Elf außergewöhnliche Bahnhöfe in aller Welt

Außenansicht des WTC Transportation Hub am 24. August 2017 in New York City, USA.
Unter dem Oculus in New York versteckt sich der teuerste Bahnhof der Welt© Shutterstock/astudio

Bahnhöfe müssen nicht reine Zweckbauten sein. Manche zeichnen sich durch einmalige Architektur aus, andere durch Größenrekorde. Elf Beispiele von allen Kontinenten.

  • Ikonisches Design von Zaha Hadid, Norman Foster und Santiago Calatrava

  • Der längste Bahnsteig der Welt misst über eineinhalb Kilometer

  • Der teuerste Bahnhof kostete rund vier Milliarden US-Dollar

Natürlich dienen Bahnhöfe in erster Linie dazu, ein mehr oder weniger großes Passagieraufkommen zu bewältigen. Daneben gibt es sie aber auch als Architekturdenkmal ihrer Epoche, als Prestigeprojekt und als Filmlocation.

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Besonders groß, besonders teuer, besonders schön – zwischen Berlin und Dunedin auf der anderen Seite der Erde sind außergewöhnliche Zugterminals zu entdecken. Diese Beispiele zeigen: Bahnhöfe sind viel mehr als normale Verkehrsinfrastruktur.

Berlin Hauptbahnhof

Gebäude des Berliner Hauptbahnhofs über die Spree, Berlin, Deutschland
Etwas kurz geraten: Das Bahnsteigdach am Berliner Hauptbahnhof© iStock.com/sakhanphotography

Der größte und modernste Kreuzungsbahnhof Europas wurde 2006 nach rund elfjähriger Bauzeit eröffnet. Darin quert die 321 Meter lange gläserne Halle der in Ost-West-Richtung verlaufenden Stadtbahn die in Nord-Süd-Richtung liegende 160 Meter lange Bahnhofshalle. Entworfen hatte das Projekt mit seiner gewölbten Dachkonstruktion und zwei 46 Meter hohen Bürogebäuden Meinhard von Gerkan – doch seine Pläne wurden nicht eins zu eins umgesetzt.

In die Bauzeit fielen die Vorbereitungen auf die Fußball-WM 2006. Um sicherzustellen, dass der Hauptbahnhof rechtzeitig fertiggestellt würde, verkürzte man das Glasdach um 130 Meter. Da die Stahlkonstruktion für die ursprünglich vorgesehene Länge bereits produziert war, wurde der "Überschuss" schließlich verschrottet. Die Decke der unterirdischen Halle hatte von Gerkan als gewölbeähnliche, helle Konstruktion gezeichnet – realisiert wurde eine gewöhnliche Flachdecke. Nach einem Rechtsstreit über mehrere Instanzen einigte sich die Bahn mit dem Baumeister, einen nicht bekannten Betrag an eine Stiftung zur Förderung junger Architekten zu zahlen.

Roma Termini, Italien

Bahnhof Termini Rom, Außenansicht des wichtigsten Bahnhofs Italiens.
Rom leuchtet, zum Beispiel an der Stazione Termini© ddp

Der Neubau des Hauptbahnhofs der Hauptstadt wurde 1938 als recht wuchtiger Entwurf begonnen, aber im Krieg abgebrochen. Aus einem neuen Architektenwettbewerb 1947 ging ein Konsortium von sechs Architekten als Sieger hervor, das Vordach, verglastes Atrium, Passagiergebäude und Galerie ganz neu plante. "Dinosauro" nennen die Römer wegen seiner Länge von 128 Metern die Empfangshalle aus Stahlbeton und das sogar 232 Meter lange Hauptgebäude im Stil des Neuen Bauens. Angesichts so manch anderer gesichtsloser Terminals handelt es sich allerdings um ein recht elegantes Reptil.

Zwei dünne Fensterbänder pro Etage bestimmen die Fassade, dazwischen sind Travertinplatten eingelassen. So wirkt die Front monolithisch und abstrakt zugleich. Einen beschwingten Eindruck macht das Atrium mit seinen mit weißem Mosaik verkleideten Rippen. 1953 machte Vittorio de Sica Stazione Termini* zum Schauplatz in seinem gleichnamigen Film. Jennifer Jones und Montgomery Clift lieben sich in einem leerstehenden Waggon, doch ein Happy End gab es nicht.

