Im Dezember 1893 lieferte Benz-Schlossermeister Thum besagten Viktoria per Bahnfracht in Reichenberg ab. Mit dem sinnreichen, „herrlichen Gesang: Was rattert und knattert in den Morgen hinein? Das können nur zwei Benzianer sein. Viktoria!“ (siehe Rainer, 27) brachen Liebieg und sein alter Schulkamerad Franz Stransky am 16. Juli 1894 zur Fernfahrt nach Gondorf auf.
Stransky, derzeit Medizinstudent und von Liebieg zum 'Kesselheizer' hochgelobt, weil er während der Fahrt alle 15 bis 20 Kilometer Wasser aus Brunnen und Waldbächen nachfüllen durfte, entdeckte auch seine Qualitäten als Pferdeflüsterer, denn mehr als einmal hatte er scheuende Rösser an der Kutsche ohne Pferde vorbeizuführen. Auch wie angenagelt in Straßenmitte stehende Rindviecher mussten behutsam umschifft werden.
Weder Liebieg noch Stransky hatten viel Ahnung von der Technik, doch 'Ölungen', Riemenspannen und die Reparatur des „zu Tode gerüttelt(en) Zünder(s)“, womit Rainer wohl die einsame Zündkerze meinte, gingen ihnen bald flott von der Hand. Längere Aufenthalte gab es, wenn „eine Schraubenmutter im Getriebe … locker geworden“ oder „nur die Pole des Induktionsapparates durch das Rattern des Motors in Unordnung gekommen“ waren, wie Rainer (47, 35, 39) als Nicht-Techniker mechanischen Störungen nahezukommen versuchte.
Nach 700 Kilometern, vier Tagen und einer Nachtfahrt (mit Kerzenlaternen) via Zittau, Dresden, Jena, Eisenach, Fulda, Hanau und Darmstadt erreichten sie ohne größere Reparaturen die Waldhofstraße in Mannheim. „Die Fabrik von Benz & Co … bestand aus mehreren kleinen Gebäuden, … die wahrhaftig noch nicht auf ein Weltunternehmen raten ließen“. „Vater Benz strahlte … Mit Ihnen beiden habe ich Glück gehabt. Schade, daß ich Sie nicht bei allen meinen Wagen mitliefern kann, dann wären wir bald rund um die Welt herum“ (Rainer, 52). Benz als weltgrößter Hersteller baute 1894 67 Automobile, Peugeot 40 und Daimler nur 1.
Nachdem die Benz-Arbeiter den Wagen gereinigt und „scharf untersucht“ hatten, erreichten sie „mit dem wackeren Benz, der seit Mannheim nie mehr gestreikt hatte“, (Rainer, 55, 57), ihr Ziel Gondorf am 22. Juli 1894. In den 7 Tagen legten sie während der 69 Fahrstunden 939 km zurück, was einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 13,61 km/h entspricht (auf der Rückfahrt erreichten sie 17 km/h). Dabei schlürfte der 1 Zylinder-Viktoria (1.724 cm³, 3 PS) 140 kg oder etwa 192 Liter Benzin in sich hinein, jeweils in Apotheken gekauft, was einem Verbrauch von 20,5 l/100 km entspricht – bescheiden gegenüber dem Wasserbrauch, den Liebieg mit insgesamt 1.500 Litern angab entsprechend 159,7 l/100 km.
Dafür reichte der Akkumulator für die ganze Fahrt, und der Liebieg damals noch unbekannte CO2-Ausstoß betrug 471,5 g/km – nicht schlecht im Vergleich zu den Bugatti Supersportwagen neuerer Zeit, auf die eigentlich niemand gewartet hatte und die deutlich mehr als ein halbes Kilo CO2 pro Kilometer in die Atmosphäre blasen.