Van oder SUV? Vor dieser Frage steht, wer einen erhöhten Platzbedarf hat. Bei BMW gibt es hier die Wahl zwischen dem 2er Active Tourer und dem etwa gleich großen X1. Welcher ist besser? Der ADAC hat verglichen.
Standen Vans als ideale Allzweckfahrzeuge vor ein paar Jahren besonders bei Familien noch hoch im Kurs, haben ihnen SUVs in allen Größen mittlerweile den Rang abgelaufen. Schließlich sehen die Trendfahrzeuge besser aus – und sind genauso geräumig wie praktisch. Oder etwa doch nicht? Wo die Unterschiede liegen, hat der ADAC anhand eines BMW 218d Active Tourer und eines BMW X1 sDrive 18d überprüft. Beide treten mit dem selben 150-PS-Diesel, Frontantrieb und Automatikgetriebe an.
Hier folgen die Einzelheiten der ADAC Testkategorien:
Die Verarbeitung der beiden in Leipzig (2er Active Tourer) und Regensburg (X1) hergestellten Fahrzeuge ist tadellos. Die Spaltmaße sind gleichmäßig, die Materialien im Innenraum angenehm und hochwertig.
Der 2er hat den größeren Tank und dadurch die bessere Reichweite. Vorteil SUV: Mit 1,8 Tonnen Anhängelast kann er schwerere Anhänger ziehen als der Van, der maximal 1,3 Tonnen an den Haken nehmen darf. Die Stützlast unterscheidet sich mit 75 (2er) zu 80 Kilogramm (X1) dagegen kaum.
Überraschend: Beim Kofferraumvolumen hat der X1 mit bis zur Laderaumabdeckung gemessenen 365 Litern Volumen einen entscheidenden Vorteil zum Van mit 290 Litern. Sind die Sitze umgeklappt, nimmt der X1 mit gemessenen 1280 Litern Fassungsvermögen 50 Liter mehr auf als der 2er. Der Van sammelt mit seiner niedrigeren Ladekante Pluspunkte. Seine dreigeteilte Rücksitzlehne lässt sich zudem vom Kofferraum aus elektrisch entriegeln. Beim X1 klappt die dreiteilige Rückbank nur mechanisch um. Insgesamt schlägt der SUV den Van.
Schon auf den ersten Blick sieht man: Die Armaturenbretter sehen sich sehr ähnlich. Sie sind es auch, was die Bedienung angeht. Die Basisfunktionen gehen intuitiv von der Hand, Knöpfe und Schalter finden sich problemlos. Gut: BMW hat nicht alles in den Bildschirm gepackt, sondern setzt auch noch auf feste Tasten für Radio und Klimaanlage. Das erleichtert die Handhabung für oft benutzte Funktionen.
Für speziellere Einstellungen erfordern die umfangreichen Menüs etwas mehr Eingewöhnungszeit, auch wenn BMW mit seinem ablenkungsfrei bedienbaren iDrive-System gut aufgestellt ist. Mit dem Dreh-Drück-Steller (im X1 etwas zu tief angebracht) lässt sich das meiste einfach aus dem Handgelenk bedienen. Keine Unterschiede gibt es bei der Multimedia-Ausstattung mit optionalem DAB+-Empfang; USB-Anschlüsse und Bluetooth sind serienmäßig.
Das Platzangebot in der ersten Reihe ist in beiden BMW tadellos. Wegen des nicht ganz so wuchtigen Armaturenträgers und der größeren Fensterflächen fällt das Raumgefühl im 2er Active Tourer aber besser aus. In der zweiten Reihe bietet aber der SUV minimal mehr Platz als der Van. Bei der Variabilität kann wiederum der 218d punkten, da sich die Rückbank flexibler einstellen lässt und die Ablagen praktischer gestaltet sind. Daher kann der Van einen kleinen Vorsprung für sich verbuchen und bekommt in diesem Kapitel die bessere Note.
218d und X1 treten mit dem optionalen und sehr empfehlenswerten adaptiven Fahrwerk zum Vergleich an. Das bietet gerade im Komfort-Modus einen besseren Federungskomfort als das Standard-Fahrwerk. Zur wogenden Sänfte wird der Van dabei dennoch nie – auch ein Van muss bei BMW eben noch sportlich sein. Beim Umstieg in den X1 merkt man, dass das SUV- Fahrwerk noch eine Spur härter abgestimmt ist.
