Ist ein deutlicher Druckpunkt zu spüren? Einige ältere Bremssysteme fühlen sich konstruktionsbedingt relativ schwammig an. Moderne Anlagen hingegen haben meist einen präzisen Druckpunkt. Wenn bei diesen Systemen kein deutlicher Druckpunkt spürbar wird, ist das Bremssystem nicht optimal entlüftet, undicht oder sehr frisch befüllt worden.

  • Funktioniert das ABS? Wenn die Bremsen mit ABS ausgerüstet sind, übersteuern Sie die Hinterradbremse bei Geschwindigkeit um ca. 40 km/h, bis das ABS anspricht.

Sonstiges

  • Undichtigkeit nach der Probefahrt: Untersuchen Sie nach der Probefahrt den Motor erneut auf Flüssigkeitsverluste an Zylinderfuß und -kopf, Ventil- und Seitendeckel, Ölablassschrauben und Ölfilterdeckel sowie Kühlsystem und Kraftstoffanlage.

  • Funktionieren die Kupplungs- und Seitenständerzündschalter? Die meisten Motorräder haben eine Zündunterbrechung für Seitenständer und/oder Kupplung. Wird der Seitenständer bei eingelegtem Gang ausgeklappt, wird die Zündung unterbrochen – der Motor stirbt ab. Ist der Seitenständer ausgeklappt und ein Gang eingelegt, lässt sich der Motor nicht starten. Nehmen Sie die Prüfungen entsprechend vorsichtig vor, damit das Motorrad nicht abrupt anfährt und außer Kontrolle gerät.

  • Funktion der Instrumente: Vibrieren die Anzeigen der Tachowelle, sind häufig die flexiblen Antriebswellen eingeklemmt, mit zu kleinen Radien verlegt oder schlecht geschmiert. Gelegentlich ist auch die Dämpfung der Anzeigeinstrumente defekt.

  • Elektriktest: Lassen Sie die Zündung und alle Verbraucher (Fernlicht, Bremslicht, Blinker etc.) eine Zeit lang eingeschaltet. Starten Sie gegebenenfalls den Motor mehrmals – möglichst im kalten Zustand –, um die Batterie zu belasten. Prüfen Sie nach der Probefahrt nochmals die Helligkeit des Lichts und der Kontrollleuchten während eines Startvorgangs. Messen Sie zudem die Batteriespannung.

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