Unfall auf der Rodelbahn: Wer haftet?

Man hat Probleme beim Rodeln
Vorsicht auf der Rodelbahn!© Shutterstock/Sophia Floerchinger

Wer haftet, wenn auf der Rodelbahn ein Schlittenfahrender und ein Fußgänger zusammenstoßen und der Fußgänger bei dem Unfall verletzt wird? Ein Urteil des Oberlandesgerichts München schafft Klarheit.

Der Fall: In einer hellen Mondnacht kollidierte ein Schlittenfahrer mit einem Mann, der die Rodelbahn hinaufging. Die Rodelstrecke ist ein Forstweg, der auch von Fußgängern benutzt wird. Sie war mit einer Lichterkette schwach beleuchtet.

Das genau war passiert: Der Schlittenfahrer fuhr die Rodelbahn hinunter, hinter ihm saß seine Frau auf dem Rodel. Von unten kamen ihnen der Fußgänger und ein Begleiter entgegen, beide zogen einen Schlitten hinter sich her. Es kam zum Zusammenstoß, wobei der Schlittenfahrer mit der rechten Kufe seines Rodels das linke Knie des Fußgängers traf.

Dieser hatte noch versucht, sich auf der Bergseite des Forstwegs im Tiefschnee in Sicherheit zu bringen, trotzdem erwischte ihn der Schlitten. Dabei wurde der Mann erheblich verletzt, er verlangte Schmerzensgeld. Die Sache ging vor Gericht.

Schlittenfahrer verletzt Fußgänger

In erster Instanz hatte der Fußgänger Schmerzensgeld zugesprochen bekommen. Das Gericht hatte die alleinige Haftung des Schlittenfahrers für den Unfall angenommen. Dagegen legte dieser Berufung ein.

Das Oberlandesgericht München bestätigte die Entscheidung jedoch. Das Gericht urteilte, der Schlittenfahrer hafte in voller Höhe für die Schäden des Fußgängers aus dem Unfall. Die Beweisaufnahme hatte ergeben, dass er mit deutlich über 20 km/h unterwegs gewesen sein musste, als er den Fußgänger bemerkte. Das war nach Ansicht des Gerichts in diesem Fall zu schnell.

Unfall: Rodelnder darf nur auf Sicht fahren

Wie schnell ein "sorgfältiger" Rodelnder unterwegs sein dürfe, ließe sich pauschal nicht beantworten, so das Gericht. Auf der Rodelbahn sei mit Fußgängern zu rechnen gewesen, weil die Strecke gleichzeitig von abfahrenden Rodelnden und aufsteigenden Fußgängern benutzt werde. Das Gericht war daher der Auffassung, dass ein Rodelnder – entsprechend den Regeln im Straßenverkehr – nur so schnell fahren darf, dass er innerhalb der überschaubaren Strecke anhalten kann.

Bei Fußgängerverkehr seien Situationen möglich, in denen Rodelnde nicht mehr zuverlässig ausweichen könnten – zum Beispiel, wenn ihnen über die ganze Breite der Rodelbahn ein Pulk von Fußgängern entgegenkäme oder jemand auf der Bahn gestürzt sei. Außerdem könnten auch gute Rodelnde auf dem glatten Untergrund den Schlitten nicht immer sicher beherrschen und "passgenau" ausweichen. An einen Rodelnden seien deshalb die gleichen Sorgfaltsanforderungen zu stellen wie bei einer unklaren Verkehrslage im Straßenverkehr.

Zu schnell auf Rodelbahn unterwegs

Das Gericht war davon überzeugt, dass der Schlittenfahrer zu schnell unterwegs gewesen war. Durch den Geschwindigkeitsverstoß habe er den Unfall verursacht, so das Gericht. Er habe die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen, weil er vor dem Fußgänger nicht mehr sicher anhalten konnte.

Kein Mitverschulden des Fußgängers

Ein Mitverschulden des Fußgängers sahen die Richter nicht – weder in dem Ausweichversuch noch darin, dass er in der mondhellen Nacht auf der beleuchteten Schlittenbahn keine Stirnlampe getragen hatte. Es gebe keine generelle Pflicht zur "Beleuchtung" von Fußgängern, um von anderen Verkehrsteilnehmern besser gesehen zu werden, so das Gericht.

OLG München, Urteil vom 23.2.2022, Az.: 7 U 1195/21