Dieselfahrverbot: Alle Fragen und Antworten
2.1.2019
Mit Hardware-Nachrüstungen, Software-Updates und Flottenwechsel will die Bundesregierung die Diesel-Krise entschärfen. Wir beantworten die wichtigsten Fragen rund um Dieselfahrverbote: Wo gibt es Fahrverbote und wo drohen sie? Und welchen Diesel soll man kaufen?

Diesel-Paket: Das muss ich wissen
Um Fahrverbote zu verhindern hat der Bund am 2.10.2018 ein Maßnahmenbündel vorgestellt. Dazu gehören Software-Updates und Flottenwechsel ebenso wie Hardware-Nachrüstungen. Die angekündigten genehmigungsrechtlichen Voraussetzungen für die Nachrüstung sollten jetzt schnellstmöglich geschaffen werden, damit es vorangeht.
Eine gute Nachricht für alle betroffenen Autofahrer ist die vorgesehene Regelung, dass es keine Blaue Plakette geben wird und dass neben Euro 6-Diesel-Pkw auch besonders saubere Fahrzeuge (<270 mg NOx je km) grundsätzlich von Fahrverboten ausgenommen werden sollen – egal, ob nachgerüstet oder mit Update, egal ob Euro 4 oder 5. Auch hier steckt der Teufel noch im Detail: Vom zugrunde liegenden Messverfahren ist abhängig, welche Fahrzeuge diese Hürde tatsächlich nehmen werden.
Regelungen in den Städten
Fahrverbot in Berlin
Gültig ab | Spätestens Juni 2019 |
Betroffene Fahrzeuge | Diesel-Abgasnorm Euro 1-5 |
Fahrverbotszone |
Elf Abschnitte auf insgesamt acht Straßen in der Innenstadt, inklusive zentraler Hauptverkehrs- und Verbindungsstrecken in Mitte und Alt-Moabit, z.B. Leipziger Straße und Friedrichstraße |
Strafen | Noch nicht bekannt |
Ausnahmen | Noch nicht bekannt |
Sonstiges | Das Land Berlin muss die Ausweitung der Fahrverbote auf 120 Straßenabschnitte (insgesamt 15 Kilometer) prüfen. |
Fahrverbot in Bonn
Gültig ab | April 2019 |
Betroffene Fahrzeuge | Diesel-Abgasnorm Euro 1-4 sowie Benziner der Klassen Euro 1 und 2 |
Fahrverbotszone | Zwei vielbefahrene und damit sehr belastete Straßen |
Strafen | Noch nicht bekannt |
Ausnahmen | Noch nicht bekannt |
Fahrverbot in Darmstadt
Gültig ab | Mitte 2019 |
Betroffene Fahrzeuge | Diesel-Abgasnorm Euro 1-5 und Benziner der Klassen Euro 1 und 2 |
Fahrverbotszone | Hügelstraße und Heinrichstraße |
Strafen | noch nicht bekannt |
Ausnahmen | Rettungswagen, Müllabfuhr, Straßenreinigung, örtliche Handwerker (nach Genehmigung), nachgerüstete Fahrzeuge |
Sonstiges | Übergangsregelungen mit Verlängerungsoption für Anwohner |
Fahrverbot in Essen
Gültig ab | ab 1. Juli 2019 |
Betroffene Fahrzeuge | Diesel-Abgasnorm Euro 1-4 und Benziner der Klassen Euro 1 und 2. Ab September auch für Euro-5-Diesel |
Fahrverbotszone | aktuelle grüne Umweltzone, u.a. ein Abschnitt der A 40 |
Strafen | noch nicht bekannt |
Ausnahmen | Gewerbetreibende |
Fahrverbot in Frankfurt
Gültig ab | Umsetzung offen |
Betroffene Fahrzeuge | Diesel Abgasnorm Euro 1-4 und Benziner der Klassen Euro 1 und 2 |
Fahrverbotszone | Voraussichtlich die derzeitige Umweltzone, also die Fläche innerhalb des Autobahnrings rund um die Stadt |
Strafen | Noch nicht bekannt |
Ausnahmen | Noch nicht bekannt |
Sonstiges | Ab September 2019 wird das Fahrverbot auch für Euro-5-Diesel gelten |
Fahrverbot in Gelsenkirchen
Gültig ab | 1. Juli 2019 |
