Partikelemissionen: Benzinmotoren könnten noch besser sein

Partikelschleuder: Renault Clio mit Saugrohreinspritzung
Partikelschleuder: Renault Clio mit Saugrohreinspritzung© ADAC/Test und Technik

Um die Grenzwerte der aktuellen Abgasnorm einzuhalten, nutzen Diesel- und immer mehr Benzinmodelle einen Partikelfilter. Doch wie sauber sind sie tatsächlich? Der ADAC zeigt aktuelle Ergebnisse aus Green NCAP und dem ADAC Ecotest.

Die Diskussionen um den Verbrennungsmotor reißen nicht ab. Eine Verschärfung der Emissionsgrenzwerte im Rahmen der zukünftigen Euro-7-Abgasnorm bis hin zum Verbot des Verbrennungsmotors stehen dabei im Raum.

Tests von Green NCAP und ADAC Ecotest

Dass Diesel-Pkw mit modernster Abgastechnik sehr geringe NOₓ-Emissionen über den gesamten Einsatzbereich aufweisen können und bereits deutlich unter dem aktuellen Euro-6-NOₓ-Grenzwert von 80 mg/km liegen, haben Messungen von Green NCAP und ADAC schon bewiesen. Hier gibt es also kein Problem mehr. Aber wie sauber sind aktuelle Benziner- und Dieselmodelle hinsichtlich ihrer Rußpartikel-Emissionen, die unsere Lungen schädigen können?

Die Testkandidaten bei Green NCAP: Die in Europa 25 meistverkauften Modelle mit Ottomotor (davon zwei mit Erdgas/CNG-Antrieb) sowie 17 Modelle mit Dieselmotor in unterschiedlichen Fahrzeugsegmenten. Beim ADAC Ecotest wurden insgesamt 136 Modelle mit Ottomotor (davon zwei mit CNG-Antrieb) sowie 106 Modelle mit Dieselmotor unter die Lupe genommen. Alle gemessenen Fahrzeuge entsprechen der Abgasnorm Euro 6d bzw. Euro 6d-TEMP.

Benzin oder Diesel: Partikelemissionen im Vergleich

Die Green-NCAP-Testprozedur basiert auf dem aktuellen Abgasmessverfahren WLTP (Worldwide harmonized Light-duty Test Procedure) und dessen neuem Prüfzyklus WLTC (Worldwide harmonized Light-duty Test Cycle). Im Falle von Green NCAP wird er WLTC+ genannt: Das "+" soll dabei symbolisieren, dass die Tests über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehen. Denn im Gegensatz zum Typgenehmigungsverfahren werden die Messungen bei niedrigerer Umgebungstemperatur durchgeführt (14 Grad Celsius statt 23 Grad Celsius). Zusätzlich wird ein WLTC-Zyklus bei -7 Grad Celsius gefahren sowie der vom ADAC Ecotest übernommene Autobahnzyklus BAB130.

Das Ergebnis: Alle Tests von Green NCAP* zeigen, dass die durchschnittliche Partikelzahl (PN) über alle Modelle mit Ottomotor nicht nur bei 14 Grad Celsius mit kaltem bzw. betriebswarmen Motor, sondern auch mit Kaltstart bei -7 Grad Celsius sowie im Autobahnzyklus deutlich unter dem aktuellen Euro-6-PN-Grenzwert von 6 x 10¹¹/km liegen. Die Messungen der Straßentests (RDE) bestätigen die Ergebnisse. Ein vergleichbares Bild zeigen auch die Messungen des ADAC Ecotest.

Es wird aber auch deutlich, dass in allen Tests die durchschnittliche Partikelzahl der gemessenen Modelle mit Ottomotor deutlich höher sind als die durchschnittliche Partikelzahl der gemessenen Modelle mit Dieselmotor (mit Partikelfilter). Allerdings liegen die Emissionen der Modelle mit Ottomotor insgesamt wesentlich unter den Emissionen von früheren Dieseln ohne Partikelfilter.

Ohne Partikelfilter: Benziner mit Saugrohreinspritzung

Waren die feinen Rußpartikel früher ausschließlich ein Problem der Dieselfahrzeuge, hatten vor einigen Jahren plötzlich auch die Benziner damit zu kämpfen. Genauer gesagt: Die hochaufgeladenen Benzin-Direkteinspritzer, bei denen der Sprit direkt in den Brennraum injiziert wird. Der Vorteil: bis zu 25 Prozent weniger Verbrauch. Der Nachteil: eine zwangsläufig unsauberere Verbrennung und damit mehr verbrannte Rußteilchen im Abgas.

Deshalb schreibt die aktuelle Pkw-Abgasgesetzgebung für Dieselmotoren sowie für Ottomotoren mit Direkteinspritzung einen Partikelmasse- (PM) sowie einen Partikelzahl-Grenzwert (PN) von 6 x 10¹¹ je Kilometer im Labor vor. Dieselfahrzeuge erreichen den Grenzwert durch Dieselpartikelfilter (DPF), Direkteinspritzer meist durch Ottopartikelfilter (OPF) oder Vier-Wege-Kat.

