«Luxus ist eben, was man nicht unbedingt braucht», schrieb ein Auto-Tester im Jahr 1992 und meinte damit den Mercedes-Benz 600 SL mit sechs Litern Hubraum aus zwölf Zylinder. Fast 25 Jahre später ist der Wagen kaum weniger reizvoll wie damals.
1989 gehörte das Mercedes-Benz Cabriolet der Baureihe R129 zu den Hauptattraktionen des Genfer Autosalons. Der auf Sicherheit und Komfort getrimmte offene Wagen überzeugte mit seinem modernen Design, das Bruno Sacco zu verdanken war. Es gab ihn mit drei oder fünf Litern Hubraum, respektive sechs oder acht Zylindern. Der neue Sportwagen wurde zwar etwas teurer als sein Vorgänger, repräsentierte gleichzeitig aber auch das Machbare.
Alleine seine Dachkonstruktion schon war ein Meisterwerk. Auf Schalterdruck öffnete oder schloss sich das Dach komplett vollautomatisch, sogar die Scheiben und der Deckel des Verdeckkasten hoben und senkten sich automatisch. Eine Hydraulikanlage mit 15 Druckzylindern und 11 Magnetventilen war dafür nötig, nebst diversen Elektromotoren und Mikroprozessoren.
Komfort groß geschrieben
Nach den vorausgeschobenen 300- und 500-SL-Varianten erschien Mitte 1992 SL mit Zwölfzylindermotor. 100 kg Mehrgewicht wurden durch nunmehr 395 PS locker kompensiert, mit 6,5 Sekunden für den Spurt von 0 bis 100 km/h konnte sich aber kaum jemand beklagen.
Schon die günstigeren Modelle waren für Mercedes-Begriffe reichhaltig ausgestattet, der 600 SL aber setzte noch eins drauf, denn bei ihm waren ADS (adaptives Dämpfersystem), viel Holz im Interieur, Metallic-Lackierung und Memory-Ledersitze bereits im Serienumfang dabei.
Trotzdem konnte man natürlich auch das Spitzenmodell noch weiter individualisieren, etwa mit orthopädischen Sitzen, Unterhaltungselektronik, Standheizung oder Sitzen im Fond.
Glatte 217.740 DM kostete ein Serien-600 SL anfänglich, der Aufpreis zum 500 SL mit acht Zylindern betrug rund 60.000 Mark. Da kauften sich viele dann doch lieber eine Eigentumswohnung.
Viel Auto für das Geld
Und heute? Aktuell pendeln sich die Preise für inzwischen über 20-jährige 600 SL in guten Zustand bei rund einem Achtel bis Zehntel des damaligen Neupreises ein. Für den Preis eines gut ausgestatteten neuen VW Golf erhält man also enorm viel Auto.
Dies spürt man bereits beim Einstieg, denn Karosserie und Interieur strahlen auch nach 80.000 km noch eine hohe Wertigkeit aus, das Leder wirkt noch fast wie am ersten Tag, das Holz edel wie eh und je.
Und selbst rund 25 Jahre nach der Vorstellung verblüffen die Komfortattribute des Cabriolets, etwas das automatische Dach oder die gespeicherte Sitzposition samt Einstellungen der Innen- und Außenspiegel sowie des Lenkrads und der Kopfstützen. Man versteht nun die große Anzahl der nötigen Motoren und den Aufwand für die gesamte Verkabelung.
Also, führen wir den Zündschlüssel, der noch einen richtigen Metallbart hat, in den Schlitz und drehen ihn, denn einen Startknopf gab es damals bei Daimler natürlich nicht. Und schon beginnt der große Motor vorne zu säuseln, wobei man vor allem die Nebenaggregate hört. Man führt den Automatik-Wahlhebel durch die winklige Gasse in die Drive-Position und los geht’s. Mühelos setzt sich das Cabriolet in Bewegung, die Geschwindigkeit nimmt stetig zu, schon nach kurzer Zeit ist der vierte (und oberste Gang) drin und der Motor dreht im knappen Tausenderbereich. Heruntergeschaltet wird kaum je, sowohl Innerorts- als Außerorts-Fahrten werden im vierten Gang abgewickelt. Krawall macht der 600 SL dabei kaum, nicht einmal, wenn man ihn ausdreht, um die Fahrleistungen auszukosten. Ferrari-Symphonien darf man vom Mercedes nicht erwarten, dies hätten die Kunden auch sicherlich gar nicht gewollt.
Weitere Informationen und viele Bilder sowie ein Tonmuster und einen Verkaufsprospekt zum Mercedes-Benz 600 SL gibt es auf
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