Alaska mit dem Wohnmobil: Unterwegs im Elch-Dorado

Lange Tage, leere Strände, große Tiere, Gold und Gletscher: Mit dem Wohnmobil durch das herbstliche Alaska – bis zur westlichsten Straße des Kontinents.
Hardcore-Wandern im Denali Nationalpark
Schneebedeckte Vulkane im Lake-Clark-Nationalpark
Anchor Point – der westliche Zipfel Nordamerikas
Anchorage: Die Stadt an der Grenze zur Wildnis

Willkommen in Anchorage: Gut die Hälfte der knapp 740.000 Einwohner Alaskas leben hier; an den "Trails", schmalen Wegen für Wanderer und Biker, treffen Zivilisation und Wildnis direkt aufeinander – auch Elche verlaufen sich gern in die Stadt und knabbern an bunten Vorgarten-Blumen. Die Trails bilden eine gedachte Trennlinie zwischen Stadt und Land. Und somit zum Rest Alaskas: Dem zugleich nördlichsten, westlichsten und, da einige Inseln geografisch betrachtet bis nach Asien hineinreichen, auch östlichsten Staat von Amerika. Dem größten sowieso.
Den – besser einen Teil davon – wollen wir erkunden. Mit einem RV, Recreation Vehicle, einem Wohnmobil. 10 Meter lang, riesig wie das Land. Angemessen. Und nicht mehr das Jüngste. Es rappelt und holpert, als wir Anchorage Richtung Norden verlassen. Auf der Straße: weitere RVs, Pick-ups, große Full-Size-SUVs. Andere Autos scheint es hier nicht zu geben.
Camping im 49. Bundesstaat der USA

Das Ziel: Der Denali Nationalpark. Doch vorher hat die Langstrecken-Planung noch einen Stopp vorgesehen. Ein Camping-Platz mitten im Wald hält für zehn Dollar Aufpreis eine "Pull-Through-Site" bereit: Von hinten rein, nach vorne wieder raus, ohne zu rangieren. Praktisch mit einem Camper dieser Länge.
Wir sind in einem Dorado für Angler gelandet, die in einem ausuferndem Fluss ihr Glück versuchen. Die Städter auf Tagesausflug zahlen ohne Murren zehn Dollar Parkgebühr – das Auto hier einfach irgendwo abzustellen, scheint so wenig statthaft wie wildes Campen.
Warum, das stellen wir bei der Weiterfahrt fest: Überall dort, wo Alaska erschlossen ist, wo Straßen oder Wege hinführen, ist es meist auch an Privathand verkauft. Und Schilder mit "Keep out", "No Trespassing", "Private Property" versperren den Weg. Angesichts der Tatsache, dass im Walmart Gewehre und Handfeuerwaffen frei verkäuflich im Regal stehen, hält man sich besser daran.








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Denali: Der höchste Berg Nordamerikas
Der Blick dagegen darf endlos schweifen – über eine grandiose Landschaft, über Berge und Seen, die als Wasserflugplatz dienen. Der letzte nennenswerte Ort hinter Anchorage heißt Talkeetna, eine nette, von Touristen sehr geschätzte Ansammlung von Souvenirläden und Restaurants – sowie einem (in Alaska legalen) Shop für Cannabis.
Der Denali Nationalpark, größer als Hessen, kündigt sich mit Bergkämmen an. Hier dürfen Hardcore-Wanderer in unerforschte und nicht überwachte Gebiete vorstoßen, auf Du und Du mit der Tierwelt, vom Erdmännchen über die omnipräsenten Elche bis zum Grizzly-Bären – aber erst nach einer gründlichen Einweisung durch die Parkverwaltung. Wir bleiben mit den Kindern auf ausgewiesenen Wegen, bestaunen den Denali, mit 6190 Metern höchster Berg Nordamerikas, aus der Distanz, fühlen uns aber trotzdem mitten hineingeworfen in die Wildnis. Was auch daran liegt, dass im Herbst hier wenige Menschen unterwegs sind.
Zwischen Elchen und Bären

