Schaltung oder Automatikgetriebe: Was ist besser?

Automatikschaltung eines BMWs
Moderne Automatikgetriebe (hier von BMW) haben mit der Ruckel-Automatik von früher nicht mehr viel gemein© BMW

Automatik fahren nur lahme Enten? Die alten Vorurteile über hohen Verbrauch und schlechte Fahrleistungen stimmen heute kaum noch. Die Vor- und Nachteile der verschiedenen Getriebearten.

  • Handschaltung meist günstiger

  • Automatikgetriebe kann Sprit sparen

  • Plus und Minus der Getriebe im Überblick

Bekanntlich hält sich ja nichts hartnäckiger als Vorurteile. Doch es gibt eigentlich keinen vernünftigen Grund mehr, die Gänge selbst mit der Hand zu schalten. Denn inzwischen gibt es tolle automatische Alternativen, die von sportlich bis spritsparend alles können. Moderne Wandler-Automatikgetriebe und Doppelkupplungsgetriebe stehen Handschaltgetrieben in nichts mehr nach, vieles können sie sogar besser.

Elektroautos brauchen keine Handschaltung

Automatikschaltung des VW ID3
Eher selten: Fahrstufenwechsel direkt hinter dem Lenkrad (VW ID.3)© ADAC/Ralph Wagner

Die Frage nach der passenden Schaltung wird sich in Zukunft ohnehin immer seltener stellen: Elektroautos brauchen bauartbedingt kein Schaltgetriebe: Die Motoren liefern sofort Leistung. Der Autobauer entwickelt für das E-Auto eine 1-Gang-Lösung mit einem Übersetzungsverhältnis, das den Elektromotor effektiv regelt und das beste Gleichgewicht zwischen Beschleunigung und Höchstgeschwindigkeit bietet. Einige Hersteller wie Audi oder Porsche verwenden teilweise auch 2-Gang-Getriebe für mehr Effektivität bei höheren Geschwindigkeiten. Doch auch hier wird automatisch geschaltet.

Die klassische Handschaltung

Schaltung des Mazda 3
Der Schaltknüppel der Handschaltung im Mazda 3© ADAC/Martin Hangen

Handschaltgetriebe bestehen meist aus zwei Getriebewellen mit mehreren Zahnradpaaren, die seitlich verschiebbar auf der Welle gelagert sind. Über Schaltklauen werden für jeden Gang zwei passende Zahnräder in Kraftschluss gebracht. Die Vorteile des manuellen Schaltgetriebes liegen im hohen Wirkungsgrad (gute Fahrleistungen, niedriger Verbrauch), in kompakten Abmessungen und vor allem bei den günstigen Herstellungskosten – ein entscheidender Vorteil.

Das automatisierte Schaltgetriebe

Beim automatisierten Schaltgetriebe muss die Fahrerin oder der Fahrer weder selbst schalten noch kuppeln. Im Prinzip ist das Getriebe aufgebaut wie ein Schaltgetriebe, die Betätigung der Kupplung und die Schaltvorgänge laufen jedoch automatisiert ab. Diese Getriebe sind relativ preisgünstig zu haben – und trotzdem meist das Geld nicht wert.

Mit seinen optimierten Schaltpunkten spart es zwar etwas Sprit, doch die Zugkraftunterbrechungen (kleine Pausen) beim Schalten sind ärgerlich – gerade bei schwachen Kleinwagen. Oft werden diese Getriebe mittlerweile durch viel schneller und komfortabler schaltende Doppelkupplungsgetriebe ersetzt, weshalb nur noch wenige Autos mit automatisierten Schaltgetrieben erhältlich sind.

