Mercedes EQT: Kann der Elektro-Van Langstrecke?

Video: Motorjournalist Lars Hönkhaus war für den ADAC im Mercedes EQT unterwegs ∙ Bild: © news to do GmbH + ADAC/David Klein, Video: © ADAC e.V.

Mercedes hat die T-Klasse elektrifiziert: Der Mercedes EQT soll als elektrischer Hochdachkombi Familien mit einer zumindest auf dem Papier brauchbaren Reichweite beglücken. Kann er das Versprechen halten? ADAC Test, Daten, Preise.

  • Familienauto mit Elektroantrieb und bis zu sieben Sitzen

  • Edle Ausstattung und hoher Komfort als Markenzeichen

  • 45-kWh-Batterie für 278 Kilometer Normreichweite

Nachdem die klassischen Vans fast alle aus den Modellprogrammen geflogen sind, bleibt Familien mit hohem Platzbedarf fast nur noch der Griff zum SUV, Kleinbus oder Hochdachkombi. Letztere sind nicht gerade für ihr filigranes und gewitztes Design bekannt. Das gilt auch für den Mercedes EQT. Ein optisches Wagnis, wie Hyundai mit dem Staria, ist Mercedes also nicht eingegangen und bleibt konservativ.

Deswegen sieht der EQT als elektrischer Hochdachkombi wie die Verbrenner-T-Klasse aus. Im Unterboden sitzt aber eine Batterie, die den EQT neben dem eCitan zum ersten elektrischen Hochdachkombi von Daimler macht.

Elektro-"Van" mit Platz und Komfort

Heck und Seitenansicht eines fahrenden Mercedes EQT
530 bis 1990 Liter passen laut ADAC Messmethode in den Kofferraum des EQT© Mercedes

Die Mercedes T-Klasse ist als Partnermodell des weitgehend baugleichen Renault Kangoo seit 2022 eine etwas stärkere und edlere Version des Citan Tourer. Daher ist auch sein elektrischer Ableger EQT, den der Hersteller offiziell als "Small Van" bezeichnet, also ein klassisches Familienauto: Mit viel Platz für Gepäck und allerlei Krimskrams. Die Maße sind identisch zur T-Klasse mit einer Länge von 4,5 Metern und einer Höhe von 1,8 Metern.

Zwar ist das Angebot bei elektrischen Hochdachkombis nicht überwältigend, doch etwa Toyota mit dem Proace City Electric Verso, Fiat mit dem e-Dobló und Opel mit dem Combo Electric kamen Mercedes mit ihren baugleichen Modellen in dieser Fahrzeugklasse zuvor. Abheben möchten sich die Schwaben daher mit etwas ambitionierterer Ausstattung. Wer noch höhere Ansprüche hat, kann sich beim Mercedes EQV, dem Space Shuttle von Mercedes, umschauen.

Mercedes EQT: 235 km Test-Reichweite

Seitenansicht eines fahrenden Mercedes EQT
Bequemer Einstieg dank Schiebetüren hinten© Mercedes

In Fahrt bringt den EQT und den eCitan, den es für fleißige Handwerker auch als Kastenwagen gibt, ein 90-kW-Motor, den ein Akku mit einer Netto-Kapazität von 45 kWh speist. Im Wagenboden so montiert, dass es weder Einschränkungen bei der Beladung, noch bei der variablen Bestuhlung gibt: Der Kofferraum bietet nominell sogar 30 Liter (insgesamt 551 Liter) mehr als die T-Klasse, nach ADAC Messmethode sind es 530 bis 1990 Liter. Anders als bei den Verbrenner-Modellen entsteht im Falle des EQT bei umgeklappten Rücksitzen aber eine große Stufe, die zu Lasten des Kofferraumvolumens geht.

278 Kilometer gibt die Batterie laut WLTP-Norm her, was verglichen mit anderen EQ-Modellen wie dem EQA und EQB ziemlich mager klingt – und auch ist. In der Realität setzt der Akku nämlich noch engere Grenzen: Spätestens nach bescheidenen 235 Kilometern muss die nächste Ladesäule angefahren werden.

Wer auf der Autobahn oder bei tiefen Temperaturen unterwegs ist, muss nochmals deutlich früher einen Ladestopp einlegen. Damit liegt der EQT zwar mit den Fahrzeugklassen-Konkurrenten auf einer Wellenlänge: Die Reichweiten von Fiat e-Dobló und Combo-e Life sind fast identisch. Für die Langstrecke sind sie aber alle nicht gemacht.

ADAC Reichweitenrechner

Mercedes-Benz EQT 200 Standard Premium Plus 90 kW (122 PS)

-10

30

50

130

Berechnete Reichweite

267km

(Reichweite laut Hersteller: 276 km)

EQT: Kein Verbrauchswunder

Frontansicht eines fahrenden Mercedes EQT
Ausflug ja, große Reise eher nicht: Reichweite und Schnellladefähigkeit sind beim EQT nur Durchschnitt© Mercedes

Bei der Reichweite enttäuscht der Mercedes also und auch der Verbrauch klingt nicht gerade bescheiden: Dem Normwert von 19,0 kWh steht ein realer Testverbrauch von hohen 22,2 kWh auf 100 Kilometer gegenüber, Ladeverluste inklusive. Zum Vergleich: Der Peugeot e-Rifter braucht für 100 Kilometer 19,6 kWh. Unterm Strich fährt der Mercedes EQT vier von fünf Sternen im ADAC Ecotest ein.

