Sturz über Kinderwagen im Hausflur – Schmerzensgeld?
Eine Frau muss einen Kinderwagen zur Seite schieben, um im Hausflur an ihren Briefkasten zu kommen. Bekommt sie Schmerzensgeld, wenn sie dabei stürzt und sich verletzt? Ein Urteil des Landgerichts Koblenz.
Der Fall: Eine Frau hatte eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus gemietet. Im Eingangsbereich befindet sich ein etwa vier Quadratmeter großen Treppenabsatz, über dem die Briefkästen hängen. Eine junge Mutter stellte auf dem Treppenabsatz regelmäßig ihren Kinderwagen ab. Darüber gab es Streit, die Sache ging vor Gericht. Die Mieterin behauptete, dass sie den Buggy zur Seite schieben musste, um an ihren Briefkasten zu kommen. Dabei sei sie mit dem Ärmel am Griff des Kinderwagens hängen geblieben, gegen die Hauswand gefallen und habe sich an der Schulter verletzt.
Kinderwagen behindert Zugang zu Briefkästen
Die Frau verklagte die junge Mutter und ihre Vermieterin wegen Verletzung der sogenannten Verkehrssicherungspflicht auf Zahlung eines Schmerzensgeldes von mindestens 10.000 Euro. Sie argumentierte, die Mutter habe ihren Kinderwagen dort nicht abstellen dürfen und habe die Verletzung dadurch fahrlässig verursacht. Die Vermieterin hätte einschreiten und das Abstellen des Buggys verhindern müssen. Die beiden Beklagten bestritten den geschilderten Hergang des Unfalls und lehnten die Zahlung ab. Sie waren der Meinung, der Treppenabsatz sei groß genug, um dort einen Kinderwagen abzustellen.
Frau verlangt Schmerzensgeld nach Sturz über Buggy
Das Landgericht Koblenz wies die Klage ab. Es sei keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht, den Kinderwagen auf dem Treppenabsatz vor den Briefkästen abzustellen. Es gebe kein allgemeines Verbot, andere zu gefährden und es ließe sich auch nicht jede denkbare Gefahr verhindern, führt das Gericht aus.
Im praktischen Leben gebe es keine Sicherheitsmaßnahmen, die jede Schädigung ausschließen. Es müssten nur solche Maßnahmen ergriffen werden, die ein "umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Mensch für notwendig und ausreichend hält, um andere vor Schäden zu bewahren", so die Richter.
Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt
Das Gericht führte weiter aus, dass man beim Abstellen des Buggys vor den Briefkästen nicht damit rechnen müsse, dass sich jemand beim Umstellen des kleinen Kinderwagens verletze. Nach Ansicht der Richter sei auf dem Treppenabsatz genügend Platz, um den Buggy gefahrlos zur Seite schieben zu können. Eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht sahen die Richter nicht.
Keine Beweise für Sturz
Weiter führte das Gericht aus, dass die Frau den geschilderten Hergang des Unfalls nicht habe beweisen können. Da sie Ansprüche stelle, müsse sie aber Beweise dafür vorlegen. Zeugen für den Unfall gebe es nicht. Das Gericht hielt die Vernehmung der Frau selbst in diesem Fall nicht für ein zulässiges Beweismittel. Die Frau ging also leer aus.
LG Koblenz, Urteil vom 16.3.2022, Az.: 4 O 213/21