Napoli Afragola, Italien

Der Bahnhof Neapel-Afragola, italienisch Stazione di Napoli Afragola, ist ein Bahnhof an der Schnellfahrstrecke Rom–Neapel in der italienischen Kleinstadt Afragola im Großraum Neapel
Schmiegt sich über die Gleise: Der Bahnhof Afragola in der Nähe des Vesuv© Zaha Hadid Architects

2016 verstarb die Architektin Zaha Hadid, ein Jahr vor der Eröffnung des von ihr entworfenen Bahnhofs für Hochgeschwindigkeitszüge*. Als 500 Meter lange, z-förmige Brücke mit vier Ebenen spannt er sich diagonal über alle acht Gleise. Dadurch minimiert er die Laufwege für die Fahrgäste und führt die vorher durch die Bahnlinie zerteilte Stadt Afragola nahe Neapel wieder zusammen. Seine matte Verkleidung über 20.000 Quadratmeter ist die größte, die bisher an einem Projekt in Italien verwendet wurde. Große Glasscheiben darin bilden gewundene Formen und erinnern an das Bild eines fahrenden Zuges.

Von innen bieten die 5000 Quadratmeter Glas Perspektiven auf den nahen Vesuv, der aber auch eine Herausforderung für Planung und Bau darstellte: Wegen des temperamentvollen Vulkans wurde das Gebäude in mehrere Zonen von maximal 50 Metern unterteilt. In einem seismischen Notfall könnten sie sich individuell bewegen und so die Gesamtkonstruktion stabilisieren.

King's Cross, London

Bahnhof Kings Cross in London, England, Vereinigtes Königreich
2012 eingeweiht: Die neue Schalterhalle im Londoner Bahnhof King's Cross© imago images/robertharding

An diesem Verkehrsknotenpunkt treffen sich Zuglinien nach ganz Großbritannien sowie sechs U-Bahnstrecken. 1852 als der größte Bahnhof des Landes eröffnet, war er kurz danach schon überlastet, wurde permanent erweitert und zuletzt 2012 mit Milliardenaufwand umgebaut. Seitdem kommt die historische Ziegelfassade mit den zwei riesigen Bögen wieder zur Geltung. In der Halle wächst ein Geflecht aus weißen Stahlstützen aus dem Boden, verzweigt sich nach oben und weitet sich zu einem geschwungenen Dach aus Aluminiumpaneelen und Glas.

In den Harry-Potter-Romanen startet hier der Hogwarts-Express vom geheimen Gleis 9¾, auch wenn in Wirklichkeit die Gleise 9 und 10 in einem Nebengebäude liegen. Die Bahnhofsszenen der Filme entstanden in der Haupthalle, dafür wurden die Gleise vier und fünf vorübergehend in neun und zehn umbenannt. Seitdem gibt es eine Installation, bei der ein Gepäckwagen scheinbar in der Wand zwischen den Gleisen verschwindet – und natürlich einen Harry-Potter-Shop*.

Tanggula Railway Station, Tibet

Gesamtansicht des Bahnhofs „Tang Gu La“ der Eisenbahnlinie Qinghai-Tibet an der Grenze zwischen der Provinz Qinghai und Tibet, Nordwestchina
Eine Art Geisterbahnhof: Tanggula Railway Station in Tibet© dpa/Wu_Hong

Am höchstgelegenen Bahnhof der Welt, in Tibet, steigen Passagiere weder zu noch aus. Die unbemannte Station wurde 2006 eröffnet und nur angelegt, damit Züge aus beiden Richtungen einander ausweichen können. Daher ist eines ihrer drei Gleise auch 1,25 Kilometer lang.

Das Verlassen der hier wartenden Züge ist verboten und könnte auf 5068 Metern über dem Meer unangenehm werden. Denn auf der eingleisigen Strecke von Qinghai nach Tibet besteht das Risiko der Höhenkrankheit. Daher werden in den Kabinen ab einer Höhe von 3000 Metern Sauerstoffdüsen eingeschaltet und die Züge außerdem von medizinischem Personal begleitet. Jeder Fahrgast muss vor der Fahrt in einem Formular bestätigen, dass er körperlich und psychisch gesund ist. So bleibt ihm oder ihr während der Wartezeit in Tanggula nur der Blick auf die meist schneebedeckten Berge der Umgebung und das etwas verloren wirkende, mit weißen Platten verkleidete Gebäude: einen modernen Geisterbahnhof.

