Unfall: Verlassen der Unfallstelle kann Kaskoschutz kosten

Glassplitter liegen am Boden. Im Hintergrund fährt ein Auto
Versicherungsschutz: Nach einem Unfall einfach weiterfahren kann teuer werden© iStock.com/Berezko

Wer nach einem Unfall den Unfallort verlässt, ohne die Polizei und/oder seine Kaskoversicherung zu informieren, riskiert seinen Kaskoschutz. Darauf hat das Oberlandesgericht Koblenz in einem Beschluss hingewiesen.

Der Fall: Ein Autofahrer war ohne Fremdeinwirkung auf der Autobahn bei Tempo 100 km/h mit der Leitplanke kollidiert. Anstatt stehen zu bleiben, fuhr er zunächst bis zu einem Rastplatz weiter. Dort prüfte er den entstandenen Schaden (Streifspuren über die gesamte linke Fahrzeugseite) und setzte seine Fahrt anschließend fort. Den Schaden meldete er erst vier Tage später bei seiner Kaskoversicherung. Dessen Reparatur kostete rund 22.000 Euro, die die Kaskoversicherung nicht erstatten wollte. Der Autofahrer klagte.

Urteil in erster Instanz: Kaskoversicherung muss nicht zahlen

Das Landgericht Koblenz wies die Klage in erster Instanz ab. Die Kaskoversicherung sei von der Verpflichtung zur Leistung frei, weil der Autofahrer seine in den Versicherungsbedingungen verankerte Wartepflicht vorsätzlich verletzt habe, so die Richter. Dadurch habe die Versicherung keine Möglichkeit gehabt, wesentliche Feststellungen zum Versicherungsfall zu treffen.

Der Autofahrer legte gegen das Urteil Berufung ein. Er argumentierte, dass er seine Wartepflicht bei Tempo 100 km/h auf einer vielbefahrenen Autobahn unmöglich hätte einhalten können.

Wartepflicht durch Unfallflucht verletzt

Das OLG Koblenz bestätigte die Rechtsauffassung des Landgerichts und schätzte in einem sogenannten Hinweisbeschluss die Berufung des Klägers als nicht erfolgversprechend ein. Die Richter führten aus, dass die Kaskoversicherung wegen der Pflichtverletzung des Autofahrers den Schaden nicht ersetzen müsse. Denn ein Autofahrer verletze die in den Allgemeinen Bedingungen für die KfZ-Versicherung (AKB) festgelegte Wartepflicht jedenfalls dann, wenn er – so wie in diesem Fall – durch das Verlassen der Unfallstelle den Straftatbestand der Unfallflucht verwirklicht.

Bei den Schäden am Auto sei davon auszugehen, dass durch den Unfall nicht nur ein erheblicher Schaden am eigenen Auto, sondern auch ein nicht völlig belangloser Fremdschaden (Beschädigung der Leitplanke) entstanden sei. Der Autofahrer hätte daher an der Unfallstelle warten müssen, so die Richter. Sie hielten es dabei für unerheblich, ob es ihm zumutbar gewesen wäre, direkt an der Unfallstelle (z.B. auf dem Standstreifen der Autobahn) anzuhalten, um den Unfall zu melden.

Unfallflucht erschwert Feststellungen zum Versicherungsfall

Die Richter führten weiter aus, dass sich der Autofahrer den Vorwurf gefallen lassen müsse, dass er auch auf dem Rastplatz weder die Polizei noch die Kaskoversicherung über den Unfall informiert hat. Der Kaskoversicherung wurden durch diese Pflichtverletzung wesentliche Feststellungen zum Versicherungsfall erschwert.

Die Versicherung habe ein Interesse, zum Beispiel zu erfahren, ob der Autofahrer das Auto zum Unfallzeitpunkt tatsächlich selbst gefahren hat, ob er in seiner Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt war oder ob es andere Gründe für einen Wegfall oder eine Einschränkung des Versicherungsschutzes gab. Die Versicherung dürfe nach Ansicht der Richter die Regulierung des Schadens wegen des Verstoßes gegen die Wartepflicht ablehnen.

OLG Koblenz, Hinweisbeschluss vom 11.12.2020, Az.: 12 U 235/20

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