Das Problem: Für Ottomotoren mit Saugrohreinspritzung gelten die Grenzwerte nicht! Doch im Rahmen des ADAC Ecotest fallen immer wieder Fahrzeugmodelle mit diesen Motoren hinsichtlich ihres deutlich erhöhten Partikelausstoßes auf. Aktuelle Auswertungen der Messergebnisse von insgesamt 136 Modellen mit Ottomotor der Abgasnorm Euro 6d bzw. Euro 6d-TEMP zeigen, dass die durchschnittliche Partikelzahl (PN) über alle Modelle mit Otto-Direkteinspritzermotoren (120 Modelle) im Schnitt deutlich niedrigere Partikelemissionen aufweisen als Modelle mit Saugrohreinspritzung (16 Modelle). Denn vor allem Otto-Direkteinspritzermotoren mit Partikelfilter (107 Modelle) schneiden hier besonders gut ab.

Auffälligkeiten bei den Saugrohreinspritzern zeigen die Modelle von Renault (Twingo SCe 75, Captur TCe 100, Clio TCe 100), Subaru (Levorg 2.0i, Outback 2.5i), Lada (Vesta 1.6) und Ford (Ka+ 1.2): Sie würden klar über dem Grenzwert für Direkteinspritzer liegen. Könnten sie auch Ottopartikelfilter nutzen? Klar, aber das erhöht minimal den Verbrauch – und verursacht für die Hersteller natürlich Extrakosten.

Ultrafeinstpartikel werden gar nicht ausgewertet

Generell weisen Rußpartikel, die im Verbrennungsmotor entstehen, eine Größe von weniger als 10 Nanometer (nm) bis einige Hundert Nanometer auf. Zur Veranschaulichung: Ein Nanometer entspricht dem Millionstel eines Millimeters. Studien haben gezeigt, dass diese Ultrafeinstpartikel im Nanometerbereich Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen vor allem bei Risikogruppen begünstigen. Doch die aktuelle Pkw-Abgasgesetzgebung bezieht sich lediglich auf Feinstaubpartikel ab einer Größe von 23 nm.

Im Rahmen von Green NCAP wurden Messungen von Ultrafeinstaubpartikel ab 10 nm an zwölf Fahrzeugmodellen durchgeführt: Zwei Dieselmodelle, zwei Erdgasmodelle sowie je vier Benzinermodelle mit bzw. ohne Partikelfilter. Die aktuellen Auswertungen zeigen, dass alle Motorvarianten höhere Partikelemissionen aufweisen, wenn Ultrafeinstpartikel ab 10 nm berücksichtigt werden. Besonders auffällig sind hier wieder die Benziner ohne Partikelfilter.

Hier finden Sie alle Detailergebnisse der Messungen der Partikelemissionen von Diesel- und Ottomotoren von Green NCAP und dem ADAC
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Und hier finden Sie die englische Version des PDF.
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ADAC: Grenzwerte müssen technisch machbar sein

Läge auch über dem Partikel-Grenzwert: Der Sauger Renault Captur © ADAC/Test und Technik

Die aktuellen Messergebnisse zeigen, dass Diesel-Pkw mit modernster Abgastechnik sehr geringe Partikelemissionen über den gesamten Einsatzbereich aufweisen können und bereits deutlich unter dem aktuellen Euro-6-Grenzwert liegen. Ottomotoren weisen dagegen noch ein deutliches Verbesserungspotenzial auf, insbesondere Ottomotoren mit Saugrohreinspritzung. Der ADAC steht einer Überarbeitung der Verordnungen hinsichtlich der Verringerung der Schadstoffemissionen von Straßenfahrzeugen (Euro 7) offen gegenüber.

Die Fortschreibung der Regelwerke zur Luftqualität (immissionsseitig) und zu Abgasstandards (emissionsseitig) muss jedoch besser als in der Vergangenheit koordiniert werden (Negativbeispiel: Umweltzonen und Fahrverbote).

Der Grundsatz „Wirkvorschrift statt Bauvorschrift“ muss auch bei der Weiterentwicklung der Emissionsgrenzwerte für Fahrzeuge gelten, sie darf nicht von vornherein darauf zielen, eine konkrete Technologie wie den Verbrennungsmotor ins Aus zu manövrieren. Neue Grenzwerte können anspruchsvoll und im Rahmen des durchaus bestehenden Spielraums verschärft werden, sollten dabei aber technisch machbar bleiben.

Insbesondere technologieunabhängige identische Grenzwerte für Benzin und Diesel gehören seit Jahrzehnten zu den grundlegenden Forderungen des ADAC. In diesem Zusammenhang wird vor allem die Ausweitung des Geltungsbereichs des Partikelmasse- (PM) und Partikelzahl-Grenzwertes (PN) auf Ottomotoren mit Saugrohreinspritzung empfohlen.

Darüber hinaus soll der Partikelzahl-Grenzwert (PN) ein möglichst breites Größenspektrum der motorischen Partikelemissionen abdecken. Rußpartikel, die im Verbrennungsmotor entstehen, weisen eine Größe von weniger als 10 nm bis einige Hundert nm auf. Die aktuelle Pkw-Abgasgesetzgebung bezieht sich auf Feinstaubpartikel ab einer Größe von 23 nm.

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Thomas Kroher
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