Betroffene Fahrzeuge | Diesel-Abgasnorm Euro 1-5 |
Fahrverbotszone | Kurt-Schumacher-Straße |
Strafen | Noch nicht bekannt |
Ausnahmen | Gewerbetreibende |
Fahrverbot in Hamburg
Gültig seit | 1. Juni 2018 |
Betroffene Fahrzeuge | Kraftfahrzeuge der Diesel-Abgasnorm Euro 1/I bis 5/V |
Fahrverbotszone |
Max-Brauer-Allee für Pkw, Lkw und sonstige mehrspurige Kraftfahrzeuge (zw. Chemnitzstraße/Gerichtstraße/Julius-Leber-Straße und Holstenstraße) und Stresemannstraße für Kraftfahrzeuge über 3,5t zgG einschließlich Anhänger und Zugmaschinen (ausgenommen Pkw und Omnibusse) (zw. Kaltenkircher Platz und Neuer Kamp) |
Strafen | Verwarn- bzw. Bußgeld in Höhe von 25 (Pkw) bis 75 Euro (Lkw) |
Ausnahmen | Anwohner, Rettungsdienste, Gewerbetreibende |
Fahrverbot in Köln
Gültig ab | April 2019 |
Betroffene Fahrzeuge | Diesel-Abgasnorm Euro 1-4 sowie Benziner der Klassen Euro 1 und 2. Ab September auch für Euro-5-Diesel |
Fahrverbotszone | Gesamte Umweltzone |
Strafen | Noch nicht bekannt |
Ausnahmen | Noch nicht bekannt |
Fahrverbot in Mainz
Gültig ab | evtl. 1. September 2019 (wenn der Grenzwert für Stickstoffdioxid in den ersten sechs Monaten 2019 nicht eingehalten wird) |
Betroffene Fahrzeuge | Diesel-Abgasnorm Euro 5 für einzelne Straßen, Euro 4 und älter für ganze Zonen |
Fahrverbotszone | Noch nicht bekannt |
Strafen | Noch nicht bekannt |
Ausnahmen | Noch nicht bekannt |
Fahrverbot in Stuttgart
Gültig ab | Seit 1. Januar 2019 für Auswärtige, ab April für Stuttgarter |
Betroffene Fahrzeuge | Pkw und Lkw der Diesel-Abgasnorm Euro 4 bzw. IV und älter |
Fahrverbotszone | im gesamten Stadtgebiet (aktuelle Umweltzone) |
Strafen | 80 Euro Bußgeld |
Ausnahmen | z.B. Lieferverkehr, Rettungsdienste, Menschen mit Behinderung. Weitere Ausnahmeregelungen finden Sie hier. |
Sonstiges | Mitte 2019 soll über Verschärfungen nachgedacht werden |
Fragen zu den Fahrverboten
Wie werden Fahrverbote kontrolliert?
In Hamburg führt die Polizei Kontrollen in Stichproben über die Prüfung der Fahrzeugpapiere durch. In den anderen Städten wird dies wohl ähnlich gehandhabt werden, zum Teil ist man sich aber noch nicht einig.
In der Diskussion ist immer wieder die blaue Plakette für „saubere“ Dieselautos, z. B. durch eine blaue die Kontrollen erleichtern würde. Vor allem Umweltschützer und manche Städte-Vertreter fordern sie. Zuständig für eine Einführung ist aber die Bundesregierung. Der Bundesverkehrsminister, Andreas Scheuer, CSU, hat eine blaue Plakette aber bereits als „fachlich begründet falsch“ abgelehnt; sie bedeute „in der Folge Fahrverbote“. Auch im neuen Koalitionsvertrag wird eine blaue Plakette nicht erwähnt.
Gibt es Ausnahmen bei den Fahrverboten?
Alle sind sich einig, dass es Ausnahmen geben wird, zum Teil gibt es dazu auch bereits konkrete Aussagen (siehe Tabellen oben).
Um sicherzustellen, dass das jeweilige regionale Einfahrtsverbot dem vom Bundesverwaltungsgericht vorgegebenen Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügt, ist immer zu prüfen, wem eine Ausnahme von diesem Verbot zu gewähren ist. Der jeweilige ADAC Regionalclub wird daher für jedes Dieselfahrverbot vor Ort klären, ob die Vorgaben vom Bundesverwaltungsgericht eingehalten werden.
