Flugangst: Das können Sie dagegen tun

Mann mit Flugangst fasst an seine Schläfen
Flugangst ist für die Betroffenen oft eine massive Belastung© Shutterstock/Song_about_summer

Übelkeit, Herzrasen, Magen-Darm-Beschwerden oder sogar Panikattacken: Flugangst kann für Betroffene sehr belastend sein. Doch sie lässt sich überwinden.

  • Flugangst zählt zu den Angsterkrankungen

  • Sie tritt unabhängig von einer real existierenden Gefahr auf

  • Es gibt verschiedene Methoden, die Angst vorm Fliegen zu besiegen

Der Flug in den Urlaub oder ein Geschäftstrip nach London – was für die meisten ganz normal ist, ist für andere ein Albtraum. So auch für Sebastian*, der schon seit Jahren davon träumt, Australien und Neuseeland zu bereisen. Doch seine Flugangst (Aviophobie) hat den erfolgreichen Informatiker fest im Griff. "Auslöser“ für seine Phobie war eine Urlaubsreise nach Mallorca – für den damals 19-jährigen Abiturienten die erste Flugreise – bei der es unerwartet zu heftigen Turbulenzen kam.

"Seitdem versetzt mich bereits der bloße Gedanke an ein Flugzeug in Panik. Fünf Jahre später musste ich für meinen damaligen Arbeitgeber geschäftlich nach Oslo reisen. Schon Tage vorher war ich nervös, konnte nicht mehr ruhig schlafen und habe schließlich am Flughafen eine Panikattacke mit Atemnot, Schwindel und Herzrasen erlitten. Seitdem habe ich keinen Flughafen mehr betreten.“

Wie zeigt sich Flugangst?

Sebastian steht mit seinem Problem keineswegs allein da: Schätzungen zufolge leiden ungefähr 16 Prozent der Deutschen unter Flugangst, bei weiteren 22 Prozent sorgt das Fliegen zumindest für deutliches Unbehagen. Die Symptome sind jedoch individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt und reichen von einer leichten Nervosität bis hin zu extremen Angstzuständen und Panikattacken.

Zusätzlich zu den Angstgefühlen kommt es bei vielen Betroffenen zu verschiedenen körperlichen Beschwerden, denn das in einer Stresssituation vom Körper ausgeschüttete Hormon Adrenalin wirkt sich auf den gesamten Organismus und die Funktion verschiedener Organe aus.

Symptome einer Panikattacke

Körperliche Symptome

Herzklopfen, Herzrasen; Schnelle Atmung, Hyperventilation; Kurzatmigkeit, Atemnot; Engegefühl in Hals und Brust; Schweißausbrüche, Hitzewallungen; Zittern oder Frösteln; Schwindel, weiche Knie; Magen-Darm-Beschwerden, Übelkeit; Muskelverspannungen

Psychische Symptome

Extremes Angstgefühl; Gefühl der Unwirklichkeit (auch eine bekannte Umgebung wird als seltsam und fremd wahrgenommen); Benommenheit

Flugangst: Auch familiär belastend

Bei ausgeprägter Flugangst versetzt die Betroffenen oft schon der bloße Gedanke an eine bevorstehende Reise in Panik. Dadurch kann die Flugangst auch im normalen Alltag zu einer großen Belastung werden. Bei einigen Menschen ist das Problem so ausgeprägt, dass sie Reiseziele, die mit Auto, Zug oder Schiff nur schwer zu erreichen sind, vollständig meiden. Dadurch kann ihre Flugangst auch zum dauerhaften Streitthema in der Familie werden.

Warum Flugangst unbegründet ist

Rational betrachtet ist Flugangst unbegründet, denn statistisch gesehen ist das Flugzeug weltweit eines der sichersten Verkehrsmittel. Es ist also äußerst unwahrscheinlich, mit dem Flugzeug schwer zu verunglücken oder abzustürzen.