Gut: AC-Laden ist standardmäßig mit 22 kW möglich. Diese Ladeleistung gibt es bei den meisten anderen Herstellern, wenn überhaupt, nur gegen Aufpreis. An öffentlichen Ladesäulen in der Stadt lässt sich der EQT so in zweieinhalb Stunden von 0 auf 100 Prozent bringen. Für den praktischen Nutzen im Alltag ein Argument. Auch die Platzierung des Lademoduls unter dem Mercedesstern an der Front erleichtert Stromtanken etwa bei eng und parallel geparkten Autos in der Stadt.

DC-Laden für das flotte Laden auf der Autobahn etwa ist hingegen laut Mercedes nur mit maximal 80 kW möglich, deutlich weniger als das technisch Machbare. Im ADAC Test waren kurzfristig 78 kW möglich, im Schnitt flossen 58 kW durch die Leitungen. Deswegen dauerte der Ladevorgang von 10 bis 80 Prozent mit 38 Minuten recht lange.

Gerade für längere Reisen mit der Familie ist das Schnellladetempo allerdings entscheidend, weswegen diese auch mit dem EQT wie mit allen anderen Hochdachkombis (noch) nicht wirklich entspannt möglich sein werden. Schade eigentlich, hier hat Mercedes die Chance verpasst, endlich einen langstreckentauglichen Hochdachkombi zu lancieren und sich damit von der Konkurrenz abzuheben.

Innenraum: Mix aus digital und analog

Das digitale MBUX-Infotainmentsystem ist schon seit 2018 bei Mercedes en vogue, als es in die A-Klasse Einzug hielt. Wie bekannt, sind die kleinen Touchflächen am Lenkrad nicht optimal zu bedienen. Bei rein zufälliger Berührung werden Einstellungen geändert, die man gar nicht verändern wollte. Keine gute Lösung also. Gut dagegen, dass es eine separate Klimaeinheit mit analogen Drehreglern gibt, die gewohnt und verwechslungsfrei zu bedienen sind. Das Bediensystem ist weitestgehend logisch aufgebaut. Der große Funktionsumfang lässt sich durch praktische und haptische Schnellwahltasten unter dem Bildschirm vereinfachen.

Als Anhängelast sind 1500 Kilogramm (gebremst) möglich. Das Platzangebot vorne ist beachtlich. Im Fond fällt es nur durchschnittlich aus, was an der überschaubaren Beinfreiheit liegt. Sind die vorderen Plätze für Personen mit einer Größe von 1,85 Metern eingestellt, reicht diese in Reihe zwei nur noch für 1,80 Meter-Mitfahrer aus. Die Kopffreiheit würde für knapp 2,15 Meter große Menschen genügen. Eine Version mit längerem Radstand, auf Wunsch mit sieben Sitzen, soll laut einer Information von Mercedes vom Februar 2024 "zeitnah" folgen.

Beim Fahren macht der EQT Spaß

Wie alle Elektroautos surrt auch der EQT flott davon. Und die Stille des Stromers ist in einem Fahrzeug wie diesem noch angenehmer, weil die Verbrenner hier sonst für gewöhnlich etwas lauter sind als in B-Klasse und Co. Nimmt man den Fuß vom Gas, rollt der EQT munter aus und wird im besten Fall sogar zum Segler. Es sei denn, man legt den Automatikhebel zur Seite und drückt ihn zwei Stufen nach unten. Dann rekuperiert die E-Maschine mit bis zu 43 kW und der Hochdachkombi lässt sich über lange Strecken mit einem Fuß fahren.

Auch der kräftige Punch der E-Maschine tut dem EQT gut, erleichtert das Überholen und bringt ihn weiter nach vorn. Der kurze Sprint von 15 auf 30 km/h gelingt in etwas über einer Sekunde. Etwas gemächlicher geht es außerorts zu, dennoch ist die Beschleunigung von 60 auf 100 und von 80 auf 120 km/h in völlig ausreichenden 7,4 beziehungsweise 10,7 Sekunden abgeschlossen. Für den Sprint aus dem Stand bis auf 100 km/h gibt der Hersteller eine Zeit von 12,6 Sekunden an.

Der Vortrieb wird bereits bei 132 km/h elektronisch abgeregelt. Das ist gerade so ausreichend, unter dem Aspekt der überschaubaren Reichweite aber durchaus sinnvoll. Ein Argument mehr, dass der EQT eher in die Stadt gehört als auf die Langstrecke.

