Urteil zur Vorfahrt im Kreisverkehr: Wer zuerst kommt, fährt zuerst
Die Regel ist eindeutig: Wer zuerst in den Kreisverkehr fährt, hat Vorfahrt. Aber darf man sich auf das Vorfahrtsrecht verlassen? Ein Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz.
Der Fall: Ein Autofahrer fuhr viel zu schnell in einen Kreisverkehr hinein. Er überfuhr die Mittelinsel und geriet mit seinem Fahrzeug links neben eine andere Autofahrerin, die schon vor ihm fast komplett in den Kreisverkehr eingefahren war. Es kam zum Unfall. Die Frau verlangte den Schaden an ihrem Wagen ersetzt. Der Autofahrer war aber der Meinung, die Frau hätte den Zusammenstoß vermeiden können, wenn sie sich noch einmal nach links umgedreht hätte. Denn dann hätte sie sein Auto sehen müssen. Die Sache ging vor Gericht.
Unfall: Zu schnell im Kreisverkehr
Das Oberlandesgericht (OLG) Koblenz gab der Autofahrerin Recht. Im Kreisverkehr habe der- oder diejenige Vorfahrt, der oder die zuerst die Verkehrszeichen 205 (Vorfahrt gewähren) und 215 (Kreisverkehr) passiere und früher in den Kreisverkehr eingefahren sei. Der Autofahrer habe seine Wartepflicht verletzt, so die Richter.
Man darf sich auf Vorfahrtsrecht verlassen
Die Richter führten weiter aus, dass der oder die Vorfahrtsberechtigte nach dem Einfahren in den Kreisel nicht noch einmal nach links schauen und zur Vermeidung eines Unfalls eine Notbremsung machen müsse, wenn sich von links ein Fahrzeug mit überhöhter Geschwindigkeit nähere. Der oder die Vorfahrtsberechtigte dürfe sich darauf verlassen, dass sein bzw. ihr Vorfahrtsrecht von Verkehrsteilnehmenden, die noch nicht in den Kreisverkehr eingefahren sind, beachtet wird.
Nachdem der Autofahrer auch noch gegen das Verbot verstoßen habe, die Mittelinsel zu überfahren, habe er zwei erhebliche Pflichtverletzungen begangen, so das Gericht. Der Mann muss allein für den Unfall haften.
OLG Koblenz, Hinweisbeschluss vom 22.9.2022, Az.: 12 U 917/22