Allerdings handelt es sich bei Flugangst nicht um ein normales, begründbares Angstgefühl, das alle Menschen in einer potenziell gefährlichen Situation erleben. Flugangst zählt medizinisch gesehen zu den Angsterkrankungen, genauer gesagt zu den spezifischen Phobien. Dabei nimmt die Furcht vor bestimmten Situationen, Ereignissen oder anderen konkreten Auslösern unverhältnismäßig große Ausmaße an – und zwar völlig unabhängig davon, ob tatsächlich eine echte Gefahr besteht oder nicht. Vielen Menschen mit Flugangst ist sogar vollkommen bewusst, dass ihre Angst eigentlich unbegründet ist.

Zahlen und Fakten: Wie sicher ist Fliegen wirklich?

Im Jahr 2022 kam es innerhalb der EU zu keinem einzigen Unglück, in das eine Passagiermaschine involviert war. Weltweit wurden zwölf schwere Unglücke von Zivilmaschinen mit insgesamt 205 Todesfällen erfasst – bei einem Passagieraufkommen von mehr als 3 Milliarden Menschen. Die Wahrscheinlichkeit, bei einem Flugzeugabsturz ums Leben zu kommen, lag im Jahr 2022 damit weltweit bei 1 zu über 15,6 Millionen. Im Vergleich dazu gab es 2021 allein in Deutschland mehr als 2,3 Millionen polizeilich erfasste Straßenverkehrsunfälle mit über 2500 Toten.

Warum man dennoch Flugangst hat

Angst zu verspüren ist grundsätzlich eine normale und biologisch sinnvolle Reaktion, die uns davor schützt, uns Gefahren auszusetzen und unvorsichtig zu handeln. Die damit verbundenen körperlichen Reaktionen wie Herzrasen und schnelle Atmung versetzen den Körper in Alarm- und Fluchtbereitschaft.

Warum das natürliche Angstgefühl bei manchen Menschen überhandnimmt und zu einer Angststörung wie der Flugangst führt, ist noch nicht im Detail geklärt. Fachleute vermuten unter anderem einen Zusammenhang mit einem gestörten Botenstoffwechsel im Gehirn. Auch vorausgegangene traumatisierende Ereignisse und extreme Belastungen (zum Beispiel Trennung, Todesfälle, schwere Erkrankungen) scheinen die Entwicklung von Phobien zu begünstigen.

Da Angststörungen in manchen Familien gehäuft auftreten, besteht darüber hinaus ein Zusammenhang mit erblichen Faktoren. Manchmal steht eine Angststörung mit anderen Erkrankungen in Verbindung, wie zum Beispiel einer Depression oder einer Suchterkrankung. Bei anderen Menschen tritt sie aber auch ohne erkennbare Gründe auf.

Flugangst ist nicht gleich Flugangst

Wovor Menschen beim Fliegen konkret Angst haben, ist übrigens sehr unterschiedlich: Einige fürchten sich vor einem Absturz, andere davor, sich in einem relativ engen, abgeschlossenen Raum zu befinden (Klaustrophobie) oder die Situation nicht kontrollieren zu können und ausgeliefert zu sein. Aber auch viele andere Ängste spielen eine Rolle, beispielsweise vor Turbulenzen, der Höhe (Höhenangst), dem Start oder der Landung, einem Feuer im Flugzeug oder einem schwerwiegenden gesundheitlichen Ereignis, zum Beispiel einem Herzinfarkt.

Was kann man selbst gegen Flugangst tun?

  • Flugangst kann die Lebensqualität stark einschränken. Umso wichtiger ist es zu wissen, wie man ihr wirksam begegnen kann. Denn Betroffenen stehen neben professionellen Hilfsangeboten auch zahlreiche effektive Selbsthilfemaßnahmen zur Verfügung.

  • Als oberste Devise gilt, die angstauslösende Situation nicht zu vermeiden. Denn das löst einen Teufelskreis aus, in dem sich die Angst immer weiter verstärkt.

  • Um Stress abzubauen und die Angst besser kontrollieren zu können, sind Entspannungstechniken hilfreich. Als eines der am einfachsten zu erlernenden Entspannungsverfahren gilt die progressive Muskelentspannung. Sie beruht darauf, dass sich Angstgefühle durch die Entspannung der Muskulatur automatisch verringern.

