Abstandsmessung auf der Autobahn: Strafen und Bußgelder für Drängelnde

Kamera zur Abstandsmessung auf einer Autobahnbrücke
Abstandsmessung auf einer Autobahnbrücke mittels Videoaufzeichnung© ADAC/Theo Klein

Ein zu geringer Abstand ist eine der Hauptursachen für schwere Verkehrsunfälle auf Autobahnen. Welche Bußgelder drohen bei Verstößen? Wie wird der Sicherheitsabstand berechnet? Und wie funktioniert die Abstandsmessung? Das müssen Sie wissen.

  • Halber Tacho und 2-Sekunden-Regel für richtigen Abstand

  • Bei zu geringem Abstand drohen hohe Strafen

  • Mit Videokameras werden Abstandsverstöße dokumentiert

Sie kennen die Situation: Auf der Autobahn nähert sich von hinten ein Fahrzeug mit hoher Geschwindigkeit, bremst erst kurz hinter Ihnen ab und fährt dann über einen längeren Zeitraum unangenehm dicht direkt hinter Ihrem Pkw. Nichts nervt Autofahrerinnen und -fahrer mehr als solche Drängler. Um Verstöße gegen den Sicherheitsabstand zu dokumentieren und Drängelnden so das Handwerk zu legen, überwacht die Polizei den richtigen Abstand – mit Messungen auf Basis von Videoaufzeichnungen. Wer zu dicht auffährt, dem drohen hohe Strafen.

Abstandsverstoß: Bußgelder und Strafen

Gefährlich und teuer: Die Unterschreitung des Mindestabstands © ADAC/Theo Klein

Wenn Sie nicht nur den Mindestabstand unterschreiten, sondern darüber hinaus auch extrem dicht auffahren, kann dies als Straftat eingestuft werden. Der Tatbestand lautet "Nötigung im Straßenverkehr". Beträgt Ihr Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug nur wenige Meter und bedrängen Sie den Vordermann oder die Vorderfrau über eine längere Strecke hinweg mit Lichthupe, leiten die Behörden ein strafrechtliches Verfahren gegen Sie ein. Neben einer hohen Geldstrafe erwartet Sie dann auch ein Fahrverbot oder der Entzug des Führerscheins. Bei Abstandsverstößen bietet der Bußgeldkatalog eine Differenzierung nach Geschwindigkeit und Abstand.

Doch Vorsicht, im Einzelfall kann die Behörde auch vorsätzliches Verhalten annehmen. In einem Urteil des Amtsgerichts Landstuhl ergab die Messung, dass der beschuldigte Autofahrer für mehr als zwei Sekunden zu wenig Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug hatte. Diesen Abstand hätte er selbst durch leichtes Abbremsen problemlos vergrößern können. Weil er das aber nicht tat, ging das Gericht davon aus, dass er sich der Unterschreitung des Abstands bewusst war oder diese zumindest billigte. Daher nahm das Gericht Vorsatz an und verdoppelte das Bußgeld.

Diese Strafen gelten bei Abstandsverstößen:



Bußgeld *

Punkte

Fahrverbot

bei unter 80 km/h

ohne Gefährdung

25 €

-

-


mit Gefährdung

30 €

-

-


mit Sachbeschädigung

35 €

-

-

bei über 80 km/h

mit weniger Abstand als 5/10 des halben Tachowerts

75 €

1

-


... 4/10 ...

100 €

1

-


... 3/10 ...

160 €

1

-


... 2/10 ...

240 €

1

-


... 1/10 ...

320 €

1

-

bei über 100 km/h

mit weniger Abstand als 5/10 des halben Tachowerts

75 €

1

-


... 4/10 ...

100 €

1

-


... 3/10 ...

160 €

2

1 Monat


... 2/10 ...

240 €

2

2 Monate


... 1/10 ...

320 €

2

3 Monate

bei über 130 km/h

mit weniger Abstand als 5/10 des halben Tachowerts

100 €

1

-


... 4/10 ...