Folglich wird es Ausnahmen für Anwohner, Schwerbehinderte oder Gewerbetreibende (gerade Handwerker sind meistens mit Dieselfahrzeugen unterwegs) geben. Diese Ausnahmen können entweder durch Zusatzzeichen oder Allgemeinverfügung gewährt werden. Auch Ausnahmen nach der Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV) sind zu berücksichtigen.
Wer über diese Zwecke hinaus eine Ausnahme benötigt, der kann sich an die zuständige Straßenverkehrsbehörde der betroffenen Gemeinde wenden, um eine Ausnahmegenehmigung zu beantragen.
Welches Auto (Neuwagen oder Gebrauchtwagen) soll ich nun kaufen?
Wer weiterhin in städtische Umweltzonen fahren will, in denen neue Fahrverbote drohen, sollte einen Diesel-Pkw mit dem neuen Abgasstandard Euro 6d TEMP bzw. Euro 6d wählen, oder, wenn das gewünschte Modell nicht in dieser Schadstoffnorm angeboten wird, sich für eine Alternative zum Diesel entscheiden. Oder aber mit dem Kauf eines Diesels noch warten, bis entsprechende Fahrzeuge mit dem neuen Abgasstandard verfügbar sind. Denn es besteht das Risiko, dass man wegen zu hoher Stickoxidemissionen mit gebrauchten oder derzeit neu zugelassenen Diesel-Fahrzeugen der Abgasnorm Euro 6a bis Euro 6c mittelfristig nicht mehr in alle Innenstädte fahren darf.
Erst ab der Schadstoffklasse Euro 6d TEMP bzw. Euro 6d sind die Fahrzeuge im Realbetrieb sauber. Hier ist das Risiko gering, in den nächsten Jahren in Deutschland von innerstädtischen Fahrverboten betroffen zu sein. Eine Übersicht der Euro 6d TEMP Autos finden Sie hier.
Technische Nachrüstungen
Welche Fahrzeuge eignen sich für Nachrüstungen?
Von den Fahrverboten sind ältere Diesel betroffen, die die Norm Euro 6 nicht erfüllen. Zunächst stehen Dieselfahrzeuge der Abgasnormen 1 bis 4 im Blickpunkt, denn die Richter des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig hatten in ihrem Urteil festgelegt, dass Euro-5-Diesel frühestens ab September 2019 mit Fahrverboten belegt werden dürfen.
Gerade bei den noch häufig im Straßenverkehr zu findenden und teils relativ neuen Euro-5-Dieseln könnten Nachrüstungen greifen. Ende Dezember 2018 hat Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) die technischen Vorschriften und Rahmenbedingungen für die Hardware-Nachrüstungssysteme vorgestellt. Sie sehen vor, dass ein Euro-4- oder Euro-5-Diesel nach der Umrüstung höchstens 270 mg NOx pro Kilometer ausstoßen darf, außerdem muss der Nachrüst-Bausatz bis zu einer Temperatur von -7 Grad funktionieren und mindestens fünf Jahre oder für 100.000 Kilometer durchhalten.
Kann ich heute schon nachrüsten?
Zugelassene Nachrüstsysteme zur Reduzierung der NOx-Emissionen gibt es allerdings noch nicht. Bei den vom ADAC getesteten Nachrüst-Systemen handelte es sich um Prototypen, die umgebauten Fahrzeuge wurden mit einer Ausnahmegenehmigung eines Regierungspräsidiums betrieben.
Für den flächendeckenden Einsatz ist dies nicht praktikabel. Für eine serienreife Umsetzung sind darüber hinaus eine modellspezifische Anpassung der Systeme und deren Erprobung im Dauerbetrieb erforderlich. Dies erfordert noch Entwicklungszeit und vor allem die Unterstützung der Fahrzeughersteller. An der fehlt es allerdings noch: VW etwa rät seinen Kunden ausdrücklich vom nachträglichen Einbau eines Nachrüst-Systems von einem Fremdanbieter ab.
Sie haben noch Fragen rund um die Themen Fahrverbote, Abgas- und Dieselproblematik? Stellen Sie sie in der ADAC Community.