  • Lenken Sie sich ab, zum Beispiel mit Ihrem Lieblingsfilm, einem unterhaltsamen Buch oder Hörbuch oder einem Spiel während des Flugs.

  • Informieren Sie die Crew über Ihre Ängste: Die Mitarbeitenden haben täglich mit diesem Problem zu tun und verfügen deshalb über viel Erfahrung im Umgang mit ängstlichen Fluggästen.

  • Wenn Ihnen die Geräusche im Flugzeug zu schaffen machen, kann es unter Umständen helfen, Noise-Cancelling-Kopfhörer zu verwenden.

  • Es ist außerdem sinnvoll, sich in der Theorie intensiv mit den Themen Fliegen und Flugzeuge auseinanderzusetzen. Verfügt man über ein fundiertes Wissen, ist es leichter, irrationale Gedanken als solche zu erkennen und dagegen anzugehen. Viele Fluggesellschaften bieten für Menschen mit Flugangst sogar spezielle Seminare an, zum Teil sogar mit einem abschließenden Testflug im Flugsimulator oder einem echten Flugzeug.

  • Viele Betroffene profitieren davon, über ihre Ängste zu sprechen, beispielsweise in Selbsthilfegruppen.

  • Vermeiden Sie hingegen Dinge, die Ihre Angst verstärken können. Dazu zählen beispielsweise Kaffee, Drogen oder Alkohol.

Professionelle Hilfe in Anspruch nehmen

Sind Selbsthilfemaßnahmen allein nicht ausreichend, um die Probleme unter Kontrolle zu bringen, sollten Betroffene nicht zögern, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Denn Flugangst lässt sich in der Regel erfolgreich behandeln.

Den vielversprechendsten Weg zur Angstfreiheit bietet die Psychotherapie, insbesondere die kognitive Verhaltenstherapie. Dabei setzen sich betroffene Personen zunächst intensiv mit den Denkmustern auseinander, die ihre Angst auslösen oder verstärken und dadurch letztlich auch ihr Verhalten beeinflussen. Im nächsten Schritt geht es darum, die falschen Denkmuster zu hinterfragen und durch realistischere Denkmuster zu ersetzen.

Eine wichtige Rolle spielt zudem die sogenannte Exposition: Die betroffene Person wird im Beisein der Therapeutin oder des Therapeuten direkt oder zunächst in kleinen Schritten mit der für sie angstmachenden Situation konfrontiert, sogar ein therapeutisch begleiteter Flug ist möglich. Hierbei steht die positive Erfahrung im Vordergrund, dass das gefürchtete Ereignis gar nicht eintritt und dass zudem die Angst nach einiger Zeit ganz von selbst nachlässt.

Medikamente bei Flugangst?

In manchen Fällen können Medikamente wie Beruhigungsmittel oder Schlafmittel helfen, die Flugangst unter Kontrolle zu bringen. Bedenken Sie allerdings, dass diese nicht dazu beitragen, das Problem dauerhaft in den Griff zu bekommen. Zudem können einige der bei Angststörungen gut wirksamen Medikamente erhebliche Nebenwirkungen haben oder die Wirkung anderer Medikamente beeinflussen.

Dies gilt keineswegs nur für verschreibungspflichtige Medikamente, sondern auch für frei erhältliche Mittel einschließlich einiger pflanzlicher Wirkstoffe. Ein Beispiel ist das beruhigend wirkende Johanniskraut, das unter anderem Übelkeit, Kopfschmerzen oder allergischen Reaktionen auslösen kann. Fragen Sie deshalb am besten immer in Ihrer behandelnden Arztpraxis um Rat, bevor Sie bei Flugangst zur Tablette greifen.

*Sebastian ist ein fiktiver Charakter, der echten Betroffenen mit Flugangst nachempfunden ist.

Hinweis: Diese Informationen wurden sorgfältig recherchiert, ersetzen jedoch nicht die Beratung durch einen Arzt. Alle Angaben ohne Gewähr.

Erstellungsdatum: Februar 2023