Camper: Mercedes EQT Marco Polo

Der Small Van Mercedes EQT im Studio mit Vordach
Die Sonderversion des EQT will Platz für zwei Liegeflächen und das nötige Campingequipment bieten© Mercedes-Benz AG

Noch befindet er sich in der Konzeptphase, doch sicher ist jetzt schon: Den Mercedes EQT wird es außer mit dem von Mercedes zu Preisen ab 3100 Euro vertriebenen Marco Polo-Modul auch als speziell angefertigte Campingversion geben. Der elektrische Microcamper schafft dafür durch ein ausfahrbares Faltdach so viel Platz, dass Erwachsene aufrecht darin stehen, kochen und abspülen können. Auf zwei Liegeflächen, eine im Dach und eine im Fond, können zwei Personen und eventuell noch ein Kind schlafen.

Ein Solarpanel auf dem Dach liefert am Campingplatz oder der lauschigen Waldlichtung Strom für die Geräte an Bord, die Batterie wird auf diese Weise geschont. Alle Campingeinbauten sind vollständig ausbaubar, der EQT kann also außerhalb der Urlaubszeit seinen Dienst als Alltagsauto leisten. Bei der nicht gerade großzügig bemessenen Reichweite und der dürftigen DC-Ladeleistung braucht es allerdings eine gute Routenplanung im Voraus. Einen Preis hat Daimler für die Sonderausfertigung noch nicht genannt. Sicherlich dürfte sie aber über 50.000 Euro liegen.

Der Preis ist hoch

Denn schon der EQT in Standardlänge kostete zum Testzeitpunkt (Dezember 2024) als Premium Plus heftige 54.823 Euro. Das waren nicht nur rund 18.000 Euro mehr als die vergleichbare Benziner-Variante, sondern auch rund 11.000 Euro mehr als der französische Technikspender Renault Kangoo E-Tech Electric.

Nach dem Wegfall der Umweltprämie hat Mercedes vorübergehend nach unten an der Preisschraube gedreht. Nominell kostet der EQT Premium Plus aktuell (Stand Februar 2024) laut Mercedes-Konfigurator ab 43.887 Euro. Diese Summe entspricht nicht dem Listenpreis. Sie ergibt sich durch den Abzug eines laut Mercedes befristeten "Barnachlasses" und eines "Barbonus". Der ADAC gibt in seinem Autokatalog der Vergleichbarkeit wegen aber grundsätzlich nur Listenpreise an, zeitlich befristete Rabatte können nicht berücksichtigt werden.

Mercedes EQT: Technische Daten, Preis

Technische Daten (Herstellerangaben)

Mercedes-Benz EQT 200 Standard Premium Plus (ab 07/23)

Motorart

Elektro

Leistung maximal in kW (Systemleistung)

90

Leistung maximal in PS (Systemleistung)

122

Drehmoment (Systemleistung)

245 Nm

Antriebsart

Vorderrad

Beschleunigung 0-100km/h

12,6 s

Höchstgeschwindigkeit

132 km/h

Reichweite WLTP (elektrisch)

276 km

CO2-Wert kombiniert (WLTP)

0 g/km

Verbrauch kombiniert (WLTP)

19,5 kWh/100 km

Batteriekapazität (Netto) in kWh

45,0

Ladeleistung (kW)

AC:22,0 DC:80,0

Kofferraumvolumen normal

551 l

Kofferraumvolumen dachhoch mit umgeklappter Rücksitzbank

1.979 l

Leergewicht (EU)

1.946 kg

Zuladung

444 kg

Anhängelast ungebremst

750 kg

Anhängelast gebremst 12%

1.500 kg

Garantie (Fahrzeug)

2 Jahre

Länge x Breite x Höhe

4.498 mm x 1.859 mm x 1.819 mm

Grundpreis

49.837 Euro

ADAC Messwerte

ADAC Messwerte (Auszug)

Mercedes-Benz EQT 200 Standard Premium Plus

Überholvorgang 60 – 100 km/h

7,4 s

Bremsweg aus 100 km/h

36,6 m

Wendekreis

11,8 m

Verbrauch/CO₂-Ausstoß ADAC Ecotest

22,2 kWh/100 km, 111 g CO₂/km (Well-to-Wheel)

Bewertung ADAC Ecotest (max. 5 Sterne)

****

Reichweite

235 km

Innengeräusch bei 130 km/h

71,1 dB(A)

Leergewicht / Zuladung

1868 / 522 kg

Kofferraumvolumen normal / geklappt / dachhoch

530 / 930 / 1990 l

ADAC Testurteil

ADAC Testergebnis

Mercedes-Benz EQT 200 Standard Premium Plus (ab 07/23)

Karosserie/Kofferraum

2,5

Innenraum

2,5

Komfort

3,0

Motor/Antrieb

1,7

Fahreigenschaften

2,9

Sicherheit

2,1

Umwelt/EcoTest

1,9

Gesamtnote

2,3
Sicherheit und Umwelt werden doppelt gewertet

sehr gut

0,6 - 1,5

gut

1,6 - 2,5

befriedigend

2,6 - 3,5

ausreichend

3,6 - 4,5

mangelhaft

4,6 - 5,5

Text: Thomas Geiger, Wolfgang Rudschies, Gabriel Kroher

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