Hubballi Railway Station, Indien

Bahnhof von Hubballi-Hubballi ist die Stadt in einem Staat Karnataka
Über 1,5 Kilometer misst der weltweit längste Bahnsteig in Indien© iStock.com/Hafizulla Mujawar

Der offizielle Name dieses Bahnknotenpunkts lautet Shree Siddharoodha Swamiji Railway Station*, und dieser Bandwurm von einem Wort passt bestens zu dem Rekord, den er hält. Sein Bahnsteig 1 ist mit 1505 Metern der längste der Welt und kann zwei Züge gleichzeitig beherbergen. Nirgendwo anders auf dem Planeten ist es für Zugreisende also wichtiger, einen Blick auf den Wagenstandsanzeiger zu werfen.

In Hubballi treffen die wichtigsten Eisenbahnlinien Südwestindiens aufeinander, von hier gibt es Verbindungen nach Delhi, Bangalore, Kalkutta und Mumbai. Um das wachsende Zugverkehrsaufkommen zu bewältigen, wurde der zuerst schon stattliche 681 Meter lange Bahnsteig im Jahr 2021 verlängert. Über dem Bahnhofsvorplatz weist ein Schriftzug stolz auf den Weltrekord hin. Der Bahnsteige von Gorakhpur im Bundesstaat Uttar Pradesh mit 1366 Metern Länge und Kollam Junction in Kerala mit "nur" 1180 Metern sind damit auf ihre Plätze verwiesen.

Haramain High Speed Rail, Saudi-Arabien

Die Bahnstrecke Medina–Mekka, auch Hochgeschwindigkeitsstrecke Haramain Express genannt, ist eine Hochgeschwindigkeitsstrecke in Saudi-Arabien
Bahnhof für Hochgeschwindigkeitszüge in King Abdullah Economic City in Saudi-Arabien© Nigel Young/Foster + Partners

Saudi-Arabien ist einerseits ein konservativer Staat, in dem Frauen erst seit 2018 ein Auto steuern dürfen, andererseits sehr zukunftsorientiert, was sich an der Eröffnung der Hochgeschwindigkeitsbahn* zwischen Mekka und Medina im gleichen Jahr zeigt. Besonders leistungsfähig wurde das System ausgelegt, weil es ein wichtiger Zubringer zur Haddsch, der islamischen Pilgerfahrt nach Mekka, ist – 2019 machten sich dazu zweieinhalb Millionen Menschen auf.

Mit dem Bau der Bahnhöfe wurde das Büro von Norman Foster* beauftragt. Sie müssen den Reisenden Schutz vor extremen Temperaturen bieten, die innerhalb eines Tages zwischen plus 55 und minus 5 Grad schwanken können. Beim Design orientierten sich die Baumeister an alten Architekturformen Arabiens und kombinierten sie mit regionalen Bezügen. So erinnern die goldenen Gravuren am Gebäude in Mekka an die Oberfläche der Kaaba, und die silbernen Muster am Bahnhof in Jeddah greifen die Sonnenreflexe auf der Oberfläche des nahen Roten Meeres auf.

Mombasa Terminus, Kenia

Der neue Bahnhof Mombasa Terminus am 11.08.2017 ähnelt einem Fughafen-Zerminal. Die 472 km lange Normalspurstrecke nach Nairobi wurde von China gebaut und Ende Mai 2017 eröffnet.
Der neue Bahnhof in Mombasa ist ein Meilenstein des Zugverkehrs in Kenia© dpa/Photoshot

Im Juni 2017 eröffnete die Neubaustrecke* zwischen Kenias Hauptstadt Nairobi und der Hafenstadt Mombasa, das größte Infrastrukturprojekt seit der Unabhängigkeit des Landes. Sie löste die parallel verlaufende Schmalspurbahn ab, auf der Passagiere und Fracht zuletzt einen ganzen Tag unterwegs waren. Nun sind es nur noch gut fünf Stunden. Die Strecke konnte eineinhalb Jahre früher als geplant in Betrieb gehen.

Die Architektur der neun Bahnhöfe* an der Strecke ist von der jeweiligen Umgebung inspiriert. Nur wenige Kilometer vom Indischen Ozean entfernt ist der in Mombasa aus konzentrischen Kreisen aufgebaut, die einen zentralen Turm umgeben. Offiziell soll das an eine Welle erinnern, tatsächlich ist die Ähnlichkeit mit einem Flughafenterminal unübersehbar. So oder so, der Madaraka Express ist ein Erfolg, denn das Passagieraufkommen übersteigt die Erwartungen und überschritt nach 17 Monaten Betrieb schon die 2-Millionen-Marke.