Das CVT-Getriebe 

Automatikschaltung des Honda Civic
Auch möglich: Die Vorwahl per Tastendruck (hier im Honda Civic)© Honda

Das stufenlose CVT-Getriebe ändert die Übersetzung dagegen ohne Schaltvorgang – so wie die Variomatik eines Motorrollers. Die Geräuschkulisse ist bei gemächlicher Fahrweise angenehm, beim spontanen und stärkeren Beschleunigen dagegen heult der Motor unangenehm auf. Der größte Vorteil der stufenlosen Getriebe ist die ruckfreie Beschleunigung ohne Zugkraftunterbrechung und ohne Schaltvorgang. Außerdem kann die Drehzahl des Verbrennungsmotors immer auf die momentan optimale Drehzahl eingestellt werden, je nachdem, ob sportlich oder verbrauchsgünstig gefahren wird.

Die Wandler-Automatik

Automatikschaltung des Citroen C5X
Standard im Stellantis-Konzern: Ein kleiner Wippschalter© Citroen

Da fährt sich die herkömmliche Wandler-Automatik viel komfortabler. Moderne Vertreter dieser Bauweise halten die Drehzahl dank hoher Ganganzahl (meist sechs bis neun Fahrstufen) und großem Übersetzungsverhältnis zwischen kleinstem und größtem Gang in der Regel auf einem sehr niedrigen Niveau. Bei starker Beschleunigung werden die einzelnen Gänge zwar höher ausgedreht, der Motor verharrt aber nicht auf konstant hoher Drehzahl wie etwa bei einem CVT-Getriebe. Der Verbrauch liegt meist geringfügig über dem von vergleichbaren Handschaltgetrieben.

Das Doppelkupplungsgetriebe

Für viele Favorit ist das Doppelkupplungs- oder Direktschaltgetriebe. Im Prinzip sind das zwei Schaltgetriebe, die jeweils die geraden und die ungeraden Gänge verwalten.

Über jeweils eine Kupplung pro Getriebeteil wird der passende Gang kraftschlüssig mit den Antriebsrädern verbunden. Beim Gangwechsel öffnet die Kupplung des einen Teils, während die andere gleichzeitig schließt. So kann automatisch (oder manuell per Handeingriff) ohne Zugkraftunterbrechung unter Last geschaltet werden, was bei Bedarf dank der extrem schnellen Schaltvorgänge sehr gute Beschleunigungswerte ermöglicht – nicht rein zufällig nutzen Sportwagen sehr häufig Doppelkupplungsgetriebe.

Manche Modelle mit Doppelkupplungsgetriebe haben allerdings kein besonders komfortables Anfahrverhalten. Hier ist viel Feinabstimmung durch den Hersteller gefragt.

Die Vor- und Nachteile der Getriebearten

Getriebeart

Vorteile

Nachteile

Manuelles Schaltgetriebe: In Europa Standard­getriebe für kleine und mittlere Pkw, meist 5 bis 6 Gänge. Kein Aufpreis.

Hoher Wirkungsgrad mit guten Fahrleis­tungen, kein Mehr­verbrauch, kompakte Abmessungen.

Unkomfortable Bedienung mit manuellem Schalten und Kuppeln, Zugkraftunterbrechung beim Schaltvorgang.

Automatisiertes Schaltgetriebe: Im Prinzip eine normale Schaltung, bei der die Gänge automatisch wechseln. Ab 300 Euro.

Hoher Wirkungsgrad ohne Mehrverbrauch, kompakte Abmes­sungen, preisgünstige Automatikfunktion.

Zugkraftunterbrechung während des Schalt­vorgangs, lange Schaltpausen, Möglichkeit der Fehlbedienung.

Stufenloses CVT-Getriebe: Durch einen variablen Übersetzungsbereich läuft der Motor fast immer im idealen Drehzahlbereich. Ab 1000 Euro.

Keine Schaltpausen, sehr komfortabel.

Akustisch gewöhnungsbedürftig (Drehzahl ist vom Tempo entkoppelt), Aufheulen bei starkem Beschleunigen.

Wandler-Automatik: Klassische Automatikvariante mit Drehmomentwandler und meist 6 bis 9 Gängen. Im Schnitt etwa 2000 Euro.