Es ist eine wundervolle Zeit zum Reisen: An Werktagen sind die Campingplätze fast leer, die Tage sind so lang, dass wir auch um halb zehn abends noch bei Tageslicht unterwegs sind. Wir kehren in einem staatlichen Campground ein, ziehen für 30 Dollar am Automaten das Übernachtungsticket, suchen uns einen der großzügigen Stellplätze aus. Alles sehr neu hier, sehr schick bis hin zur eigenen Outdoor-Sitzgruppe mit gemauertem Grill, aber auch sehr basic: Die sanitären Anlagen bestehen aus Schwerkraft-Toiletten.
Eine Rangerin nimmt uns mit auf ihren Rundgang, wir beobachten aus sicherer Distanz zwei Elche, die sich schüchtern annähern: Es ist Paarungszeit. Die Rangerin hofft, dass keiner von ihnen erschossen wird. Oder überfahren – zahlreiche Warnschilder an den Straßen zeugen davon, dass jederzeit mit den großen Tieren zu rechnen ist.
Ausflugs-Tipps
Wildlife Conservation Center in Girdwood*: In diesem riesigen Wildpark werden verletzte und verstoßene Tiere wie Bären, Elche oder Bisons gesundgepflegt; die Besucher kommen recht nah an sie heran.
Goldgräber-Stadt bei Girdwood*: In dieser originalen Siedlung, die Ende des 19. Jahrhunderts gegründet wurde, können Besucher nach einer Einweisung heute noch ihr Glück versuchen.
Die Strände von Kenai Peninsula*: Entlang der Küste der Halbinsel gibt es immer wieder Möglichkeiten zum Strand-Zugang – beispielsweise in Anchor Point, dem westlichsten per Auto zugänglichen Punkt des Kontinents.
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Ohne Heizung bei strömendem Regen