Die in beiden Kandidaten verbauten optionalen Sportsitze bieten guten Seitenhalt und einen angenehmen Langstreckenkomfort, die Sitzflächen sind aber relativ schmal geschnitten. Hinten stört im X1 auf längeren Strecken ein recht enger Kniewinkel.
Ruhig fahren beide Diesel, der X1 ist bei 130 km/h aber noch einen Touch leiser. Fährt man schneller, machen sich bei ihm aber Windgeräusche stärker bemerkbar. Vor allem wegen der etwas komfortableren Federung erzielt der 2er in diesem Kapitel die bessere Gesamtnote.
In beiden Fahrzeugen arbeitet der gleiche 2,0-Liter-Turbodiesel mit 150 PS. Die Fahrleistungen sind zwar nicht sportlich, aber man kommt durchaus flott ans Ziel. Auch aus niedrigen Drehzahlregionen ziehen die Motoren kräftig durch. Der etwas leichtere 2er hat allerdings den etwas besseren Durchzug (Elastizität) als der X1. Im Alltag merkt man den Unterschied aber kaum.
Die Laufkultur ist für Vierzylinder-Diesel relativ gut. Die Motoren halten sich zurück und geben nur bei niedrigen Drehzahlen ein leichtes Brummen von sich. Ihre Leistung entfalten sie homogen und reagieren gut aufs Gas.
So klappt auch die Zusammenarbeit mit den optionalen Automatikgetrieben sehr gut. Die Acht-Stufen-Automatik erreicht nicht ganz die Geschmeidigkeit wie in den größeren BMW mit längs eingebautem Motor, dennoch gibt es kaum einen Anlass zur Kritik, denn sie schaltet geschliffen und weitgehend unmerklich. Im X1 ist lediglich in den unteren Gängen manchmal ein leichter Ruck zu spüren.
Die Erwartungen an die Fahrstabilität eines BMW kann der 218d voll erfüllen. Der Wagen liegt sicher auf der Straße und lässt sich kaum aus der Spur bringen. Im Vergleich dazu untersteuert der X1 stärker und läuft Spurrinnen stärker nach.
Ein ähnliches Bild ergibt sich auch beim ADAC Ausweichtest, den der 2er deutlich neutraler durchfährt als der X1. Im Bedarfsfall regeln die ESP-Systeme aber jeweils effektiv.
Die Lenkung des Active Tourer ist passend zum Auto abgestimmt und leistet sich kaum Schwächen, da die erforderliche Lenkkraft stets passt und der Wagen sich für einen Van sehr zielgenau und mit guter Fahrbahnrückmeldung dirigieren lässt. Die im X1 verbaute optionale M Sportlenkung spricht wegen der etwas direkteren Übersetzung noch exakter auf kleinste Lenkbewegungen an, was den SUV noch agiler wirken lässt.
Mit einem Bremsweg von 37,2 Metern aus 100 km/h kann der BMW X1 nicht überzeugen. Auch die 36 Meter des 2er sind heutzutage eher mäßig.
Bei der aktiven Sicherheit können beide überzeugen. Über die jeweils verbaute Frontkamera wird ein serienmäßiges automatisches Notbremssystem realisiert, das allerdings bei tief stehender Sonne, Gischt und anderen Widrigkeiten an seine Grenzen gerät. Weitere Assistenzsysteme gibt es meist gegen Aufpreis.
Beim Crashtest schneidet der 2er mit 84 Prozent der erreichbaren Punkte nicht ganz so gut ab wie der X1, der sechs Prozentpunkte mehr erzielt. Front-, Seiten- und Kopfairbags vorn sind jeweils serienmäßig. Die Kopfstützen vorn reichen etwa für Personen bis zu 1,90 Meter Größe. Nach einem Unfall setzen die zwei BMW selbstständig einen Notruf ab.
Bei der Kindersicherheit erreicht der 2er Active Tourer mit 84 Prozent der Punkte drei weniger als der X1, auch wenn sich beim 2er Kindersitze auf der Rückbank besser mit den Sicherheitsgurten befestigen lassen. Auf der Rückbank sind die äußeren Plätze jeweils mit Isofix- Vorrichtungen versehen, beim Beifahrersitz kostet das System jeweils Aufpreis. Etwas unsinnig ist die kinderleicht zu deaktivierende Kindersicherung für die hinteren Türen in den Vergleichsfahrzeugen.
