Boarding verpasst: Passagiere bleiben am Boden
Wer das Boarding verpasst, hat keinen Anspruch darauf, noch ins Flugzeug einsteigen zu dürfen. Gilt das auch dann, wenn der Flieger noch am Gate steht? Das hatte das Amtsgericht München zu entscheiden.
Der Fall: Eine Frau hatte für sich und einen Begleiter eine Pauschalreise nach Ägypten gebucht. Am Gate angekommen, wurde den beiden Reisenden am Frankfurter Flughafen der Einstieg in den Flieger verweigert. Zur Begründung hieß es, das Boarding sei schon beendet. Auf den Tickets stand die Boarding-Zeit 16:55 Uhr, der Flieger sollte um 17:25 Uhr abheben. Tatsächlich verließ das Flugzeug das Gate aber erst um 17:39 Uhr, weil erst das Gepäck der verspäteten Reisenden wieder ausgeladen werden musste. Die Urlauberin buchte daraufhin für sich und ihren Mitreisenden für 1220 Euro einen Ersatzflug. Von ihrem Reiseveranstalter verlangte sie den Ersatz dieser Kosten und machte eine Minderung des Reisepreises geltend. Sie reichte Klage ein und argumentierte, dass die Airline sie nicht am Gate hätte zurückweisen dürfen. Das Einsteigen sei noch möglich gewesen, weil das Flugzeug das Gate erst um 17:39 Uhr verlassen habe.
Zu spät am Gate: Flug verpasst
Das Amtsgericht München wies die Klage ab. Das Gericht führte aus, dass die Reisenden gewusst hätten, dass die Boarding-Zeit um 16:55 Uhr war. Eine Mindest-Boarding-Time schulde die Airline nicht. Sie müsse nicht gewährleisten, dass Passagiere jederzeit ins Flugzeug einsteigen können, bis der Flieger das Gate verlässt. Die Airline könne vielmehr den Schluss des Boardings nach ihren Abläufen und den noch nötigen Vorbereitungen selbst bestimmen. Daran ändere sich auch nichts, wenn in Ausnahmefällen Fluggäste auch nach Schließung der Flugzeugtüren einsteigen dürften. Bei einem generellen Anspruch käme es zu einer erheblichen Störung des Flugverkehrs, so das Gericht. Die Airline habe im vorliegenden Fall das Boarding nicht ungebührlich geschlossen.
Fluggäste müssen rechtzeitig zum Boarding da sein
Laut Gericht hätten die Reisenden so rechtzeitig in Richtung Gate aufbrechen müssen, dass sie es zur Boarding-Time bzw. wenige Minuten danach erreichen. Sie seien aber erst 18 Minuten nach angegebener Boarding-Time dort eingetroffen. Das sei nicht mehr rechtzeitig. Dass die Airline die Reisenden nicht mehr mitgenommen hat, lag in deren Risikobereich und könne nicht dem Reiseveranstalter angelastet werden. Ein Erstattungs- oder Minderungsanspruch sei daher nicht gegeben, so das Gericht.
AG München, Urteil vom 20.8.2021, Az.: 275 C 17530/19