Corona-Krise: Die Autokinos sind zurück

Autokino
Mit Abstand gute Unterhaltung: Autokino am Flughafen Essen/Mülheim © imago images/Jochen Tack

Durch die Corona-Pandemie erleben Autokinos deutschlandweit einen ungeahnten Boom. Neben Filmen werden auch Comedy-Shows und Konzerte gezeigt. Spannende Fakten.

  • Immer mehr Autokinos werden eröffnet

  • Es gelten die lokalen Hygiene- und Kontaktvorschriften

  • Gelbe Engel leisten bei Batterie-Pannen Starthilfe

Die Covid-19-Pandemie hat die Kinobranche hart getroffen. Sämtliche Lichtspielhäuser, vom Programmkino bis zum Multiplex, mussten hierzulande schließen. Im Zuge der Lockerungen haben die ersten Filmtheater nun wieder geöffnet. Gleichzeitig feiern Autokinos, dieses fast vergessene Relikt der 1950er- und 1960er-Jahre, ein gigantisches Comeback.

Gelbe Engel machen liegengebliebene Filmfans flott

Der ADAC stellt in Kooperation mit Autokino-Betreibern ab sofort Straßenwachtfahrer zur Verfügung, die Mitgliedern nach Ende der Vorstellung bei Bedarf Starthilfe leisten. Die Gelben Engel stehen an ausgewählten Standorten bereit – in der Regel bei Vorführungen am Abend. Hier finden Sie Tipps, wie Ihre Autobatterie das Autokino übersteht.

Die Gelben Engel geben auch im Autokino Starthilfe ∙ Bild: © ADAC, Video: © ADAC e.V.

Laut Bundesnetzagentur gibt es derzeit so viele Anträge auf die Erteilung von Frequenzen für Autokinos wie noch nie. Seit Anfang März wurden bereits in 516 Fällen Frequenzen zugeteilt: 90 für Baden-Württemberg, 39 für Bayern, 5 für Berlin, 17 für Brandenburg, 3 für Bremen, 4 für Hamburg, 36 für Hessen, 13 für Mecklenburg-Vorpommern, 62 für Niedersachsen, 140 für Nordrhein-Westfalen, 35 für Rheinland-Pfalz, 10 für das Saarland, 21 für Sachsen, 12 für Sachsen-Anhalt, 14 für Schleswig-Holstein und 15 für Thüringen. Zahlreiche weitere Anträge liegen momentan vor und sollen zügig bearbeitet werden.

Für Autokino-Betreiber ist eine eigene Frequenz notwendig, weil darüber der Ton des Films ins Auto übertragen wird. Ob ein Autokino dann tatsächlich den Betrieb aufnimmt, entscheiden meist örtliche Behörden.

So beliebt das Autokino in Corona-Zeiten ist, so alt ist das Konzept. Es kommt aus den USA, wo 1933 das erste Kino dieser Art in Camden, New Jersey, eröffnet wurde. Auf einer weiß gestrichenen Steinmauer als Projektionsfläche lief der Debütfilm, der Ton wurde über drei große Lautsprecher übertragen – und war noch meilenweit zu hören. Das "Drive-in Theatre" hatte Platz für 335 Fahrzeuge.

Kultstatus erreichten die Autokinos in den 1950er- und 1960er-Jahren. Ende der Fünfzigerjahre gab es bereits 4000 Freiluftlichtspiele in den USA, in denen die Leute in ihren Straßenkreuzern oder Pick-ups am Wochenende die neuesten Western, Thriller, Dramen und Liebeskomödien genossen.

Zahlreiche mobile Autokinos entstehen

In Deutschland flimmerte erstmals vor rund 60 Jahren, am 29. März 1960, in Gravenbruch bei Frankfurt ein Film über eine 540 Quadratmeter große Leinwand. Für 2 Mark und 75 Pfennig konnten Filmfans Yul Brunner in "Der König und ich" erleben. Zu Spitzenzeiten Anfang der 1970er-Jahre zeigten rund 40 Autokinos Filme auf einer Großbildleinwand. Davon geblieben waren bis vor Kurzem bundesweit noch 18 Autokinos - mitgezählt auch die saisonalen Kinos, die nur im Sommer geöffnet haben. Durch Corona gibt es zwischen Kiel und Oberammergau auf einmal Hunderte.

Einige stationäre Autokinos rüsten sogar auf, wie etwa das Autokino in Köln-Porz. Der Betreiber bewirtschaftet auch die Anlagen in München, Frankfurt, Stuttgart und Essen. In Köln sorgt nun ein Laserprojektor für ein besseres Bild. Vor allem bei ganz dunklen Bildern war der Filmgenuss bislang beeinträchtigt, weil die Szenen kaum zu erkennen waren.

Statt eines Xenon-Kolbens mit 7000 Watt verhelfen nun einzelne Laserlichter mit 400 Watt zu einem helleren und deutlich schärferen Film. Statt der 2k-Anlage mit 2,1 Millionen Pixeln schafft der neue Projektor 4k acht Millionen Pixel. "Viele Zuschauer sind von zu Hause durch Beamer und LCD-Fernseher in Sachen Bildqualität und Sound verwöhnt. Die können wir nur mit modernster Vorführtechnik, klarem Bild und sattem Sound überzeugen", sagt Thorsten Schiers, Theaterleiter im Autokino Köln-Porz.

Bei der Eröffnung im August 1967 lief der Film "Blow Up" von Michelangelo Antonioni, der Ton knisterte über 4-Watt-Mono-Lautsprecher, die an den Tonsäulen auf dem Gelände verteilt waren. Seit fast 20 Jahren verbreitet sich der Ton im Autokino über eine spezielle UKW-Frequenz in Dolby Stereo über das bordeigene Radio mit seiner Soundanlage. Der Besucher kann die Lautstärke beliebig ändern.

Während der Vorführung können Filmfans sich mit ihrem Beifahrer unterhalten, ohne andere zu stören. Wer keine eigenen Getränke und Snacks dabeihat, kann sich normalerweise vor dem Film in den Kino-Shops eindecken. Derzeit sind Snackbars und Schnellrestaurants mancherorts geschlossen. Zuschauer müssen ihre Verpflegung selbst mitbringen.

Auch sonst gibt es einige coronabedingte Maßnahmen, die sich je nach Bundesland unterscheiden und vor dem Besuch beim Autokino erfragt werden sollten. Bundesweit gilt: Tickets sind ausschließlich online, nicht an den Abendkassen erhältlich. Außerhalb des Fahrzeugs herrscht Maskenpflicht, außerdem sind die Abstandsregeln einzuhalten. So ist auch in Zeiten von Kontaktbeschränkungen und sozialer Distanzierung ein ganz besonderes Kinoerlebnis möglich.

Text: Fabian Hoberg

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