Überholen in der Kolonne: Tesla-Fahrer rammt anderes Auto
Kolonnenspringen ist zwar nicht verboten, aber riskant. Wer muss zahlen, wenn es beim Überholen der Kolonne zu einem Unfall kommt? So entschied das Gericht.
Der Fall: Auf einer schmalen Landstraße ohne Mittelstreifen hatte sich eine Kolonne von mindestens zehn Fahrzeugen gebildet. Ein Tesla-Fahrer näherte sich von hinten und überholte ein Fahrzeug nach dem anderen. Als er die letzten drei Autos überholte, streifte er einen Opel Astra.
Der Tesla-Fahrer behauptete, der Astra sei plötzlich nach links ausgeschert, als er ihn überholt habe, und sei damit allein schuld an dem Unfall. Der Mann verlangte den Schaden an seinem E-Auto von dem Astra-Fahrer ersetzt und klagte. Das Amtsgericht wies die Klage ab, der Tesla-Fahrer legte Berufung ein.
Tesla-Fahrer überholt Kolonne
Das Landgericht Ellwangen wies die Klage ebenfalls ab. Der Unfall sei für den Tesla-Fahrer nicht unvermeidbar gewesen, so das Gericht. Er habe zwar nicht unzulässig überholt. Die Gefahr für sich und andere Verkehrsteilnehmer sei bei dieser Art von Kolonnenspringen aber zu hoch, führte das Gericht aus. Vor allem deshalb, weil die Straße kurvig und nur 5 Meter breit war – der Tesla messe inklusive Außenspiegel schon 2,1 Meter. Außerdem hatte die Straße keine Mittellinie und kein Bankett.
Kein Verstoß gegen Rechtsfahrgebot
Das Gericht führte weiter aus, der Astra-Fahrer habe nicht gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen. Er habe zwar zugegeben, dass er unmittelbar vor dem Unfall nach einer S-Kurve noch nicht ganz am rechten Fahrbahnrand gefahren sei. Daraus sei aber kein Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot abzuleiten, so das Gericht. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) sei das Rechtsfahrgebot keine starre Regel, sondern gebe dem Verkehrsteilnehmer einen gewissen Spielraum, "möglichst weit rechts" zu fahren.
Der Astra-Fahrer habe nicht ständig am äußersten rechten Rand der nur knapp 5 Meter breiten Straße fahren müssen. Nachdem es kein Bankett gab und zum Unfallzeitpunkt kein Gegenverkehr kam, durfte er einen Sicherheitsabstand zum rechten Fahrbahnrand einhalten, führte das Gericht aus. Der Astra-Fahrer sei auch nicht verpflichtet gewesen, am äußersten rechten Rand zu fahren, um dem Kolonnenspringer ein riskantes Überholmanöver zu ermöglichen.
Riskantes Überholen der Kolonne
Die Richter waren der Ansicht, die Betriebsgefahr des Astra trete wegen des grob fahrlässigen Überholens bei unklarer Verkehrslage des Tesla-Fahrers hinter die erhöhte Betriebsgefahr des Tesla zurück. Der Tesla-Fahrer habe damit keinen Anspruch auf Schadenersatz.
LG Ellwangen, Urteil von 20.3.2024, Az.: 1 S 70/23