Beim Fußgängerschutz kann sich der X1 überraschenderweise stark vom 2er absetzen. Die Kante der Motorhaube, der Bereich unterhalb der Frontscheibe und der Bereich um die A-Säulen sind im 2er so hart gestaltet, dass dieser mit 60 Prozent der Punkte nur ein ausreichendes Ergebnis erzielt – und damit 14 Zähler weniger als der X1.
Der 2er hat im Vergleich zum X1 eine kleinere Stirnfläche,
einen besseren Cw-Wert und wiegt etwas weniger. Das sorgt trotz identischem Motor für einen niedrigeren Verbrauch: Im ADAC Ecotest kommt der Van mit 5,6 Litern im Schnitt auf 0,3 weniger als der
SUV.
Dass BMW die Schadstoffe bei Dieselmotoren im Griff
hat, beweisen beide Fahrzeuge. Die aufwändige Abgasnachbehandlung
zahlt sich hier aus und alle zwei Testfahrzeuge
können bei den Schadstoffen die vollen 50 Punkte
erreichen. In Kombination holen sich die BMWs damit
jeweils vier Sterne im ADAC Ecotest.
Premiumautos haben grundsätzlich ihren Preis.
Das sieht man auch an den beiden BMW, die bei Grundpreisen um die 40.000 Euro mit der Zusatzausstattung der Testwagen
je knapp über 50.000 Euro kosten.
Die monatlichen
Gesamtkosten halten sich dagegen einigermaßen
in Grenzen. Für den 2er müssen bei üblicher Jahresfahrleistung
689 Euro aufgewendet werden, für den X1 immerhin
724. Der Unterschied ergibt sich hauptsächlich aus
dem höheren Wertverlust. Die Versicherungseinstufungen
des 2er sind dagegen nur unwesentlich
günstiger als die des X1.
Dass sich beide BMW-Modelle sehr ähnlich sind, dürfte keinen überraschen. So herrscht am Ende mit einer Autotest-Note von 2,3 Gleichstand. SUV-Fans dürfen dabei gern herauslesen, dass die oftmals umstrittene Fahrzeuggattung bis auf den leicht höheren Verbrauch keine Nachteile hat gegenüber einem Van.
Van-Freunden zeigt das Ergebnis, dass diese Fahrzeuggattung zu Unrecht aus der Mode gekommen ist und den trendigen SUV auf Augenhöhe begegnet. Günstiger fährt man mit dem BMW 2er Active Tourer ohnehin: Bei den Kosten hat er die Nase vorn.
Test von 2018. Technische Daten und Preise können sich inzwischen geändert haben
ADAC Messwerte
(Auszug)
BMW 218d Active Tourer
BMW X1 sDrive 18d
Überholvorgang 60-100 km/h
5,7 s
5,9 s
Bremsweg aus 100 km/h
36,0 m
37,1 m
Wendekreis
11,5 m
11,5 m
Verbrauch / CO₂-Ausstoß ADAC Ecotest
5,6 l Diesel/100 km, 178 g CO₂/km (Well-to-wheel)
5,9 l Diesel/100 km, 187 g CO₂/km (Well-to-wheel)
Bewertung ADAC Ecotest (max. 5 Sterne)
****
****
Reichweite
910 km
860 km
Innengeräusch bei 130 km/h
67,7 dB (A)
66,7 dB (A)
Leergewicht / Zuladung
1585 / 455 kg
1620 / 505 kg
Kofferraumvolumen normal / geklappt / dachhoch
290 / 670 / 1230 l
365 / 715 / 1280 l
ADAC Testergebnis
BMW 218d Active Tourer
BMW X1 sDrive 18d
Karosserie/Kofferraum
2,6
2,5
Innenraum
2,0
2,1
Komfort
2,4
2,5
Motor/Antrieb
1,7
1,9
Fahreigenschaften
2,3
2,7
Sicherheit
2,5
2,2
Umwelt/Ecotest
2,3
2,5
Gesamtnote
2,3
2,3
Autokosten
2,3
2,5
Die Kapitel Sicherheit und Umwelt werden doppel gewertet; Die Autokosten-Note geht nicht in die Gesamtnote ein, da sie nicht die Produkteigenschaften bewertet und stets variiert