Hoher Fahrkomfort, keine Zugkraftunterbrechung, sanfte Schaltvorgänge, gut im Anhängerbetrieb.

Relativ hoher Aufpreis, prinzipiell etwas höherer Spritverbrauch, großer Platzbedarf.

Doppelkupplungs­getriebe: Auch Direktschaltgetriebe genannt. Zwei automatisierte Teilgetriebe mit jeweils eigener Kupplung, meist 6 oder 7 Gänge. Ab 1500 Euro.

Keine Zugkraftunter­brechung, sehr schnelle Schaltvorgänge, kein Mehrverbrauch, kompakte Abmessungen.

Technisch aufwendig, deshalb relativ hoher Aufpreis. Teils ruckeliges Anfahrverhalten.

Die Empfehlungen des ADAC

  • Der höhere Fahrkomfort vor allem im Stau oder im Stadtverkehr sind sehr gute Argumente für eine Automatik.

  • Alte Vorurteile sollten nicht zu falschen Kaufentscheidungen verleiten.

  • Zu den meisten Fahrzeugen ab der Mittelklasse passt eine Automatik (egal ob Doppelkupplungsgetriebe oder Wandler-Automatik) sehr gut.

  • Bei einer ausgiebigen Probefahrt können Sie die Vor- und Nachteile am besten erkennen.

  • Achtung, automatisierte Schaltgetriebe sind oft nicht ideal abgestimmt und aufgrund der langsamen Schaltvorgänge nur für sehr gelassene Fahrer geeignet.

  • Bei zügiger Fahrweise eignen sich für Kleinwagen Schaltgetriebe meist besser als die kostengünstigen automatisierten Getriebe.

  • Für häufigen Anhängerbetrieb empfiehlt sich ein Fahrzeug mit Wandler-Automatikgetriebe, da nur damit ein verschleißfreies Anfahren mit der Wandler-Kupplung möglich ist.

  • Dasselbe gilt bei häufigen Fahrten im Gebirge, wo oft an Steigungen angefahren wird.

Mehr Automatik: Der Markt verändert sich

In Nordamerika sind Automatikgetriebe bereits seit Jahrzehnten sehr weit verbreitet. Kaum ein Auto fährt dort mit Schaltgetriebe. Am häufigsten werden dort klassische Wandler-Automatikgetriebe verbaut. In Europa hingegen waren sehr lange Schaltgetriebe die meistgenutzten Getriebe. Etwa seit der Jahrtausendwende nimmt der Anteil an Automatikautos aber stark zu.

Wurden in Deutschland im Jahr 2000 gerade mal 20 Prozent aller Neuwagen mit Automatik verkauft, so waren es 2017 bereits 47 Prozent. Im Jahr 2022 waren mit 66 Prozent sogar schon zwei Drittel aller Neuwagen mit einem Automatikgetriebe ausgestattet. Auch am Gesamtbestand der Autos lässt sich der Trend klar erkennen. Im Jahr 2002 hatten 15 Prozent aller zugelassenen Autos eine Automatik. Im Jahr 2018 betrug der Anteil bereits 31 Prozent (alle Daten von DAT).

Der Trend wird sich weiter so entwickeln. Mittlerweile sind einige Mittelklassemodelle wie etwa der 3er BMW gar nicht mehr mit Schaltgetriebe erhältlich. Selbst einige Modelle der unteren Mittelklasse werden – wenn überhaupt – nur in Verbindung mit den Basismotorisierungen mit Schaltgetriebe angeboten.

Die Gründe dafür sind der gesteigerte Komfortanspruch der Kunden, die immer besseren Automatikgetriebe und die weiter zunehmende Hybridisierung. Klar ist, da auch günstige Kleinst- und Kleinwagen mit klassischen Verbrennern immer weniger werden, dass sich der Automatikanteil weiter erhöhen wird. In einigen Jahren sind vermutlich kaum noch Modelle mit einem normalen Schaltgetriebe zu haben.

Technische Beratung: Max Bauer, ADAC Technik Zentrum