Cafés in Berlin: "Wir lassen die Tische so lange wie möglich draußen"

Katja Wenderoth spürt die Folgen von Corona in ihrem Café Goldmarie im Berliner Stadtteil Kreuzberg
Katja Wenderoth spürt die Folgen von Corona in ihrem Café Goldmarie im Berliner Stadtteil Kreuzberg © ADAC/Andrea Steichele-Biskup

Katja Wenderoth, 43, Chefin im Café Goldmarie im Berliner Stadtteil Kreuzberg, über die Folgen von Corona für die Gastro-Szene in der Hauptstadt.

Seit 14 Jahren betreibt Katja Wenderoth das Kreuzberger Kiez-Café mit Blick auf den Landwehrkanal und die Admiralbrücke – vor allem an Sommerabenden ein sehr beliebter Treffpunkt für Berliner und Gäste aus aller Welt. Doch durch Corona kommen viel weniger Touristen in die Stadt und zahlreiche Auflagen sorgen für weitere Umsatzeinbußen bei den Gastronomen.

ADAC Redaktion: Welche Folgen hatte Corona bisher für Café-Betreiber in Berlin?

Katja Wenderoth: Wir mussten von Mitte März bis Mitte Mai schließen. Dann durften wir nur bis 22 Uhr, später bis 23 Uhr öffnen. Nach der Klage eines Gastronomen wurde die Sperrstunde wieder ganz aufgehoben – so wie es in Berlin vorher war. Die Sperrzeit fand ich in Ordnung: Je weniger Alkohol fließt, desto eher halten sich die Leute an die Regeln.

Wir schließen jetzt freiwillig schon um 23 Uhr statt wie früher um 2 Uhr, weil unser Innenraum so klein ist. Denn wenn es spät wird, stehen die Leute sonst doch nebeneinander an der Bar. Schwierig ist aber, dass wir wegen der Abstandsregeln unsere ohnehin schon wenigen Tische reduzieren mussten: nur noch fünf statt neun innen und 12 statt 16 Tische im Außenbereich.  

Welche Maßnahmen gibt es sonst und wie reagieren die Gäste?

Wir haben ein ruhiges und verständnisvolles Publikum, viele Stammgäste aus der Nachbarschaft. Aber trotz Infotafel am Eingang und Hinweisschildern in Leuchtfarben müssen wir über die Maskenpflicht immer noch diskutieren mit Leuten, die sie nicht akzeptieren. Da gibt es ständig Theater, auch die kleine Bäckerei um die Ecke hat damit zu kämpfen. Außerdem gilt: Hygiene, Hygiene, Hygiene. Wir haben Hand-Desinfektionsmittel im Café und vor der Tür, reinigen die Tische mit Flächendesinfektionsmittel.

Die Gäste müssen das Kontaktformular ausfüllen, das wir vier Wochen aufbewahren. Wir haben erstmal 5000 Stück drucken lassen, die stapeln sich jetzt im Büro. Die Frage ist natürlich, was die Gäste da reinschreiben, das kann ich als Gastronomin nicht kontrollieren. Da sind wir schon drauf angewiesen, dass alle mittun.

Für Schlagzeilen sorgte die Schlauchboot-Demo für die Rettung der Berliner Clubszene, bei der sich rund 3000 Besucher am Landwehrkanal drängten, direkt vor ihrem Café. Wie haben Sie das erlebt?

Da standen 500 Leute bei uns vor dem Laden, viele wollten zur Toilette. Wir mussten die Tür schließen, konnten niemanden hereinlassen. Ich fand diese Demo wirklich schwierig, das ist komplett daneben gegangen – noch dazu genau vor dem Urban-Krankenhaus, wo Corona-Patienten behandelt werden.

Hat sich ihr Publikum jetzt verändert?

Ja, denn neben unseren Stammgästen, die aus dem Kiez kommen, sind nur ganz wenig Touristen in der Stadt. Wobei es in den letzten Wochen ein bisschen besser geworden ist: Man hört hier wieder Spanisch und Englisch auf der Straße, aber bei weitem nicht so viel wie vorher.

Wie geht es jetzt weiter in Berliner Cafés wie ihrem?

Die Umsatzeinbußen bleiben, das kann sich nicht mehr erholen, dazu haben wir zu wenig Tische und die Auflagen sind zu hoch. An den Winter will ich noch gar nicht denken. Ich sehe nicht, wie das mit fünf Tischen drinnen funktionieren kann. Wir werden die Stühle und Tische draußen so lange wie möglich stehen lassen, vielleicht können wir Heizstrahler aufstellen oder
ganz viele Decken verteilen. Corona ist einfach da und für viele Gastronomen eine Katastrophe.

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