180 €

1

-


... 3/10 ...

240 €

2

1 Monat


... 2/10 ...

320 €

2

2 Monate


... 1/10 ...

400 €

2

3 Monate

* Das Bußgeld ist zusätzlich mit ca. 28,50 Euro für Auslagen und Gebühren verbunden.

Mit dem ADAC Online-Bußgeldrechner können Sie auch den Regelsatz für Bußgelder bei Abstandsverstößen berechnen.

Gut zu wissen: Nur ein gefährdender Abstand wird sanktioniert. Um einen Verstoß dieser Art handelt es sich dann, wenn Sie den Sicherheitsabstand über einen längeren Zeitraum nicht einhalten. Daher werden der Nah- und der Fernbereich der Messstelle meist durch zwei Videokameras dokumentiert.

Einspruch gegen den Bescheid einlegen?

Bei Abstandsmessungen der Polizei sind in Einzelfällen Fehler durch die eingesetzte Technik oder auch bei Messung und Auswertung durch die Beamten nicht auszuschließen. Diese Fehler nachzuweisen, ist außerordentlich aufwendig. Sie brauchen dafür meist einen Anwalt oder eine Sachverständige, der bzw. die die Ermittlungsakte auswertet und die Messunterlagen sowie die Messvideos analysiert. Erst aufgrund eines so nachgewiesenen Fehlers kann ein Richter bzw. eine Richterin über die Einstellung des Verfahrens, eine Reduzierung des Bußgelds oder das Absehen von einem Fahrverbot entscheiden.

Da für solche Gutachten hohe Kosten entstehen können, sollten Sie unbedingt vorab prüfen, ob Sie eine eintrittspflichtige Verkehrsrechtsschutzversicherung haben, und dort anfragen, ob diese die Kosten eines Gutachtens übernimmt.

Sicherheitsabstand berechnen

Wie viel Abstand muss ich in welcher Situation einhalten? Die Straßenverkehrsordnung ist in diesem Punkt zwar eindeutig, aber nicht konkret: Der Sicherheitsabstand zum vorausfahrenden Fahrzeug muss so groß sein, dass der Fahrer bzw. die Fahrerin das eigene Auto auch dann problemlos anhalten kann, wenn der Vordermann oder die Vorderfrau unerwartet abbremst. Ein zu geringer Sicherheitsabstand lässt sich so vermeiden. Aber wie kann ich prüfen, ob ich den richtigen Abstand einhalte?

Zwei Faustformeln sorgen für mehr Sicherheit:

Faustformel 1: "Halber Tacho"

Außerhalb geschlossener Ortschaften können Sie den Abstand ganz einfach mit dem "Halben Tacho" einhalten. Beispiel: Sie sind mit einer Geschwindigkeit von 100 km/h unterwegs. Dann sollte der Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug mindestens 50 Meter betragen.

Die Entfernung können Sie anhand der Leitpfosten am Straßenrand abschätzen, in der Regel stehen sie jeweils 50 Meter voneinander entfernt.

Faustformel 2: Die "2-Sekunden-Regel"

Orientieren Sie sich während der Fahrt an einem auffälligen Bauwerk oder Landschaftsmerkmal, etwa einer Brücke oder einem einzelnen Baum. Wenn das vorausfahrende Auto diesen Punkt passiert, beginnen Sie, die Sekunden zu zählen. Frühestens nach zwei Sekunden sollten Sie dieselbe Stelle passieren.

Technik hilft: Abstandswarner und ACC

Viele Autos fahren auf einer Autobahn der Sonne entgegen.
Auf Autobahnen werden regelmäßig Abstandsmessungen vorgenommen© Shutterstock/Elenamiv

Damit Sie sich beim Fahren ganz auf den Verkehr konzentrieren können, hilft die Technik beim Einhalten des richtigen Abstands. Abstandswarner und Abstandsregel-Tempomaten (Adaptive Cruise Control, kurz ACC) nutzen Radarsignale und andere Sensorsysteme zur Abstandsmessung. Während Abstandswarner Fahrende lediglich durch akustische und visuelle Signale vorwarnen, hält das ACC das vorgegebene Tempo und den dazu passenden Abstand selbstständig, bremst bei Bedarf und beschleunigt anschließend wieder. In Deutschland sind etwa 2,5 Millionen dieser Systeme verbaut.