Jetzt geht es Richtung Süden weiter. In einer ehemaligen Goldgräber-Siedlung schwenken die Kinder die Pfannen, finden sogar ein Nugget-Krümelchen. Strömender Regen vermittelt echtes Glückssucher- und Auswanderer-Feeling à la Alaska. Passend dazu streikt die Heizung im Campingmobil. Der Vermieter eilt mit seinem Pick-up herbei und wuchtet nach erfolglosem Reparaturversuch einen Heizlüfter in das Fahrzeug. Ab sofort kommen also nur noch Stellplätze mit Stromanschluss in Frage.
Südlich von Anchorage, auf der Halbinsel Kenai, gibt es neue Naturwunder zu bestaunen: Gletscher glitzern in der Sonne, die mittlerweile die tiefhängenden Regenwolken besiegt hat. Die endlos scheinenden Strände des Cook Inlet, einem Arm des Golfes von Alaska, sind jetzt fast menschenleer; nur hin und wieder lassen sich Reiter oder Biker blicken – oder Autofahrer, die ihren SUV ganz legal auf dem groben Sand parken. Schwerfällige Womos bleiben besser auf dem asphaltierten Parkplatz.
Hinter dem Wasser und vor dem Horizont glitzern die schneebedeckten Vulkane des Lake-Clark-Nationalpark. Weiter westlich geht es nun kaum auf dem Globus: Wir haben den äußersten Punkt des von Straßen erschlossenen amerikanischen Kontinents erreicht.
Reise-Infos Alaska
Allgemein
Mit über 1,7 Millionen Quadratkilometern ist Alaska – mit weitem Abstand vor Texas – der größte Bundesstaat der USA. Mit knapp 740.000 Einwohnern ist er aber auch der am dünnsten besiedelte. Die größte Stadt ist Anchorage, die Hauptstadt heißt Juneau.
Reisezeit
Die übliche Reisezeit sind die Sommermonate Juni bis August, wenn es in Alaska angenehm warm ist – aber aufgrund der amerikanischen Ferien auch recht voll. Ende August bis Mitte September mehrt sich der Regen, und es wird spürbar kühler. Gut zu bereisen ist Alaska aber auch dann noch. Die dunklen Wintermonate sind etwas für Hartgesottene – die dafür mit dem nächtlichen Polarlicht belohnt werden.
Anreise
Linienflüge, z.B. mit Delta oder United, führen meist über Seattle, aber auch über Denver oder San Francisco. Ziel ist vorrangig Anchorage, aber auch Fairbanks oder Juneau werden von anderen Bundesstaaten aus angeflogen. Als einzige deutsche Airline fliegt die Chartergesellschaft Condor von Frankfurt nach Anchorage und Fairbanks.
Wohnmobil
Größere Vermieter wie ABC Motorhome* wetteifern mit vielen kleinen Anbietern um Kunden. Von Deutschland aus helfen Vermittler wie Campanda*. Je nach Größe des Fahrzeugs und Saison schwanken die Preise deutlich, die gefahrenen Meilen sind nur manchmal inbegriffen.
Campingplätze
Wildes Camping ist nicht generell verboten; oft verbieten es jedoch Schilder auf den meisten normalen Parkplätzen. Wegen des hohen Anteils an privaten Grundstücken ist es in erschlossenen Gebieten grundsätzlich schwierig, einen Platz zu finden. Deshalb empfiehlt sich in der Regel, einen Campground anzusteuern. Öffentliche Plätze kosten etwa 30 Dollar, private bis zu 50 Dollar. Mit den Preisen steigt die Ausstattung – von der Dixie-Toilette bis zu komfortablen sanitären Anlagen sowie Strom- und (Ab)wasser-Anschluss direkt am Platz ("full hook up"). Während der amerikanischen Feriensaison im Juli und August und an Wochenenden empfiehlt sich eine Vorabbuchung, die oft online auf der Homepage des Platzes möglich ist.
Einkaufen
Die Preise in Alaska liegen spürbar über jenen in anderen US-Staaten – was teilweise dadurch ausgeglichen wird, dass hier keine State Tax aufgeschlagen wird. In abgelegenen Gebieten zahlt man in den wenigen Geschäften und an Tankstellen heftige Monopol-Preise. Wer eine längere Tour plant, sollte vorher in einer der größeren Städte bei Supermarkt-Ketten wie Walmart oder Fred Meyer Vorräte bunkern – übrigens auch Trinkwasser, das auf den Campgrounds mitten in der Natur verblüffenderweise die Ausnahme ist. Kreditkarten werden überall akzeptiert.
Telefonieren
Wer sich die teuren Roaming-Gebühren sparen will, kauft eine Prepaid-Karte – aber besser nicht vorab in Deutschland, sondern direkt in einem Store in einer der größeren Städte mit sofortigem Funktionstest. Nur so kann man sichergehen, dass der jeweilige Provider in Alaska Verbindung bietet (AT&T funktioniert z.B. gut, T-Mobile gar nicht).
Ziel: Anchor Point – der westliche Zipfel Nordamerikas

Die ersten hiesigen Siedler nach den Ureinwohnern waren Russen, die der Zar für besondere Verdienste mit Landbesitz im (von ihm aus betrachtet) äußersten Osten bedachte. Dass sie sich eigentlich weiter südlich sehnten, davon zeugen Namen wie "Kalifornsky Beach". Dass sie ihren Glauben mitbrachten, die russisch-orthodoxe Basilika von Ninilchick. Ein skurriler Anblick in einem Bundesstaat, der mit seiner gelebten "Last-Frontier"-Mentalität kaum amerikanischer sein könnte – obwohl die USA ihn Russland erst 1867 abkauften und 1959 als 49. Bundesstaat eingemeindeten.
Irgendwann zerrt der V10-Motor, 30 Liter Sprit auf 100 Kilometer saufend, das Campingmobil zurück nach Anchorage. Vor dem Rückflug noch ein Besuch der Innenstadt und ein letzter Blick auf das Meer, ein letzter Anflug von Reisefieber: Tokio, die japanische Hauptstadt, liegt von hier aus näher als die amerikanische Metropole Washington.