Vollrausch: Betrunken vor Auto eingeschlafen
Wer mit dem Auto losfährt, muss kontrollieren, ob der Weg frei ist. Eine Frau übersah, dass jemand betrunken vor ihrem Fahrzeug eingeschlafen war. Ein Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe.
Der Fall: Zwei Frauen waren unabhängig voneinander zu Gast auf einer Party. Die eine verließ das Fest gegen vier Uhr morgens, ohne Alkohol getrunken zu haben. Sie näherte sich von hinten ihrem Auto, das auf dem zur Party-Location gehörenden Grundstück geparkt war, stieg ein und fuhr los. Dabei überrollte sie die andere, knapp 17-jährige Partybesucherin, die mit über zwei Promille im Blut vor dem Auto geschlafen hatte. Die Autofahrerin hatte die Betrunkene nicht bemerkt. Diese erlitt erhebliche Verletzungen. Sie klagte auf mindestens 40.000 Euro Schmerzensgeld.
Betrunkene schläft vor dem Auto
Die erste Instanz urteilte, die überwiegende Schuld an dem Unfall liege bei der Verletzten. Die Autofahrerin hafte nur zu einem Viertel, und das wegen der allgemeinen Betriebsgefahr des Autos. Die Verletzte bekam ein Schmerzensgeld von 5000 Euro zugesprochen. Dagegen legte sie Rechtsmittel ein und hatte damit teilweise Erfolg.
Vor dem Losfahren Fahrweg prüfen
Das Oberlandesgericht Karlsruhe sah mehr Verantwortung bei der Autofahrerin als die Vorinstanz. Sie müsse für die Folgen des Unfalls zur Hälfte haften. Denn das Ganze wäre nur zu verhindern gewesen, wenn die Frau um ihr Auto herumgegangen wäre.
Schmerzensgeld wegen Mitverschulden gekürzt
Die Hauptursache für den Unfall sei aber, dass sich die andere Frau stark betrunken vor das Auto gelegt hatte, führten die Richter aus. Mit fast 17 Jahren könne man die Wirkung von Alkohol einschätzen. Die Betrunkene sei nicht unzurechnungsfähig gewesen. Zeugen hätten ausgesagt, dass die Frau auch in der Vergangenheit regelmäßig und ähnlich viel Alkohol getrunken habe.
Das Gericht hielt daher ein Schmerzensgeld von 12.000 Euro für angemessen. Durch ihre Mitschuld von 50 Prozent am Unfall bekam die Frau aber nur 6000 Euro von der Autofahrerin.
OLG Karlsruhe, Urteil vom 6.7.2022, Az.: 14 U 267/21