Oculus, New York City

Die Menschen besuchen das Oculus im World Trade Center
Wie Rippen eines Sauriers wirkt das Dach des World Trade Center Transportation Hub© dpa/AA

Bei dieser Kombination aus Nahverkehrs- und U-Bahn-Terminal handelt es sich um den mit vier Milliarden US-Dollar Baukosten teuersten Bahnhof der Welt. Durch die Attentate 2001 war auch die gesamte Verkehrsinfrastruktur am World Trade Center zerstört worden. Mit dem Design des World Trade Center Transportation Hub* wurde Santiago Calatrava beauftragt. Er gestaltete die "Oculus" genannte Haupthalle des Bahnhofs, die 2016 eröffnet wurde.

Innen wirkt die Halle wie eine Kathedrale in strahlendem Weiß, in der sich hoch über den Köpfen der Passagiere die Rippen der beiden Flanken treffen. Allerdings musste der spanische Architekt aus Kosten- und Sicherheitsgründen Abstriche an seinem ursprünglichen Konzept machen. Geplant hatte er, dass sich die Decke öffnen ließe und dabei ein symbolträchtiger Effekt entstünde, als ob ein Kind eine Taube aus seinen Händen freiließe. Nachdem deren "Flügel" gestutzt wurden, verglich die New York Times die reduzierte Version des Daches allerdings mit dem Gerippe eines Stegosaurus.

Grand Central Terminal, New York City

Haupthalle des Grand Central Terminal in New York City.
Himmel auf Erden: Haupthalle des New Yorker Grand Central Terminal© Shutterstock/Victoria Lipov

"Der unsichtbare Dritte", "Men in Black", "Armageddon" – diese und weitere Filme haben eine Location gemeinsam: den Bahnhof mit den meisten Gleisen weltweit. Seine 67 Fahrspuren enden auf zwei Ebenen an 44 Bahnsteigen. Doch ebenso wichtig wie seine Größe ist die Bedeutung des 1913 eröffneten Kopfbahnhofs für die Architektur im Stil der Beaux-Arts. Seit 1975 steht er unter Denkmalschutz, wenige Jahre, nachdem Pläne für den Abriss bekannt wurden, um auf dem Grundstück lukrativere Wolkenkratzer zu bauen.

So blieb sie erhalten, die opulente Ausstattung der Haupthalle mit Sternenhimmel, Äquator und Tierkreiszeichen an der Decke und dem zentralen Kiosk samt vier Uhren mit Zifferblättern aus Opal. Die legendäre Oyster Bar mit ihrer Gewölbedecke aus Terrakottafliesen und dem angeblich besten Seafood der Stadt. Einem erneuten Rendezvous von Robert de Niro und Meryl Streep wie in "Falling in Love" von 1984 steht also, was den Schauplatz anbelangt, nichts im Wege.

Dunedin Railway Station, Neuseeland

Der alte Bahnhof von Dunedin auf der Südinsel Neuseelands
Hunderttausende Kacheln schmücken die Dunedin Railway Station in Neuseeland© dpa/Jürgen Schwenkenbecher

Wegen ihres Hafens und der Rolle für die Einwanderung nach Neuseeland war die Stadt Dunedin lange ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt. Also leistete sie sich 1906 die größte Bahnstation des Landes und gab dafür die damals unerhörte Summe von 120.000 Pfund aus. Angesagt war der Baustil der flämischen Renaissance, mit einer Fassade aus Basalt, hellem Kalkstein und poliertem Granit und über 700.000 bemalten Porzellanfliesen in den Gängen und der Haupthalle. I-Tüpfelchen war und ist der rechteckige Turm an der Südwestecke des Gebäudes, dessen drei Uhren nachts von innen beleuchtet werden.

Viel Aufwand für ein Verkehrssystem, dessen Kunden zunehmend auf das Auto umstiegen, sodass nach und nach alle Linienzüge eingestellt wurden. Übrig geblieben ist eine Handvoll von Ausflugsfahrten per Zug, darunter der Inlander* durch die Schlucht des Taieri River, die wichtigste Touristeneisenbahn des Landes. Und weil der Bedeutungsverlust der Eisenbahn in Dunedin sportlich genommen wird, ist in das prächtige Bahnhofsgebäude 1999 die New Zealand Sports Hall of Fame* eingezogen.

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