Wichtig: Auch wenn Sie sich als Fahrerin oder Fahrer durch derartige Systeme unterstützen lassen, bleiben Sie in letzter Konsequenz für die Einhaltung des richtigen Abstands selbst verantwortlich, besonders wenn sich das System auf kürzere Abstände einstellen lässt.

So wird der Abstand gemessen

Bei der Abstandsmessung kommen verschiedene technische Methoden zum Einsatz, bei denen übrigens immer sowohl Geschwindigkeit als auch Abstand gemessen werden.

Das Verkehrskontrollsystem

Zwei Abstands-Messgeräte stehen auf einer Autobahnbrücke
Bei der Brückenabstandsmessung kommen Videokameras zum Einsatz© ADAC/Theo Klein

Bei diesem Messverfahren werden auf der Fahrbahn vier fixe Mess- und zwei Kontrollpunkte markiert und exakt vermessen. Eine Software wandelt diese Punkte dann in ein virtuelles Messfeld um. Auf einer Brücke mit mindestens 300 Metern freier Geradeaussicht platzierte Videokameras halten das Verkehrsgeschehen visuell fest. Die Mindesthöhe für das Verkehrskontrollsystem beträgt drei Meter.

Fährt ein Fahrzeug durch die Messzone, kann die Software anhand des Messrasters nicht nur die Geschwindigkeit, sondern auch den Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug ermitteln. Bei einem Abstandsverstoß werden Fahrzeug und Kennzeichen aufgenommen. Das Verkehrskontrollsystem ist auch als "Abstandsblitzer" bekannt.

Die Videoabstandsmessanlage

Die Videoabstandsmessanlage ist wie das Verkehrskontrollsystem meist auf Autobahnbrücken installiert und nutzt ebenfalls vorab markierte Messbereiche auf der Fahrbahn. Auf der Brücke stehen zwei mobile oder stationäre Videokameras, die an eine Videostoppuhr gekoppelt sind. Beamte in einem Fahrzeug beobachten die Videoaufzeichnungen und lösen bei Verstößen einen Blitzer aus.

Das ProViDa-System

Dieses Videonachfahrsystem kommt in zivilen Polizeifahrzeugen zum Einsatz. Zur Messung folgt das Zivilfahrzeug einem anderen Fahrzeug in einem möglichst konstanten Abstand. Dabei erfassen Sensoren die Raddrehzahl und messen so die gefahrene Geschwindigkeit, die auf einem mitlaufenden Video eingeblendet wird. Für die Abstandsberechnung wird eine zusätzliche Software eingesetzt. Kameras machen Beweisbilder.

Mit dem ADAC Newsletter immer top informiert!

So reagieren Sie richtig bei Drängelnden

Ein Auto fährt auf ein anderes Auto auf der Autobahn sehr nah auf.
Wenn Drängelnde so dicht auffahren, heißt es: Ruhe bewahren© stock.adobe.com/ Wellnhofer Designs

Für den Umgang mit penetranten Drängelnden rät der ADAC: Behalten Sie beim Überholen auf der Autobahn den Verkehr von hinten stets im Auge. Verzichten Sie auf das Überholen, wenn sich ein deutlich schnelleres Fahrzeug nähert. Wenn Ihnen der Hintermann oder die Hinterfrau an der Stoßstange klebt, sollten Sie versuchen, Ruhe zu bewahren und den Druck auf keinen Fall auf Vorausfahrende verlagern.

Lassen Sie sich auf keinen Fall auf Machtspielchen ein. Die ADAC Experten wissen: "Drängelnde verhalten sich ohnehin schon irrational, das könnte sie noch mehr provozieren."