Dem III-er ging an Steigungen nicht nur die Puste aus. Die Antriebsketten zu den Hinterrädern längten sich und mussten, je nach Literaturquelle, „beim Dorfschmied unter dem Staunen der Bevölkerung gekürzt“ (Berta Benz im Interview 1912), „nachgespannt“ (Lebensfahrt 1925) oder „durch Hammerschläge die einzelnen Glieder etwas gestaucht“ werden (Motor Klassik Heft 8/1988).
„Eine Hutnadel mußte Dienste leisten, (weil sich) der Benzinzufluß verstopfte“ (Interview 1912), während in einer anderen Quelle (Paul Siebertz: Karl Benz – Ein Pionier der Motorisierung, Stuttgart 1950) von einer Haarnadel die Rede ist, die „eine verstopfte Ventilöffnung …wieder freilegt“. „Und als die Zündung versagte, mußte mein – es sei ausgesprochen, mein – Strumpfband als Isoliermaterial dienen!“ (Interview 1912), während Siebertz mal wieder einem Ventil die Schuld zuschiebt, das „mit einem Strumpfband der Mutter gedichtet“ werden musste. Mutter war also, abgesehen vom „stundenlang schieben wie die Zigeuner“ (Interview 1912), vollzeitbeschäftigt, auch ohne Hand an die Lenkpinne zu legen.
Die „Fernfahrt“, von Bertas beiden Rangen als „Ferienfahrt“ geplant und durchgesetzt, führte von Mannheim über Ladenburg, Heidelberg, Wiesloch, Bruchsal und Grötzingen nach Wilferdingen, „und nach Überwindung der Bergeshöhe sausten wir zu Tal nach Pforzheim hinein“ (Interview 1912). Insgesamt legte „das dreiblättrige Kleeblatt mit dem Landstreicherblut im Herzen“ (Lebensfahrt 1925) etwa 180 km für Hin- und Rückfahrt zurück – für eines der ersten Automobile mit dem potentiell anfälligen Verbrennungsmotor sicherlich eine satte Leistung.
Blickt man jedoch über den Tellerrand, relativiert sich diese Leistung: Dampflokomotiven legten um diese Zeit problemlos Hunderte von Kilometern pro Tag zurück, Dampfomnibusse verkehrten nicht ganz so problemlos ab etwa 1830 zwischen Städten in England, und für Rad(renn)fahrer waren 180 km sowieso nicht der Rede wert.
Auch wenn Berta nicht als Fahrerin, nicht einmal als Initiatorin der Fahrt gelten kann und schon gar nicht „ihren Mann zu Weltruhm fuhr“, wie Angela Elis im Untertitel ihres Buches „Mein Traum ist länger als die Nacht“ (Hamburg 2010) behauptet, werden ihr zu Ehren – die Söhne scheinen vergessen zu sein – 'Gedächtnis'- und 'Bertha-Benz-Fahrten' abgehalten, zweckmäßigerweise auf der 'Bertha Benz Memorial Route'. Dort fand 2011 die erste 'Bertha Benz Challenge' für Autos mit alternativen Antrieben statt – weil sie ja „1888 keinen Oldtimer (fuhr), sondern das innovativste Fahrzeug ihrer Zeit“ (Bertha Benz Wikipedia).
Bertha sei Dank!
Erik Eckermann
Bildquelle: Eckermann