Rollstuhlfahrer darf erst spät aussteigen: Airline haftet für verpassten Anschlussflug
Ein Rollstuhlfahrer verpasst seinen Anschlussflug, weil das Flugpersonal ihn als Letzten aus dem Flieger lässt. Bekommt er eine Ausgleichszahlung von der Airline? Ein Urteil des Bundesgerichtshofs.
Der Fall: Zwei Reisende wollten von Frankfurt am Main über Budapest nach St. Petersburg fliegen. Einer der Passagiere war auf den Rollstuhl angewiesen. Das Flugpersonal ließ ihn in Budapest erst als Letzten aussteigen. Die Folge: Der Anschlussflug nach St. Petersburg war weg. Die Airline bot den Fluggästen keine Ersatzbeförderung an. Diese buchten sich selbst einen Ersatzflug und erreichten ihr Ziel erst mit einer Verspätung von knapp zehn Stunden. Die Reisenden verlangten von der Airline die Kosten für den Ersatzflug und eine Ausgleichszahlung wegen der Verspätung und klagten.
Rollstuhlfahrer verliert in erster Instanz
Während die Klage in der ersten Instanz noch abgewiesen wurde, hatte sie in der zweiten Instanz teilweise Erfolg. Die Passagiere hätten einen Anspruch auf Erstattung der Kosten für den Ersatzflug, jedoch keinen Anspruch auf eine Ausgleichszahlung. Die Airline habe den rollstuhlfahrenden Passagier zwar beim Umsteigen nicht ausreichend unterstützt, das führe aber nicht zu einer Ausgleichszahlung.
Die Regelungen zur Unterstützung von Personen mit eingeschränkter Mobilität verwiesen nicht auf die Ausgleichszahlung, begründete das Gericht seine Entscheidung. Die Passagiere legten Revision beim Bundesgerichtshof (BGH) ein.
BGH: Airline muss Ausgleichszahlung leisten
Die obersten deutschen Zivilrichter entschieden anders: Den Passagieren stehe auch eine Ausgleichszahlung zu. Denn die Airline habe ihnen durch die mangelnde Unterstützung beim Umsteigen die Möglichkeit genommen, den direkten Anschlussflug zu erreichen. Sie sei daher für die verspätete Ankunft in St. Petersburg verantwortlich.
Die Airline wäre verpflichtet gewesen, die beiden Passagiere nach der Ankunft in Budapest vorrangig aussteigen zu lassen, so der Bundesgerichtshof.
BGH, Urteil vom 20.6.2023, Az.: X ZR 84/22