ADAC Wohnmobil-Crashtests: So reagieren die Hersteller

ADAC Wohnmobil-Crash gegen PKW
Simulierter Landstraßenunfall: Wohnmobil-Crash 2020 im ADAC Technik Zentrum Landsberg© ADAC/Uwe Rattay

Seit 30 Jahren untersucht der ADAC Wohnmobile mit Crashtests auf Sicherheit, mit teils alarmierenden Ergebnissen. Die Branche bessert nach und will das weiterhin tun.

  • Jüngste Crashtests zeigen auf Rückbank hohes Verletzungsrisiko

  • Knaus und Hymer verstärken hintere Sitzbank

  • Kindersitzbefestigung ist weiterhin kritisch

Der Frontal-Zusammenstoß ist heftig: 3,5 gegen 1,7 Tonnen, ein voll beladenes Wohnmobil gegen einen Pkw-Kombi. 2020 simuliert das Testteam des ADAC Technik Zentrum in Landsberg einen Unfall, wie er bei einem riskanten Überholmanöver auf der Landstraße passieren kann. Der 2020er-Crashtest zeigt erhebliche Sicherheitsdefizite bei dem zum Wohnmobil ausgebauten Kastenwagen. Und ein zum Teil hohes Verletzungsrisiko für die Insassen. Besonders schlimm ist es auf der Rückbank, die Holzkonstruktion unter der Sitzfläche bricht zusammen.

Mit weiteren Crashtests beweist der Club im Jahr 2021 und schließlich in 2022, wie sich die Sicherheit auf der Rückbank deutlich verbessern lässt: durch eine Metall- statt der in den meisten Wohnmobilen verbauten Holzkonstruktion. Anlässlich des 30-jährigen Wohnmobil-Crashtest-Jubiläums wollte die Redaktion von führenden Herstellern wissen, wie sie auf die Erkenntnisse des ADAC reagiert haben oder es tun wollen.

Wohnmobil-Crashtests: Das sagen die Hersteller

Die Rückbank eines Wohnmobils nach dem ADAC Crashtest
Die Rückbank-Konstruktion aus Holz bricht beim Crash 2020 zusammen© ADAC/Uwe Rattay

Bis auf die Pössl-Group reagierten alle angefragten Wohnmobil-Hersteller auf die Anfrage der ADAC Redaktion. "Wir haben den Test zum Anlass genommen, die konstruktive Situation im Bereich der Rücksitzbank bei unseren verschiedenen Modellbaureihen zu überprüfen", schreibt der Presse-Chef von Knaus Tabbert. "Als Ergebnis haben wir bei einigen Baureihen als Produktverbesserung zur weiteren Stabilisierung einen zusätzlichen stählernen Bügel in die hintere Sitzbank integriert." Und auch eine Nachrüstlösung sei im Handel verfügbar.

Eine Sprecherin der Erwin Hymer Group versichert, dass das Unternehmen die ADAC Crashtests zum Anlass genommen habe, um die Rückbank-Konstruktionen nochmals intensiv zu prüfen. In den vergangenen zwei Jahren habe Hymer die Sitzbankverstärkung weiter optimiert und biete zum neuen Geschäftsjahr eine noch bessere Verstärkung der Bänke in Fahrzeugen aller zur Gruppe zugehörigen Marken an.

Man habe vor allem den ADAC Test von 2020 genau analysiert und Rückbänke, wo notwendig, verstärkt, heißt es in einer E-Mail von Hobby Caravan. "Weitere Maßnahmen wurden geprüft und werden, wo notwendig, schrittweise in die Produktion übernommen."

Bildergalerie: Wohnmobil-Crashs im Lauf der Jahre

Das empfiehlt der ADAC den Herstellern

Damit haben einige Hersteller auf die ADAC Crashtests reagiert. Der für die Tests verantwortliche ADAC Projektleiter Andreas Ratzek hatte die Branche aufgefordert, unbedingt nachzubessern und die Rücksitze so stabil zu machen, "dass sie nicht unter der Last der Insassen kollabieren". Die Lösung: "Mit einer Stahl-Unterkonstruktion wird das Sitzgestell nur fünf Kilo schwerer, aber viel sicherer." Solche Konstruktionen hat laut Ratzek die Firma Aguti, der führende Hersteller von Rücksitzkonsolen, im Programm.

Weitere ADAC Empfehlungen: Die Sitzpolster sollten nicht zu dick sein, und die Sitzfläche leicht nach vorne ansteigen. Ratzek: "Das verhindert, dass die Mitfahrenden bei einem Unfall tief in die Polster sinken, und der Beckengurt im Bauch Verletzungen verursachen kann."

Die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) hat für den Zeitraum 2010 bis 2020 Unfälle untersucht, an den Wohnmobile beteiligt waren, und dabei Ansatzpunkte zur Verbesserung der Sicherheit ausgemacht. Mitfahrende von Wohnmobilen weisen laut BASt im Mittel des untersuchten Zeitraums "eine deutlich erhöhte Unfallschwere im Vergleich zu den Fahrern auf".

ADAC Campingexperte Martin Zöllner sieht in der BASt-Untersuchung eine Bestätigung der ADAC Crashtest-Ergebnisse. "Auch die Auswertung der BASt zeigt, dass es in puncto Sicherheit bei Wohnmobilen noch Verbesserungspotential gibt", so Zöllner, "zugleich ist es erfreulich, dass mit einem Anteil von weniger als einem Prozent an allen Unfällen mit Personenschaden unter Beteiligung von Wohnmobilen diese laut BASt keinen Schwerpunkt am Unfallgeschehen darstellen."

ADAC Wohnmobil-Crashtests 1993 und 2002

Schon seit 30 Jahren kümmert sich der ADAC um die Sicherheit der Insassen von Wohnmobilen. 1993 crashte der Club gemeinsam mit Auto Bild und ÖAMTC erstmals ein Modell. Als "dramatisch" und "alarmierend" beschrieb die Motorwelt damals die Ergebnisse und titelte "Bruchmobil". Besonders schlimm: Der Dummy in der Größe eines Sechsjährigen wurde beim Aufprall mit 33 km/h mitsamt eines Fensters aus dem Wohnmobil-Alkoven katapultiert.

"Die Katastrophe blieb diesmal aus, der Insassenschutz hat sich merklich verbessert", so berichtete die Motorwelt 2002 über einen erneuten Crashtest. Aber neben der Festigkeit der Wohneinbauten müsse die Sicherheit auf den hinteren Sitzplätzen deutlich erhöht werden.

Schwachpunkt Kindersitz-Befestigung

Ein weiterer Schwachpunkt, den die ADAC Crashtests zeigen, ist die oft fehlende Isofix-Befestigung und i-Size-Zulassung für Kindersitze. Verschärft wird diese Problematik durch das Verkaufsverbot von Kindersitzen mit ECE 44-Zulassung ab Herbst 2023 – dadurch werden künftig für kleinere Kinder (bis etwa vier Jahre) fast ausschließlich Isofix-Kindersitze im Handel erhältlich sein.

Hersteller Hobby schreibt, dass seine Reisemobile noch keine Isofix-Verankerungen haben, aber man an einer Lösung für die nahe Zukunft arbeite. Knaus Tabbert gibt an, dass Isofix-Halterungen auf Wunsch ab Werk bestellbar, und Gebrauchtfahrzeuge nachrüstbar seien. Hymer verweist darauf, dass in vielen Wohnmobilen Isofix serienmäßig sei und ansonsten als Zusatzausstattung buchbar.