Der Heckaufprall erfolgte nicht als Fahrzeugcrash, sondern als Komponentenversuch auf einem Testschlitten. Der zu testende Autositz (Vordersitz) ist dabei mit der original Sitzbefestigung wie im Fahrzeug fest auf dem Schlittenboden befestigt. Auf dem Testsitz befindet sich ein Spezial Heckaufpralldummy. Eine Besonderheit dieses Dummies ist, dass seine gesamte Wirbelsäule die gleichen dynamischen Eigenschaften wie die Wirbelsäule eines Menschen besitzt. Am oberen und am unteren Ende der Halswirbelsäule befinden sich eine Reihe von Kraft- und Beschleunigungssensoren zur Messung der HWS Belastungen und der Relativbewegungen zwischen Oberkörper und Kopf. Über eine Beschleunigungs- oder Bremseinrichtung wird ein Testpuls erzeugt, der den Schlitten in eine Stoßbewegung versetzt, wie sie tatsächlich bei einem Fahrzeugheckaufprall auftritt.
Aus der Unfallforschung ist bekannt, dass HWS Verletzungen sowohl bei niedrigen als auch bei höheren Aufprallgeschwindigkeiten auftreten können. Das entwickelte Verfahren trägt diesem Sachverhalt dadurch Rechnung, dass jedes Sitzmodell seine Schutzwirkung bei drei verschiedenen Unfallschweren unter Beweis stellen muss. Dadurch soll vermieden werden, dass bei der Sitzentwicklung eine Optimierung auf eine einzige Unfallschwere hin geschieht. Die drei Unfallschweren decken einen Belastungsbereich ab wie er entsteht, wenn ein stehendes Fahrzeug einen Heckaufprall zwischen 30 und 50 km/h durch ein gleich schweres Fahrzeug erleidet.
Die Pulse:
16 km/h bei 4,5 g mittlerer Verzögerung (max. 5g)
16 km/h bei 5,5 g mittlerer Verzögerung (max. 10g)
24 km/h bei 6,5 g mittlerer Verzögerung (max.7.5g)
Für die Gesamtbeurteilung der Schutzwirkung eines Sitzmodells (Vordersitz) werden neben den HWS Belastungswerten noch folgende Kriterien berücksichtigt:
der vertikale und horizontale Verstellbereich der Kopfstütze. Dabei werden aber nur Positionen mit festen Arretierungen berücksichtigt
die Bedienbarkeit. Dabei erhält das Sitzmodell einen Bonus, bei dem sich die Kopfstütze automatisch mit der Sitzlängsverstellung in die optimale Lage positioniert. Diesen Bonus erhält auch ein Sitzmodell mit integrierter und daher nicht verstellbarer Kopfstütze, wenn eine optimale Kopfstützenposition für alle Körpergrößen auch ohne Verstellbarkeit gewährleistet ist
die Sitzstabilität. Auch bei der höchsten Unfallschwere darf die Rückenlehne nicht über ein bestimmtes Maß hinaus in den Fahrzeugfond eindringen
Sollte ein Hersteller Konstruktionen einsetzten, die nur darauf ausgelegt sind das Testverfahren zu beeinflussen und nicht einzig dem Insassenschutz dienen, so kann auch dafür ein Punkabzug erfolgen.
Das neue Bewertungsverfahren wird 2009 in die Insassengesamtbewertung des Euro NCAP Crashprotokolls einfließen. Somit ist der Verbraucher künftig in der Lage, bei jedem Fahrzeugcrashtest auch Informationen über das HWS- Schutzpotential des jeweiligen Fahrzeugsitzes zu bekommen.